Weg vom Lehrerjob

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Antworten
Serafina
Beiträge: 610
Registriert: 30.08.2009, 10:20:12

Beitrag von Serafina »

Aber die Themen kommen doch sowieso immer wieder. Es kann sich doch eigentlich nur die eigene Einstellung zu den Dingen ändern.

Die Motivationssache war ja nun nur ein weiterer Nebenschauplatz in dem Strang. Aber warum nicht auch mal darüber reden? Ich bin schon immer jemand gewesen, der von sich aus einfach eine einmal anvisierte Arbeit machte und nicht darauf wartete, dass jemand anders mir die Dinge schmackhaft hinstellt. Ich begreife das Leben nicht als Buffet, das mir jemand anrichten muss, damit ich vielleicht einfach nur meine Hand ausstrecke, auswähle und esse. Ich muss schon selbst etwas tun, sonst werde ich getan. Und nun besteht für mich die Frage, ob es statthaft ist, das auch von anderen - und mit anderen meine ich dezidiert Jugendliche und junge Erwachsene - zu erwarten. Wenn ich die Einstellung habe, dass mit meiner Art etwas nicht stimmt, wenn meine Impulse nicht umgehend zu emsigem Arbeiten führen, dann bin ich, sofern ich meinen Job ernst nehme, wahrscheinlich sehr häufig frustriert. Ich kann nur einen Rahmen schaffen, den Leuten aber keine intrinsische Motivation eintrichtern. Und wenn viele Schüler, Lehrlinge und Studierende einfach Däumchen drehen, dann bringen sie das vielleicht schon mit?

Hubselzwerg
Beiträge: 2783
Registriert: 30.08.2008, 19:34:09
Wohnort: Niedersachsen Sek I Mathe und Physik

Beitrag von Hubselzwerg »

@cassandra Da hab ich mich wohl falsch ausgedrückt.
So wie nanu (und manch andere) sich das vorstellen, halte ich das auch nicht für gut. Nur kenne ich kaum jemanden, bei dem das so gewesen ist. Du schreibst ja selbst, dass du auch andere Erfahrungen gemacht hast.

Und selbst die fehlenden Erfahrungen aus einem Leben ohne Schule schaden nicht jedem. Ich hatte eine Mitsudentin, bei der das wo war, wie Ottonormalnanu. Schule, Abi, Uni, Ref...Und die Eltern Lehrer. Und das war von Anfang an jemand, wo ich dachte, da wäre ich gernen Schüler. Einfach ein sehr liebenswerter Mensch mit einer tollen, positiven Ausstrahlung. Dazu sehr realistisch und mit beiden Beiden fest im Leben stehend und so nebenbei auch noch mit guten Noten.

Und andere sind nicht in der Lage, mit ihren Erfahrungen was anzufangen. Wenn sie denn überhaupt welche machen...
Man kann z.B. an der Kasse sitzen und die Erfahrung mitnehmen "Das ist anstrengend. Abends ist man müde und kaputt und schafft es einfach nicht mehr, auch noch die Mappen der Tochter durchzugucken..." Man kann das auch komplett abhaken und völlig ignorieren.
Und nicht jeder, der irgendwas tut, macht dabei Erfahrungen die irgendwas nützen.

Also, es war gar nicht so pauschal gemeint! Ich wollte nur nanu darauf hinweisen, dass es gar nicht so viele gibt, die den "falschen" Weg gehen, dass es aber gerade bei ihr so war.
Und nanus Erfahrungen taugen nunmal nicht zum Verallgemeinern
Dieser Beitrag wurde 666 mal editiert, zum letzten Mal von Gott: Morgen, 23:06

Ulysses
Beiträge: 3349
Registriert: 30.09.2006, 20:13:09
Wohnort: Bayern

Beitrag von Ulysses »

Weg hin, Weg her -- ich finde, wir sollten eine Sache nicht aus den Augen verlieren:

in der Schule geht es nicht nur darum, dass die Schüler von ihren Lehrern unglaublich viel von dem erfahren, was draußen in der Welt passiert, sondern dass sie auch Fachwissen erlernen, denn das werden sie in der Welt brauchen. ohne Wissen ist jede Lebenserfahrung wertlos, denn sie lässt sich ohne Wissen nicht richtig verwerten.

Wissen zu vermitteln, das man in der Welt einsetzen kann, um mit der Welt umzugehen, das ist die Kernkompetenz des Lehrers. um das zu können, muss er das Wissen unbedingt selber haben. ein Mathematiklehrer, der keine Ahnung vom Leben hat, aber perfekt Mathematik kann, kann immer noch Bruchrechnung, Dreisatz, Prozentrechnung und sopnstwas Mathematisches lehren, egal, wie weltfremd er ansonsten ist.

deshalb ist die Uni Kern der Lehrerausbildung, denn nur dort werden die Lehrer zu Fachleuten ausgebildet und erhalten das Fachwissen, dass sie entsprechend reduziert weitergeben.

schlimmer ist der umgekehrte Fall: ein Lehrer mit massig Welterfahrung und Weltkenntnis, der sein Fach nicht beherrscht und es nicht vermitteln kann. die Schüler haben nichts davon, wenn sie in die Welt entlassen werden und nicht rechnen können.

