Massenmissbrauch an Odenwaldschule

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
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sanja
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Re: Massenmissbrauch an Odenwaldschule

Beitrag von sanja »

nanu,
bitte zitiere oder zumindest lies richtig: Freunde und Bekannte auch außerhalb des Pädagogenkreises [meine Hervorhebung].
Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass ich hier nur DEINE Argumentation fortgeführt habe.

Schaf
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Re: Massenmissbrauch an Odenwaldschule

Beitrag von Schaf »

Schön, dass mein Beitrag nicht erschienen ist: ich machs kurz.

@Hubelzwerg Ich beziehe mich da auch speziell auf Nanus Forderung, dass die Schule für immer geschlossen gehört

@Sebastian Dann weißt Du, was ich meine, zumindest ansatzweise.

Und das, was ich meine schreibe ich aus Sicht eines Menschen, der mit Leuten dort nicht 5 Minuten geredet hat, sondern der engeren Kontakt mit Leuten hat, die die Schule besucht haben. Natürlich in jüngerer Zeit. Und wenn die sowas mitbekommen hätten, glaube ich nicht, dass sie jetzt immer noch leugnen oder schweigen würden. Auf länger vergangene Zeiten kann ich mich da nicht beziehen.

nanu
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Re: Massenmissbrauch an Odenwaldschule

Beitrag von nanu »

wassen hat geschrieben:
Ich glaube Hartmut von Hentig, ich halte ihn weiterhin für absolut integer - aber Irritation über seinen Lebensgefährten (und auch über HvHs Kenntnisse über dessen Umtriebe) sind da.

Das Ganze ist ein schwerer Schlag für die Reformpädagogik - und auch jeder Kritik an dem herrschenden psychologischen Mainstream der Schulpädagogik mit ihrer fatalen schulpraktischen Umsetzung...
Es ist ja erfreulich, dass du dich durch die skandalösen Vorgänge im Odenwald wenigstens irritieren lässt.
Hartmut von Hentig in Schutz zu nehmen läuft aber auf Realitätsverweigerung hinaus.

Gegen Hentig sprechen
- seine perfide Diffamierung der Odenwald-Opfer als "geltungssüchtig" - dies kommt einer nochmaligen Vergewaltigung der Opfer gleich
- die von ihm betriebene kritiklose Verteidigung seines pädophilen, verbrecherischen Bettgenossen
- die Tatsache, dass es völlig unglaubwürdig ist, er habe von den Machenschaften seines engsten Intimus "nix gewusst"
- Zeugen, die genau das besätigen, dass er nämlich sehr wohl "bestens über die Vorgänge" in der Odenwaldschule Bescheid wusste
- seine Verharmlosung der sexuellen Übergriffe als "Formen der Zärtlichkeit, die von der Gesellschaft unterdrückt werden"

Dem setzt dann die Krone auf, dass Hentig sich dazu versteigt, Schülern vorzuwerfen, sie hätten seinen Freund zu sexuellen Handlungen verführt!

An dieser Stelle kann ich - gut antiautoritär und als absolut mündiger Mensch - Hentig mit Fug und Recht als moralisch verkommenes Arschloch bezeichnen!

Gegen Hentig sprechen aber vor allem auch seine Schriften selbst! Wer sich noch einen Rest an gesundem Menschenverstand bewahrt hat, wird zum Schluss kommen, dass die von ihm vertretene Landschulheim-Ideologie hochgradig suspekter - und auch gefährlicher - Sekten-Schwachsinn ist!

Hier wird das, was ein Jim Jones [US-amerikanischer Sektenführer] mit religiösem Vokabular verkauft hat, eben einfach im pädagogischen Mäntelchen präsentiert.

Hier wie dort geht es darum, abgekapselte Lebensbereiche zu schaffen (Hentig: "Polis im Kleinen"), in der sich neue "Familien" bilden, bestehend aus Führern/Lehrern und ihren "Schäflein", Zöglingen. Wesentliches Moment sind die (Becker:) "erotisch aufgeladenen" Beziehungen zwischen Lehrern und Zöglingen.

Der von Hentig und seinen Gefährten benutzte Begriff des "pädagogischen Eros" ist das Codewort, mit dem in der Tradition der Odenwaldschule seit ihrer Gründung sexueller Missbrauch an Kindern verschleiert wurde. (Klaus Mann etwa schildert in seiner Erzählung "Der Alte", wie der Gründer der Odenwaldschule Paul Geheeb Schüler missbrauchte usw., all dies lässt sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Schule hindurch verfolgen.)

Aufklärungsmaterial hierzu findet sich übrigens u.a. hier:
"Knabenliebe zum pädagogischen Prinzip erhoben"
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32212/1.html

Wer all dies wachen Auges zur Kenntnis nimmt, kommt zum Schluss, dass es auch bei den Landschulheimen - genauso wie bei anderen Sektenstrukturen - nur um eines ging:
Hier haben sich Männer ihre Spielwiesen geschaffen, um hemmungslos ihre sexuellen
Triebe an ihren "Schützlingen" ausleben zu können. Das ganze, mal religiöse, mal pädagogische, Blabla drumherum diente nur darum, die Opfer in die Falle zu locken und die Machenschaften vor der Öffentlichkeit zu verschleiern.


Der letzte Punkt gelingt offenbar trefflich, wie einem Jim Jones, so auch einem Hentig und Konsorten. (Auch Jim Jones genoss ja zweitweise höchstes Ansehen bis in Regierungskreise hinein...)

