Bericht einer Abbrecherin

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Bolle
Beiträge: 8
Registriert: 31.10.2005, 9:45:23

Beitrag von Bolle »

Ich denke, die Entscheidung ob der Lehrerberuf das Richtige für einen ist, kann man nur selber treffen. Er hat unbestreitbare Vorteile:
+ Sicherheit
+ Abwechslungsreich
+ Passables Einkommen
+ viel selbstbestimmte Zeit (wenn man Routine hat)

...und einige Nachteile:
- Stress
- Man hat mit Beamten zu tun (ganz eigener Menschenschlag...)

Letztenendes kann man den Job (und das ist in diesem Beruf ganz besonders extrem) nur dann machen, wenn man Idealist ist. Das ist nix, wo man hingeht, seinen Job macht und hinterher fertig ist. Ich glaube, das kommt erst nach Jahren mit der Routine.

Zu bedenken ist auch: Die Staatskassen sind leer. D.h. es wird auch bei den Lehrern Einsparungen geben, was dazu führt dass die Klassen größer werden, die Stundenanzahl hoch geht und die Schulen massiv schlechter ausgestattet werden.
Auf der anderen Seite gehen in den nächsten 5 Jahren ca. 35% aller Lehrer in den Ruhestand. Dann wird es einen extremen Lehrkräftemangel geben. Die kommen mit der Ausbildung auch aus kostengründen nicht hinterher und werden dann auch "Quereinsteiger" einstellen.

Alle meine Lehrerkollegen sagen, daß das Ref. nicht mit dem späteren Beruf zu vergleichen ist, aber was mich belastet sind nicht die Prüfungen oder die Noten oder die Seminare. Es ist die stressige Zeit im Unterricht. Jede Sekunde ganz konsequent sein, jede Sekunde 100% aufmerksam, dauernd wegen irgendwas angesprochen werden und nichts vergessen zu dürfen.
Das läuft auch in den Spitzenpositionen der Wirtschaft ein bischen anders ab. Glaubt mir, ich hab einen guten Job in der Wirtschaft gehabt, wollte aber meine Ausbildung aus Sicherheitsgründen abschliessen. Dort hat man auch mal 5 min um sich kurz zu sammeln. Oder man schnackt auch mal mit den Kollegen oder surft mal für 10min im Netz.
Auch wenn ich teilweise von 8 bis 21 Uhr gearbeitet habe, war ich danach nicht so geschafft, wie in der Schule nach 5 Stunden.
Ich hab ein bischen Pech mit meinen Schulen (bin gleichzeitig in zwei Schulen) und hab deshalb Schwierigkeiten mir vorzustellen wie es an einer ruhigen Landschule abgeht, aber ich merke das ich mit diesem Job nicht alt werden kann. Vielleicht wird das mit der Routine, die irgendwann kommt ein bischen anders, aber dazu fehlt mir leider die Vorstellungskraft.
Ich habe jetzt ein sehr sehr gutes Angebot aus der Wirtschaft und werde deshalb mein Ref. abbrechen.
Das fällt mir superschwer und ich hab nen Mordsschiss davor, aber man kann nich jeden Morgen mit Bauchweh oder Migräne zur Arbeit gehen.

Bolle

exreffi

und das leben geht weiter ...

Beitrag von exreffi »

tach,
habe schon lange nix mehr gepostet hier und schaue eigentlich eher zufällig mal wieder hier vorbei. das ewige spiel zwischen freude auf der einen und leid und frust auf der anderen seite wird wohl so lnage weitergehen, wie es das ref gibt.
ich habe ja mein ref noch vor beendigung des ZWEITEN versuchs abgebrochen, weil ich dem FL (meine kombi: E / GE) gesagt habe, wie ich das ref finde. komischerweise war der sehr verständnisvoll. vielleicht weil er jetzt leiter der schule ist, an der ich abi gemacht habe und er nicht ständig damit rechnen will, dass ich ihn umhaue, grins ...
sodele, was nach dem studium und abgebrochenen ref? ich bin jetzt selbständig in nachhilfe und erwachsenenbildung und habe zurbzeit mehr stunden als jeder lehrer an irgendeiner schule. das geld ist nicht die welt, aber mein äußerst ausgewogener seelen- wie körperlicher zustand, der im ref sehr gelitten hat (vielen dank an meine (jetzt) frau, sie hat zu mir gehalten und mich unterstützt), ist nun vom allerfeinsten. ich möchte eigentlich nichts anderes mehr machen, abernu kütt watt. ich habe, da nachhilfe und fortbildung ja meistens nachmittagsbund abens stattfinden, mal eine annonce in die ezitung gesetzt, ob nicht jemand einen englischlehrer sucht. fazit? prompt kam das angebot einer realschule. an dieser bin ich als krankheitsvertretung bis mindestens weihnachtsferien, vielleicht aber auch bis ende januar tätig. das kollegium: spitze! schulleiter? freut sich, dass ich da bin. referendariat? interessiert ihn nicht, obwohl er über mich bescheid weiss. das nptzt mir zwar nichts mehr für eine wiederaufnahme, da das nicht geht, aber es tut soooo gut!!! alle lehrer, denen ich meine vita erzählt habe, schüttelten nur den kopf.
also englischfachleute: es gibt einen markt für euch in schule und auf dem freien markt! kopf hoch!
und allen anderen refs wünsche ich nur das beste und jedweden erfolg! ihr verdient respekt und anerkennung für einen job, den viele gar nicht mehr machen wollen heutzutage!

exreffi

Beitrag von exreffi »

ähm wer tippfehler findet darf sie behalten ... sorry, musste fix gehen ... 42 stunden die woche unterricht sind hart ...

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