Lebenserfahrung kann man an vielen Orten lernen, grundlegendes Fachwissen gibt es nur in der Schule. also geht es erstmal primär um Wissen, und sonst um gar nichts. Lehrer müssen zu allererst exzellente Fachleute (das ist etwas anderes als Fachidioten!) sein.

alles weitere ist gut und sinnvoll, aber nicht der Kern der Sache.
Bayern, Gymnasium, Latein/Geschichte.
LAss seit Februar 2008 -- Planstelle an einem überaus elitären :mrgreen: städtischen Gymnasium
[i]... causas viresque perquirere rerum ...[/i]

Serafina
Beiträge: 610
Registriert: 30.08.2009, 10:20:12

Beitrag von Serafina »

Wie sollte das Verhältnis zwischen Fachwissen, Weltwissen (das von Nanu gemeinte Wissen) und pädagogischem Wissen bzw. Können deiner Meinung nach anteilig aussehen?

Hubselzwerg
Beiträge: 2783
Registriert: 30.08.2008, 19:34:09
Wohnort: Niedersachsen Sek I Mathe und Physik

Beitrag von Hubselzwerg »

Das habe ich mich auch gerade gefragt.
Klar ist das Fachwissen überhaupt erstmal die Grundvoraussetzung, das ist banal.
Nur macht doch Fachwissen allein noch keinen (guten) Lehrer!

Kann man wirklich Wissen vermitteln?
ein Mathematiklehrer, der keine Ahnung vom Leben hat, aber perfekt Mathematik kann, kann immer noch Bruchrechnung, Dreisatz, Prozentrechnung und sopnstwas Mathematisches lehren, egal, wie weltfremd er ansonsten ist.
Glaube ich nicht. Er kann was über Mathematik erzählen- aber wirklich auch lehren?

Zum Lehren gehört ja nunmal, dass man die Schüler auch erreicht. Dazu muss ich aber wissen, was das eigentlich für Menschen sind, die da vor mir sitzen. Dazu wiederum muss ich zumindest einen groben Überblick vom Leben haben.
Einfach nur mein Wissen reinschütten funktioniert nicht.


Darüber hinaus gibt es durchaus Schüler/Schulen , bei denen das Fachwissen in den Hintergrund tritt.
die Schüler haben nichts davon, wenn sie in die Welt entlassen werden und nicht rechnen können.
bist du da sicher? Es gibt genügend Schüler, die ohne jegliches Wissen über Mathematik in die Welte entlassen werden. (Naja, manche können vielleicht sogar rechnen).
Mal ganz zynisch: Macht das was? Es gibt doch Taschenrechner. Und für manchen ist es wichtiger, dass er weiß, an wen er sich wenden kann wenn er nicht sicher ist, dass sein Hartz IV korrekt berechnet wurde. Da muss man nicht rechnen können.

Um es auf die Spitze zu treiben: Auf das meiste Fachwissen lässt sich doch verzichten.
Dieser Beitrag wurde 666 mal editiert, zum letzten Mal von Gott: Morgen, 23:06

Serafina
Beiträge: 610
Registriert: 30.08.2009, 10:20:12

Beitrag von Serafina »

Ich denke schon, dass Fachwissen eine große Rolle spielt. Es waren nicht alle Leute, die ich an der Uni traf, gleichermaßen auf den Erwerb des eigentlich notwendigen Fachwissens aus. Haben wir nicht alle solche Leute im Gedächtnis?
Und an der Schule gibt es dann welche, die sich nicht mit Pädagogik auseinandersetzen wollen. Die kennen wir doch wahrscheinlich auch alle.
Das eine geht an der Schule schlecht ohne das andere. Einen Lehrer, der zwar dufte mit Schülern umgehen, aber fachlich kein X von einem U unterscheiden kann, ist so fehl am Platz wie einer, der den Fachidioten mimt. Es bedarf schon einer gründlichen Mischung.
Was das Weltwissen anbelangt, stellt sich mir die Frage, worin dieses genau bestehen soll. Ich kenne genügend Leute, die sich immerwährend auf neue Arbeitsinhalte einschießen, um in der Wirtschaft bestehen zu können. Jeder Arbeitsplatz- oder gar Branchenwechsel bedeutet, dass man sich wieder neu einfinden muss und erst einmal sehr viel Energie darauf verwendet, das meistern zu können. Ist das die Welt? Oder besteht die Welt darin, voll berufstätig, alleinerziehend und schlank zugleich sein zu können? (Letzteres nicht allzu ernst nehmen)

Jumper82
Beiträge: 68
Registriert: 09.02.2009, 10:25:34
Wohnort: Niedersachsen

Beitrag von Jumper82 »

Hm, ich bin in meinem Studium nicht grad zu einem kompetenten Fachmann ausgebildet worden, sondern habe in etlichen Vorlesungen und Seminaren kleine fachliche Episoden kennen gelernt, die leider in den wenigsten Fällen Unterrichtsinhalte in meinem Beruf sein werden - das mag natürlich an der Uni gelegen haben. Insgesamt bin ich aber der Meinung, dass man zu wenig didaktisches und pädagogisches in der Uni lernt und an einige Stellen zu viel Fachliches.

Übrigens glaube ich, dass ein genialer Mathematiker der absolut fachkompetent ist, nur ein guter Lehrer sein kann, wenn er es schafft, den Schülern, sein Wissen zu vermitteln und das ist grad im Fach Mathe nicht so leicht! Er muss sich nämlich in die Schüler hineinversetzen können und dazu muss man Weltwissen und Lebenserfahrung haben.

O.K., da stimme ich dann wohl mit Hubselzwerg überein, seinen Beitrag hatte ich noch nicht gelesen.

Antworten