Ref-Abbruch oder durchziehen/Deutsch, Kl.10, Texterörterung

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Zitronenfalter
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Re: Ref-Abbruch oder durchziehen/Deutsch, Kl.10, Texterörter

Beitrag von Zitronenfalter »

Mailene hat geschrieben:[...]Wenn ich nicht das Gefühl hätte, dass ich es meinen Eltern schuldig bin, weil die so viel für meine Ausbildung (Studium) bezahlt haben, würde ich es wahrscheinlich einfach abbrechen, mich erstmal mit Aushilfsjobs über Wasser halten um mir Gedanken zu machen, was ich machen könnte und mich dann bewerben... Aber dafür bin ich im MOment zumindest noch nicht mutig genug :-(
Einerseits ehrt Dich dieses Verhalten, andererseits nützt es zum jetztigen Zeitpunkt weder Dir noch Deinen Eltern. Für mich klingt das so, als ob Du überhaupt noch nicht weißt, in welche Richtung es für Dich gehen könnte*.
Du scheinst Dich Kraft Deiner Intelligenz bisher von Abschluss zu Abschluss gehangelt zu haben...evtl. war schon das Abi aus der Not heraus geboren, dass Du einfach nicht wusstest, was Du mit Deinem Leben anfangen sollst. Ich glaube, je länger Du diese Schiene noch fährst, desto unzufriedener wirst Du. Kann ja irgendwie nicht sein, dass Du ein Hochschulstudium hinlegst und dann befürchtest, bei der Erörterung in einer 10. Klasse zu scheitern, oder?

Gruß
Zitro


* in diesem Zusammenhang: Ein Hoch auf die wirklichkeitsferne Gymnasialbildung in unserem Land - auch das kann dabei herauskommen und ist meiner Wahrnehmung nach auch gar nicht so selten.
heiter weiter!

ewme
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Re: Ref-Abbruch oder durchziehen/Deutsch, Kl.10, Texterörter

Beitrag von ewme »

Ich war ja an einer beruflichen Schule in Hessen, bevor ich mein Referendariat verlies und habe daher anders als manche Lehrer neben dem Staatsexamen I noch ein begleitendes Diplom in meinem Studiengang gemacht.

Ich möchte hier allerdings einmal deutlich widersprechen, dass das Staatsexamen II in der freien Wirtschaft irgendeine Bedeutung hat. Ich selbst wurde darauf nie angesprochen, wohl aber auf meinen Universitätsabschluss und meine sonstigen Zeugnisse aus Praktika, ehrenamtliche Tätigkeit etc.. Ich kenne auch einige ehemaliger Referendare, die das zweite Examen haben und auf Grund von Fachwahl oder schlechten Noten keine Stelle bekommen haben. Auch hier war das dies nie von irgendeinem Interesse.

Anders sieht es sicher aus, wenn du dich im pädagogischen Bereich sei es an Privatschulen, Hochschulen, IHK etc. auftrittst. Hier weiß ich aus eigener Erfahrung, dass sich manche Türen leider nur mit dem zweiten Examen öffnen.

Wenn du aber grundsätzlich kein Interesse an einer derartigen Arbeit hast ist der Abschluss im Wesentlichen etwas für deine spätere Toilette.

Mailene
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Re: Ref-Abbruch oder durchziehen/Deutsch, Kl.10, Texterörter

Beitrag von Mailene »

Erstmal vielen Dank euch allen für die sehr hilfreichen und netten Antworten. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass ihr euch die Zeit genommen habt! Danke! Sobald ich etwas Luft habe, werde ich mich nochmal ausführlicher dazu melden. Erstmal vielen, lieben Dank.

kicky
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Re: Ref-Abbruch oder durchziehen/Deutsch, Kl.10, Texterörter

Beitrag von kicky »

Du sprichst mir aus der Seele...

Im Praxissemster dachte ich immer, ich wäre noch nicht reif für den Lehrerberuf, das wird schon. Daraufhin habe ich mir noch zwei Jahre Zeit gelassen. Nun bin ich in der Endphase vom Ref. Deine Gedanken kenne ich gut und sie kommen immer wieder und verstärken sich. Das Unterrichten und der Umgang mit den Jugendlichen ist angenehm, allerdings wird mir es mies gemacht durch die Benotungen, die Beurteilungen, etc. und natürlich die Stunden, die wirklich für den *** sind. (das passiert hab ich mir sagen lassen)

Du kannst es natürlich abbrechen, aber ganz ehrlich der Verdienst ist eigentl. ganz gut und auch wenn die noten nur befiredigend oder ausreichend sind, mach weiter, dann kannst du dich immer noch umorientieren (ein anderes Studium anfangen, etc.)
Zu meinem Stand: ich bin in 2,5 Monaten fertig. Habe zwar noch die bösen Unterrichtsproben, naja ne 4 wird es schon werden und nun verfolge ich eine weitere Karriere an der Uni und überlege nocheinmal zu studieren.

