Suche Betroffene: Depressionen

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Gast

Suche Betroffene: Depressionen

Beitrag von Gast »

Heikles Thema, ich weiß! Und die meisten verschweigen, dass sie davon betroffen sind und sei aus Angst, irgendwann mal nicht verbeamtet zu werden. Aber bei mir ging's nicht mehr und ich suche nun andere Reffis, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, mit denen man sich austauschen könnte und sich gegenseitig helfen, die nun anstehende Examensphase zu überstehen.

Meine Situation ist folgende:
Ich leide seit mehreren Jahren an Depressionen, welche mehr oder weniger bei uns "in der Familie liegen". D.h. dass es eine Stoffwechselkrankheit bei mir ist, die nicht in erster Linie durch psychische Probleme ausgelöst wurde, sondern mein Gehirn aus irgendwelchen Gründen nicht genügend Botenstoffe produziert. Kein Problem, es gibt ja gute Medikamente. Nur: durch die unmögliche Situation an unserer Schule und den daraus resultierenden Stress ist die Krankheit schlimmer geworden, was dazu führt, dass ich oft krank bin und jetzt z.B. 4 Wochen ausfalle, weil ich neue Medikamente bekomme. Es gibt Augenblicke, da kann ich nicht mehr, bin psychisch und körperlich völlig am Ende und weiß nicht, wie ich einfachste Situationen bewältigen soll = der psychische Druck ist enorm.
Meine Kollegen wissen mittlerweile von der "Krankheit" und helfen, wo sie nur können, aber hart ist es trotzdem.

Gibt es vielleicht andere, die Ähnliches erleben? Wie bewältigt Ihr den Stress? Wie schafft Ihr das, trotz der Arbeitsbelastung Freiräume zu schaffen und abzuschalten? Wir kommt Ihr mit den Schülern und Kollegen zurecht? Wie geht Euer privates Umfeld mit der "neuen" Situation um, hat sich etwas geändert, können Eure Freunde und Familien helfen?

Es wäre schön, wenn sich andere Betroffene melden würden, mir würde das sehr helfen, wenn ich sehe, dass auch andere mit solchen Schwierigkeiten konfrontiert sind und dass es Wege und Möglichkeiten gibt, das Referendariat irgendwie heil zu überstehen.

Gruß
Doro

(P.S. den Austausch kann man natürlich super per Mail starten...das muss nicht in einem öffentlichen Forum sein, wo jeder diese privaten Probleme dann nachlesen könnte!)

waldbär

Beitrag von waldbär »

Hallo Du,

bin der Meinung wenn der Leidensdruck in einem Job
so groß ist, dass es zu Gesundheitsproblemen
kommt, sollte man es sich gut überlegen ob dies der richtige Beruf
ist. Auch nach dem Referendariat gibt es schiesslich Druck
und Stress - und das Schulsystem sowie die zustände die man
in Ihm vorfindet ändern sich auch nicht.
Man muß sich doch mit dem was man tut wohl fühlen - vielleicht nicht jeden Tag aber doch die meiste Zeit.

was hilt da denn eine Verbeamtung???
Glücklich LEBEN - darauf kommts an !

Gruß

einer der auch viel gelitten hat...

Sanne

Re: Suche Betroffene: Depressionen

Beitrag von Sanne »

....Depressionen, welche mehr oder weniger bei uns "in der Familie liegen". D.h. dass es eine Stoffwechselkrankheit bei mir ist, die nicht in erster Linie durch psychische Probleme ausgelöst wurde, sondern... [/quote]

Hallo,

Hast du das ärztlich/psychologisch abklären lassen? Oft werden bei Depressionen schnell Medikamente gegeben.
Wenn Depressionen "in der Familie liegen", kann das aber genauso gut dadurch zustande kommen, dass Probleme auf der psychischen Ebene "weitervererbt" werden - da gibt's sogar Studien drüber, dass es z.B. Generationen dauern kann, bis bestimmte traumatische Ereignisse (Krieg und psychische Folgen) nicht mehr "weitervererbt" werden. Wenn man von depressiven Eltern aufgezogen wird, ist das natürlich ein Risikofaktor für die eigene Seele. Eltern, die selbst unbefriedigte seelische Bedürfnisse haben, neigen z.B. dazu, diese an den Kindern zu befriedigen (die dann z.B. eher für die Eltern als für sich selbst da sind) - da könnte ich noch viele Beispiele nennen.

Nachgewiesenermaßen wirkt bei Depressionen eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie am besten. Und, wenn du sagst, dass die Depression gerade durch STress schlimmer wird - das ist eindeutig ein psychischer Faktor.

Nur so als Anregung.

Gruß,
Sanne

Tanja

Depression

Beitrag von Tanja »

Hallo Doro,

Das ist immer so die typische Antwort die man bekommt, "ist ja dann wohl nicht der richtige
Beruf für dich such dir doch was anderes."
Eine Unverschämtheit, so was würde man mit Sicherheit nicht jemandem sagen der an Krebs erkrankt ist, oder sonst ein körperliches leiden hat.

Ich bin selbst auch von der Krankheit betroffen und verstehe wie es dir geht. Glaube mir in anderen Berufen ist es nicht besser, im Gegenteil, es wird überall eine hohe Leistungsbereitschaft vorausgesetzt und die hohe Arbeitslosigkeit erhöht den Stress und den Druck der auf dem einzelnen Arbeitnehmer lastet enorm. Ich war 12 Jahre in der Wirtschaft tätig und weiß wovon ich rede.

Für einen depressiven Menschen kann gerade der Lehrer-Beruf der Richtige sein, da man sich einen Großteil der Zeit frei einteilen kann, das heißt du entscheidest wann du was erledigst, und kannst somit deinen Tag so strukturieren, dass du dir Ruhephasen einplanst.

