Seminarerwartung - Realität im Hospitationsunterricht

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Kodi
Beiträge: 244
Registriert: 22.01.2010, 23:34:13
Wohnort: NRW, Realschule, Mathe/Physik

Re: Seminarerwartung - Realität im Hospitationsunterricht

Beitrag von Kodi »

Letztlich muss der output bzw. der outcome stimmen, wie es so schön in den aktuellen Qualitätstableaus heißt. Daran muss sich jeder Lehrer messen lassen und das ist letztlich auch der einzige echte Indikator für erfolgreichen/guten Unterricht.

Man bewegt sich dabei als Vollzeitlehrer natürlich in einem Resourcenkonflikt bezüglich der Zeit, des verfügbaren Materials, der Lehrplananforderungen, der Lerngruppenanzahl, der Räumlichkeiten, der Medien, des Schulbudget, etc. Jeder muss da einen möglichst guten Kompromiss finden, der letzten Endes am output gemessen wird.

Das alles wird im Seminar oft nicht so deutlich thematisiert, weil (sinnvollerweise) ein Schwerpunkt der Ausbildung darin liegt, das traditionelle Rollenbild von Unterricht durch 'neuere' Sozialformen und Methoden zu ergänzen.

Von dieser systemischen Sicht völlig abgesehen, gibt es natürlich auch leider einen Anteil schlechter Lehrer, genauso wie es einen Anteil absoluter Toplehrer und ein Mittelfeld gibt....alles wie in jedem anderen Beruf. Je nachdem bei wem man da so hospitiert, hat man Pech oder Glück, was die Vorbild/Mentorenfunktion angeht.
Lernen kann man in jedem Unterricht etwas ....und wenn versucht die kritischen Punkte zu analysieren und sich Handlungsalternativen überlegt.

kecks
Beiträge: 1628
Registriert: 01.04.2009, 6:09:18

Re: Seminarerwartung - Realität im Hospitationsunterricht

Beitrag von kecks »

nee. es zählt nicht nur, was hinten bei rauskommt. wir sind doch kein unternehmen, wo nur der profit eine rolle spielt. der weg dorthin ist mindestens genauso wichtig! sonst könntest du auch z.b. den rohrstock wieder einführen und/oder kinder beschämen. ich wette, dass da in "outcome"-orientierten studien (standartisierte tests a la pisa) viel zu holen wäre. der outcome/performance passt ja, sch**** auf dein prozess?!

Valerianus
Beiträge: 602
Registriert: 04.09.2010, 22:41:27
Wohnort: NRW / GyGe / Mathe & Geschichte

Re: Seminarerwartung - Realität im Hospitationsunterricht

Beitrag von Valerianus »

Nur weil man outcomeorientiert arbeitet, heißt das nicht, dass man für die Prozesse keine Regeln einhält und ich bin mir relativ sicher, dass körperliche Züchtigung in allen Bundesländern untersagt ist. Aber das ist halt das Standardproblem der deutschen Pädagogik: Es gibt nur prozessorientiertes blabla, das nicht empirisch getestet wird und dann in den Seminaren vermittelt und in den Schulen umgesetzt werden soll. Dafür werden die internationalen Studien dazu, welche Dinge tatsächlich für den Outcome etwas brächten, weitestgehend ignoriert. Ansonsten gäbe es auch die in vielen Seminaren immer noch so verbreitete Verteufelung von Frontalunterricht nicht (und nein den soll man nicht immer einsetzen, aber insbesondere leistungsschwächere SuS profitieren davon, wenn man gerade in ein Thema einsteigt. Und das sogar empirisch belegt. :P

Für eine Zusammenfassung was gute Empirie bringt: Hattie. Da kann man sich dann sogar Dinge raus suchen, die man als Prozesse für toll hält und die Schüler lernen trotzdem was. ;)
Non vitae, sed scholae discimus (Seneca)

kecks
Beiträge: 1628
Registriert: 01.04.2009, 6:09:18

Re: Seminarerwartung - Realität im Hospitationsunterricht

Beitrag von kecks »

ich weiß ja nicht, aber ich wüsste jetzt kein seminar mehr, das frontalarbeit und lehrervortrag verteufelt. die mischung macht's, das ist nun wirklich nichts neues. was das (weitgehende) fehlen der rezeption angelsächsischer (bei weitem nicht immer empirischer...) didkatischer forschung angeht - gar keine frage, da hast du völlig recht. dazu brauche ich aber keine "outcome"-orientierung, sondern einfach hirn und interesse am diskurs und den berühmten blick über den tellerrand.
Zuletzt geändert von kecks am 05.09.2015, 18:19:52, insgesamt 1-mal geändert.

Feuerkopf
Beiträge: 96
Registriert: 25.10.2014, 11:36:19
Wohnort: NRW

Re: Seminarerwartung - Realität im Hospitationsunterricht

Beitrag von Feuerkopf »

Man sollte vor allem bei jeglichen Überlegungen immer auch daran denken, dass wir mit Schülern arbeiten, nicht mit Maschinen. Und da ist es einfach schwachsinnig zu glauben, dass Am Ende von Klasse 1 alle Schüler xy können müssen. Das funktioniert so nicht. Die einen sind wesentlich schneller im Lernen, die anderen wesentlich langsamer und so kann man sich nicht nur darauf konzentrieren, was da gefälligst rauszukommen hat, sondern man muss individuell schauen, welche Möglichkeiten jeden Kind hat. Da helfen dann Empirie und Statistiken allerhöchstens ganz grob um sich zu orientieren um dann zu schauen, wie kann ich den Schülern helfen, ihre ganz eigenen Prozesse zu optimieren, damit am Ende das rauskommt, was für den einzelnen wegweisend und hilfreich ist.

Wir brauchen keine ganze Nation von Studierenden und Abiturienten. Wir brauchen vor allem Menschen, die den Mut nicht verloren haben, die Dinge anpacken können und dabei auch menschlich bleiben. Nicht jeder kann Manager werden, wir brauchen auch Müllmänner. Aber egal, wo jemand letztlich arbeiten will und kann: Wichtig ist, dass er dabei glücklich ist. Und Kindern eben das zu ermöglichen, einen Beruf zu ergreifen, in dem sie ihren Fähigkeiten entsprechend arbeiten können und glücklich sein können, dafür bin ich Lehrerin geworden.

Antworten