Fazit: du bist nicht allein und ich bin ein Beispiel dafür, dass man es trotzdem durchstehen kann, auch wenn man nicht die nächsten 40Jahre in der Schule verbleiben möchte. Ich hoffe es gibt dir ein bisschen Mut und zeigt dir Möglichkeiten auf. LG

User65
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Re: Ref-Abbruch oder durchziehen/Deutsch, Kl.10, Texterörter

Beitrag von User65 »

Mailene hat geschrieben:Und - kann mir jemand Tips zum UNterricht zum Thema Texterörterung geben?
Nein, ich nicht. Ich bin zum Realschulehrer mit dem Unterrichtsfach Deutsch ausgebildet und kann mit dem Begriff nichts anfangen.
Mailene hat geschrieben:Hat jemand Erfahrung oder Ahnung davon, wieviel es bringt das Ref durchzuziehen, auch wenn man später nicht in den Schuldienst will?
Ja, ich habe Erfahrung. I. und II. Staatsexamen für das Lehramt an Realschulen (mit guten Abschlussnoten). Danach ein bisschen DAF-Unterricht für Erwachsene und Kinder. Dann jahrelang im sozialpädagogischen Bereich mit einer BAT-IV-Stelle. Dann arbeitslos. Dann Ausbildung in einem Bürojob. Umschulung sehr gut bezahlt; so heute nicht mehr möglich. Dann jahrelang im Büro gearbeitet. Jetzt wieder arbeitslos, weil Arbeitgeber insolvent. Das zweite Staatsexamen ist in der freien Wirtschaft völlig unbedeutend, wenn man nicht gerade Schulbuchlektor werden will. Im pädagogischen Bereich mag es hier und da nützlich sein, aber ich hatte daran kein Interesse. Immer wenn es mir in meinem schnöden Bürojob nicht gefiel, habe ich mir vorgestellt, wie es wäre, jetzt in der Schule als Lehrer zu sein - und plötzlich konnte ich auch dem langweiligen Bürojob wieder gute Seiten abgewinnen. Meine Erfahrung ist allerdings auch, dass auch das I. Staatsexamen in der Wirtschaft relativ bedeutungslos ist. Ich wüsste jedenfalls nicht, wo jemand mit den studierten Unterrichtsfächern Deutsch, Politik, Geschichte, Erdkunde etc. unterkommen sollte. Ich würde jedenfalls nie wieder ein Fach mit unsicheren Berufsaussichten studieren. Könnte ich alles noch einmal machen, würde ich mich definitiv für Jura entscheiden. Die Anwälte kommen immer irgendwo unter. Mein Fehler war damals, dass ich auf meine Umgebung gehört habe. Immer wurde mir gesagt, dass ich das studieren sollte, was mir gefällt. Völliger Unsinn. Man sollte immer den cash value seines Tuns vor Augen haben. Am Ende kommt es nur darauf an.
Man kann auch ohne Alkohol Spaß beim Feiern haben. Aber ich gehe auf Nummer sicher.

krabappel
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Re: Ref-Abbruch oder durchziehen/Deutsch, Kl.10, Texterörter

Beitrag von krabappel »

Zitronenfalter hat geschrieben: Naja, sooooo einfach ist das nun auch wieder nicht. In BaWü z.B. zählt ein 1. Stex nicht viel - erst mit dem 2. Stex verfügt man über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Dokumentiert hat man damit vor allem eines: Durchhaltevermögen - und das ist in so gut wie allen Berufen ein Pluspunkt.

Gruß
Zitro
Ich finde, Durchhaltevermögen hat man mit dem I. StEx bewiesen, Klarheit damit, dass man sich gegen das Ref entscheidet. Geht ja nicht um 5 abgebrochene Lehren...
Lysander hat geschrieben: ...Im Übrigen waren ja weder die Zeit noch das Studium vertan (und das Geld auch nicht), wenn Du es jetzt rechtzeitig schaffst, die Kurve zu kriegen und aus Deinem Leben etwas zu machen.

