Referendariat abbrechen, verlängern, Alternativen

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Lalelu16
Beiträge: 3
Registriert: 15.06.2016, 19:19:31

Referendariat abbrechen, verlängern, Alternativen

Beitrag von Lalelu16 »

Hallo ihr lieben Mitglieder des Forums,

ich lese nun schon seit Beginn des Referendariats (vor 6 Monaten; Gymnasium, BW, Bildende Kunst + Sprache, beide auf Hauptfachniveau) die Beiträge in diesem Forum, teilweise haben mir die Antworten auch schon geholfen, aber inzwischen ist meine eigene Situation so kompliziert geworden, dass ich beschlossen habe, selber einen Beitrag zu verfassen.

Jedenfalls hatte ich bereits seit Beginn des Refs Zweifel, ob das die richtige Tätigkeit für mich ist. Ich habe mich aber immer angestrengt und nach der langen Kritik durch Mentoren wieder aufgerappelt und versucht die kritisieren Dinge zu verbessern. Trotzdem denke ich seit Beginn über einen Abbruch nach. Nun ist der 2. UB in der Sprache gelaufen und mir wurde rückgemeldet, dass ich viele Punkte verbessert hätte und sie ein Potenzial sehen, sie aber auch bemerken, dass ich sehr angestrengt wirke und sozusagen meine "Persönlichkeit" das Problem sei, ich zu zurückhaltend und sensibel sei. Ich bin tatsächlich eine eher zurückhaltende Person, kann aber, je nach Situation auch offen und selbstsicher sein (im Ref sind die Bedinungen dafür aber ziemlich ungünstig, deswegen hat sich trotz zahlreicher Unterrichtsstunden an meiner zurückhaltenden Art nichts geändert, was wohl an der Gesamtsituation liegt -> Viel Kritik, Beobachtung, laute und viele Schüler, Überforderung, usw.). Jedenfalls darf ich von der Seite der Mentorin/Fachleiterin der Sprache nicht in den eigenständigen Unterricht (In Kunst hätte es wohl gereicht, da wurde meine Art von Anfang an eher akzeptiert und eher das positive gesehen). Ich habe jetzt die Möglichkeit einen 3. UB zu machen ( innerhalb von 2 Wochen) oder die Verlängerung zu akzeptieren. Ändern soll ich in der Verlängerungsphase hauptsächlich meine Lehrerpersönlichkeit und zeigen, dass ich belastbar genug bin, um eigene Klasse zu führen.

Dazu kommt, dass eines meiner nächsten Familienmitglieder seit ca. 1 Jahr schwerstkrank und beeinträchtigt ist, und ich regelmäßig zu meiner Familie fahre um zu helfen und einfach dort zu sein. Diese Erkrankung ( sie kam ganz plötzlich und hat das Familienmitglied nachhaltig verändert, niemand weiß, ob er/sie je wieder gesünder wird, so bleibt, oder bald stirbt) und die ganze familiäre Situation belastet mich seitdem sehr und führt wiederum dazu, dass ich jetzt weniger belastbar bin ( dazu kommt meine von Natur aus eher sensible Art).

Im Zusammenhang mit dem Referendariat (+Situation in der Familie), fühle ich mich zunehmend müder, antriebsloser, es macht mir immer weniger Spaß und ich schlafe meistens sehr schlecht. Am Wochenende oder in den Ferien hatte ich bis jetzt immer irgendwelche (wie ich glaube) psychosomatische Beschwerden (mehrtägige Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Fieber, usw.). Ich habe allgemein Angst, ernsthaft krank zu werden.