Auch ist der Lehrerberuf einer in dem man direkte Erfolgserlebnisse hat, auch etwas das dem Depressiven Mut und Energie gibt. Ferner ist die Kreativität die man in dem Beruf entwickelt ein weiteres positives Element.

Auch die Ferien solltest du nutzen um dir Gutes zu tun. Ganz wichtig ist es mit der Krankheit umgehen zu lernen, und sich um sich zu kümmern. Mir hat dabei eine Psyhotherapie geholfen. Natürlich gibt es auch gute Medikamente die einem helfen können.

Wichtig ist ein Umfeld das Verständnis für dich hat, und dir auch mal was abnimmt wenn's dir nicht gut geht oder du Mega-Stress mit dem Ref. hast, z.B. eine Freundin die für dich mal den Wochendeinkauf erledigt.

Versuch bei allem noch Mensch zu bleiben und stecke nicht Deine letzte Energie ins Ref., es gibt auch eine Zeit danach.

Liebe Grüße

Tanja

Janina

Beitrag von Janina »

Tanja, all die Punkte , die du nennst um zu erklären, warum der Lehrerberuf gerade der richtige für depressive Menschen ist, kann ich aus der Sicht eines Despressiven gut nachvollziehen (Zeiteinteilung, Erfolgserlebnisse, Ferien).
Nur eines bleibt dabei bedenklich: es sind alles Punkte, die erklären, warum der Beruf für den Depressiven SELBST gut sein kann. Ich frage mich da aber: was ist mit den Schülern? Ist ein depressiver (damit launischer und wenig emotional zuverlässiger) Mensch für die SCHÜLER gut? Kinder und Jugendliche brauchen Lehrer, auf die sie sich verlassen können, die sie einschätzen und deren Reaktionen sie nachvollziehen können. Nichts ist schlimmer, als wenn z.B. in einer 5. Klasse die Klassenlehrerin heute mal so und morgen mal so drauf ist, da verlieren die Kinder die Orientierung und das färbt sofort auf die Stimmung in der Klasse ab. Das gilt bis hoch zur Oberstufe und ist ja gerade das Anstrengende am Job: wenn du auch nur ein bisschen schlecht drauf oder müde wirkst, färbt das sofort auf die Klasse oder den Kurs ab - die arbeten dann lustlos und unmotiviert - Misserfolgserlebnis - größerer Frust - schlechtere Laune. Das erlebe ich selber so und meine Kollegen bestätigen mir das ebenfalls.

Das Schwere an dem Beruf ist: du musst deinen Unterricht gut gelaunt und motiviert "verkaufen", immer wach und immer "da" sein, immer Lust haben - sonst hat in der Klasse auch keiner Lust. Dazu Stress, Korrekturen, nervige Eltern, evtl nervige Kollegen, Schulleiter, Abitur, Vergleichsarbeiten...das erfordert auch von Gesunden eine HOHE Belastungsfähigkeit und stabile Nerven.

Das wollte ich nur mal zu bedenken geben.
Gruß
Janina

Melosine

Beitrag von Melosine »

Hallo Janina,

leider verwechselst du Depressionen mit Formen anderer psyschischer Erkrankungen. Das, was du beschreibst, erinnert eher an die Borderline-Erkrankung o.ä.

Aus meiner vorhergehenden beruflichen Tätigkeit weiß ich, dass Depressionen mit Medikamneten und Therapie gut in den Griff zu bekommen sind und die Stimmung dabei sicher nicht täglich kippt.
Es können vielleicht Phasen vorkommen, in denen der depressive Mensch, wie andere chronisch Kranke auch, ausfällt.
Dann muss man sich aber wirklich fragen, ob grundsätzlich niemand mit einer chronischen Krankheit in den Schuldienst eingestellt werden sollte (wär dem Arbeitgeber sicher nicht unrecht).
Der Lehrerberuf kann m.E. wirklich dazu beitragen, dass sich die Krankheit bessert (sofern es grundsätzlich der richtige Beruf ist - unanbhängig von der Erkrankung).

Ich weiß auch nicht, was besser oder schlechter für die Schüler ist: jemand, der seine Depressionen kennt, diese behandeln lässt und grundsätzlich geeignet für den Beruf ist und Spaß daran hat oder jemand "gesundes", der eher keine Eignung zum Lehrersein besitzt. (OK - dazwischen liegt einiges, aber auch letztere gibt es nicht so selten).

Ich denke, wenn man meint, mit seiner Krankheit fähig zu sein, diesen doch zwietweise stressigen Beruf ausüben zu können und zu wollen, solte man das tun.
Den Schaden für die Kinder sehe ich so erstmal nicht. Sollte der Kollege ausfallen, muss er eben ersetzt werden. Wie es in anderen Fällen auch sein muss.


LG, Melosine

Hasenohr

Beitrag von Hasenohr »

@melosine: ich kann dich verstehen..mich plagen ähnliche probleme.
Ich weiß auch nicht, was besser oder schlechter für die Schüler ist: jemand, der seine Depressionen kennt, diese behandeln lässt und grundsätzlich geeignet für den Beruf ist und Spaß daran hat oder jemand "gesundes", der eher keine Eignung zum Lehrersein besitzt. (OK - dazwischen liegt einiges, aber auch letztere gibt es nicht so selten).
eine depressionserfahrungen lehrer kann zudem ein plus ein empathie und emotionales verständnis für seine schüler mitbringen.

mich wundert es übrings auch, wie unsachlich hier argumentiert wird und wie wenig kenntnis über die krankheit "depression" in der bevölkerung wirklich vorhanden zu sein scheint.

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