Du solltest schleunigst wieder Herrin über Dein Leben werden und selbst bestimmen, in welche Richtung Du gehst. Momentan lässt Du Dich in Ermangelung von Alternativen bestimmen und sperrst Dich mit den erwähnten Alibis auch gegen das Reflektieren von Alternativen. DAS ist der denkbar schlechteste Weg. In dem Moment, wo Du selbst bestimmst, wo es lang geht, wirst Du Dich deutlich besser fühlen, mehr Energie haben und früher oder später auch Dein berufliches Glück finden. Du musst aber offen dafür sein.
Das Gefühl habe ich auch. Klar trifft man so eine Entscheidung nicht im Handumdrehen! Trotzdem- schau dich nach Alternativen um- der Schritt wird doch nach dem durchquälten Ref nicht leichter! Und die Einstellungschancen in einem anderen Beruf außer dem des Lehrers nicht besser. Klar kann man mit dem I. Examen noch nicht viel anfangen. Glaube aber kaum, dass das Ref einen in einem andern Job weiterbringt.
Mailene hat geschrieben: Ich bin eigentlich auch ein sehr praktischer Mensch. Ich habe nach meinem 1.SE in einer Werkstatt gearbeitet und es total genossen. Auf Dauer würde mir das natürlich nicht ausreichen, aber ich habe das Gefühl, dass ich einen Job brauche, in dem ich aktiv arbeite. Also nicht so viel zu Hause für mich arbeiten muss, sondern in einem Büro oder wo auch immer, wo ich dort aktiv mit anderen Menschen zusammen DInge erarbeite.
Was war das denn für eine Werkstatt?

User65
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Re: Ref-Abbruch oder durchziehen/Deutsch, Kl.10, Texterörter

Beitrag von User65 »

Nachtrag:

Ich hatte vergessen, einen konkreten Rat zu geben. Also ich empfehle, das Ref noch nicht zu beenden, solange du noch nichts anderes hast und auch noch nicht so genau weißt, in welche Richtung du dich beruflich orientieren willst. Immerhin bekommst du ja auch sicher deinen bescheidenen monatlichen Sold! Du kannst es ja ruhig angehen lassen und im Unterrichtsbesuch auch mal ein Diktat schreiben lassen. Ob du noch wieder etwas studieren solltest, hängt auch von deinem Alter ab - und den finanziellen Möglichkeiten natürlich. Falls du einen Bürojob anpeilst, gebe ich dir folgendes zu bedenken: Viele Jobs sind in diesem Bereich durchaus nicht so anspruchslos und öde, wie man als z. B. als Kunde in diesen Bereichen denkt. So gibt es z. B. bei Banken ganze Abteilungen, die sich nur mit den Folgen von Unternehmensinsolvenzen beschäftigen. Dort zu arbeiten, kann sehr abwechslungsreich und interessant sein. Außerden kann man sich in vielen Bereichen auch gut weiterbilden (z. B. Bilanzbuchhalter). Man trägt dann zwar nicht so schöne Titel, aber die Kasse stimmt dann zumindest und man kann wenigstens auch mal das berufliche Aufgabengebiet und den Arbeitgeber wechseln. Das ist de facto im Lehrerbereich ja nicht möglich - Schule bleibt Schule, und Schüler bleiben Schüler. (Kann man eigentlich auch in einem Kultusministerium oder in einer Schulbehörde arbeiten, ohne nach dem II. Staatsexamen als Lehrer gearbeitet zu haben?)
Zitronenfalter hat geschrieben:evtl. war schon das Abi aus der Not heraus geboren, dass Du einfach nicht wusstest, was Du mit Deinem Leben anfangen sollst.


Ja, das war bei mir auch so. (Aus meiner kindlichen 10-Klässler-Sicht hatte man damals noch keinen Beruf erfunden, der mir gefiel.) Allerdings finde ich, dass jeder, der es will und kann, auch das Abitur machen sollte. Das schadet keinem und die Berufschancen steigen doch damit - allerdings - das gebe ich gerne zu - unter Umständen auch die Ansprüche, die dann später nicht befriedigt werden können.
Zitronenfalter hat geschrieben:Ein Hoch auf die wirklichkeitsferne Gymnasialbildung in unserem Land - auch das kann dabei herauskommen und ist meiner Wahrnehmung nach auch gar nicht so selten.
Naja, das Abitur soll nun einmal auf ein beliebiges Studium vorbereiten (Allgemeine Hochschulreife) und nicht auf einen Ausbildungsberuf. Der Theorie nach sollen sich ja auch vorrangig Real- und Hauptschüler in die gewöhnlichen Ausbildungsberufe drängen.
Man kann auch ohne Alkohol Spaß beim Feiern haben. Aber ich gehe auf Nummer sicher.

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