Noch einmal: Heute liegt es für jeden offen zu Tage, dass die Refompädagogen a la Hentig mit den Landschulheimen Spielwiesen für Pädophile geschaffen haben! Um nichts anderes ging es auch: Verschleiert wurden die niederen Absichten mit hehren pädagogischen Worten.

Es ist erschreckend, dass die Hentig-Ideologie an den Seminaren weiter kritiklos propagiert wird. Aufklärendes findet man eben nur dank Internet! Würde man das, was Hentig propagiert, im religiösen Vokabular formulieren, würde man freundlich gefragt, ob man in einer Geschlossenen nicht besser aufgehoben wäre. Nur weil's hier pädagogisch verbrämt ist, soll es hier "etwas ganz anderes sein".

Es ist leider davon auszugehen, dass auch nach den erschreckenden Vorfällen Referendare an den Seminaren weiter den Hentig um die Ohren gehauen bekommen. Für Reffis gilt es natürlich dann, brav die Schnauze zu halten.

Dann haben sie schon mal die wichtigste Lektion gelernt: Wenn sich der pädagogische Vorgesetzte regelmäßig mit dem kleinen Kai in sein Kämmerlein zurückzieht und 1 Stunde lang nix von sich hören lässt, gilt es auch hier wieder: Mund halten. Denn sicher hat der pädagogische Vorgesetzte nur die lautersten Absichten.
Natürlich.

wassen
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Re: Massenmissbrauch an Odenwaldschule

Beitrag von wassen »

@nanu: ich hab das Wort 'Irritation# absichtlich so häufig verwendet, da ich den Sachverhalt (meine Basis ist die sehr umfangreiche Berichterstattung der Frankfurter Rundschau, welche die ganze Geschichte auf den Tisch brachte) anders als Du nicht genau abschließend beurteilen kann.

Das Reformschulen in der Tat eine hohe Anziehunhskraft für Päderasten hatten, das scheint so zu sein - und ist eigentlich auch logisch (ich bin aber auf den Gedanken noch nie gekommen).

Ein bißchen kann man das Schweigen der unbeteiligten Lehrkräftew auch erklären, daß diese ganze Thematik des Mißbrauchs erst ca. seit der Mitte der 90er Jahre überhaupt öffentlich diskussionfähig war - davor war man halt diskret und löste soclche Sachen 'unter der Hand'.

In früheren Zeiten haben z.B. einzelne Parteigliederungen die Grünen die Herabsetzung des gesetzlichen Alters von Beziehungen zwischen Erwachsenen und Jugendlichen gefordert - die Sensibilität für die Problematik solchen Beziehungen war einfach in Teilen der öffentlichen Beziehungen nicht gegeben - Teile der Reformschulen/Reformpädagogik scheinen dazuzugehören (denk auch an die Kommunen der 68er). Stichwort auch 'sexuelle Befreuung'.

Das soll jetzt alles nicht entschuldigen - ist aber vielleicht der Kontext, der manches 'Schweigen' erklärbar (nicht entschuldigen) mag.

wassen
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Re: Massenmissbrauch an Odenwaldschule

Beitrag von wassen »

Hm, Amelie Fried (ohne Zweife von ihrer Art her ein Idealbild von Reformpädagogen) über ihre Zeit in der Odenwaldschule (lesenswert!)

http://www.faz.net/s/Rub77CAECAE94D7431 ... ntent.html

Vivitur parvo bene

Re: Massenmissbrauch an Odenwaldschule

Beitrag von Vivitur parvo bene »

Hubselzwerg hat geschrieben:...

Und was die Seminare angeht: H.v.Hentig wurde in meinem Seminar noch nie erwähnt.
Und überhaupt schmeißt du schon wieder zu vieles durcheinander. Vermutlich freust du dich sogar darüber, dass sowas passiert ist....
So, so...H.v.H. wurde an Deinem Seminar oder an Deiner Universität nie erwähnt...Selbstbestimmtes Handeln von SuS? Nein? Schule als Gemeinschaft von Verantwortlichen? Nein? Symmetrisches, herrschaftsfreies Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden? Nein? Lernen auf der Beziehungsebene nicht nur auf der Inhaltsebene? Nein? Lernen als aktiver, selbstorganisierter Prozess? Nein?

Bedeutende Vertreter der Reformpädagogik zerstören gerade ihren Ruf und vielleicht diskreditieren sie damit auch ihre Ideologie. Eine Ideologie, die mittlerweile als so selbstverständlich gilt und anscheinend so subtil vermittelt wird, dass die Referendare nicht einmal mehr die Urheber kennen? Das passt nebenbei gesagt ganz gut zur vorherrschenden Ideologie: Nicht Wissen ist bedeutsam, sondern Können. :twisted: :mrgreen: :roll:

Sebastian_
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Re: Massenmissbrauch an Odenwaldschule

Beitrag von Sebastian_ »

Wieso ist es so schwer die pädagogischen Konzepte von den Personen zu trennen. Klar hätten die in Verdacht stehenden Lehrer der OSO an öffentlichen Schulen über so einen langen Zeitraum wahrscheinlich nicht den Missbrauch ungestraft begehen können. Natürlich wurde die Situation an der Odenwaldschule anscheinend ausgenutzt. Auch sind Landschulheime wie die OSO meiner Meinung nach nicht der heilige Kral der Pädagogik, aber viele Ansätze und Konzepte würde ich mir auch für öffentliche Schulen wünschen.

Das man die Person Hentig kritisch im Zusammenhang mit den Vorfällen kritisch sehen kann ist durchaus vetretbar, aber was hat das mit seiner Arbeit zu tun?

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