Ich hatte nun ein Gespräch mit der Seminarleitung und sie haben mir die verschiedenen Optionen aufgezeigt:
- Verlängerung akzeptieren und versuchen, die kritisierten Dinge zu verbessern (= hauptsächlich Persönlichkeit, Führung der Klasse, Sanktionen verhängen)
- mit Wiedereinstellungzusage (innerhalb von 4 Jahren) entlassen werden (dafür brauche ich ein ärtzliches Attest, dass mir bescheinigt, dass ich momentan, aufgrund der familiären Belastung dienstunfähig bin)
- abbrechen (für immer)

Um euch noch ein besseres Bild machen zu können, hier noch ein paar Zusatzinfos:

Ich habe ein sehr gutes 1. Staatsexamen absolviert, habe während des Studiums immer irgendwelche Nebenjobs gemacht (auch ehrenamtliche Tätigkeiten), war zwei Mal für längere Zeit im Ausland, habe Sprachkenntnisse in 3 Fremdsprachen. Im Bezug auf Alternativen habe ich schon einige Ideen, aber nichts konkretes/ kein Jobangebot.

Meine Überlegung ist jetzt: Soll ich das Ref mit Verlängerung durchziehen? (Befürchtung: fehlende Motivation, Schlafstörungen, psychische Belastung, Angst krank zu werden, zu wenig Zeit für meine Familie, Zweifel am Beruf "Lehrer an staatlichen Gymnasium" an sich -> Ich erkläre gerne, unterrichte meine Fächer gerne, aber der Teil der "Erziehung/ Bestrafung/ etc" / die Arbeit mit pubertierenden Schülern in großen Gruppen liegt mir nicht).
Soll ich abbrechen, akzeptieren, dass dieser Beruf in dieser Form vielleicht nicht der richtige für mich ist und mich komplett neu orientieren ( es gibt Ideen/ Alternativen, aber ich habe große Angst vor diesem Schritt, weil alles so unsicher ist). Andererseits wäre ich gerne endlich wieder glücklicher mit dem was ich tue. Lohnt es sich nicht dafür NAchteile wie geringeres Gehalt/Befristung etc. in Kauf zu nehmen.

Oder soll ich mit einer ätzlichen Diagnose abbrechen/ unterbrechen, um die Chance zu haben, in einigen Jahren wieder einzusteigen, evt. kann ich (mit mehr Lebenserfahrung) bis dahin besser mit der familären Belastung umgehen und bin allgemein weniger zurückhaltend ( durch mehr Arbeitserfahrung)

Wie seht ihr denn meine allgemeine Situation aus eurer Erfahrung?
Befindet sich jemand in einer ähnlichen Situation ( Referendariat + zusätzliche Belastung)? Bzw. wurde jemand hauptsächlich wegen seiner Persönlichkeit kritisiert? Hat jemand aufgrund seiner Persönlichkeit grundlegende Bedenken, sieht aber auch,dass er/ sie durchaus Stärken in vielen Bereichen hat?

An die Verlängerer: Wir habt ihr die Verlängerung an sich, aber auch den Zeitraum der Verlängerung wahrgenommen? Eher belastend, wurde alles noch schlechter/ schlimmer, oder als Chance, doch noch die Kurve zu bekommen?

Weiß jemand, ob es negative Konsequenzen für andere Jobs/ Bewerbungen gibt, wenn man mit so einer Diagnose "dienstunfähig, Entlassung mit Wiedereinstellungszusage" abbricht/ unterbricht? Erfahren andere Arbeitsgeber davon? Oder gilt diese Diagnose nur für den Beamtendienst?

Kennt sich jemand aus mit den Einstellungschancen ohne abgeschlossenes Referendariat an privaten Gymnasien in Mangelfächern ( Bildende Kunst wird ja oft gesucht, und lief bei mir auch besser, als das andere Fach, der Unterricht läuft ganz anders ab).
Kennt sich jemand im Bereich Erwachsenenbildung aus? Welche Chancen hat man (ohne abgeschlossenes Ref) und wo kann man sich bewerben?

Wie habt ihr Alternativen gefunden?

Ich würde mich über ein paar Meinungen, Anregungen, Hinweise freuen. Natürlich weiß ich, dass mir keiner die Entscheidung abnehmen kann, aber die Situation ist mittlerweile so kompliziert geworden, dass ich jede Hilfe gebrauchen kann. Sorry, dass mein Beitrag so lange ist, es ist echt kompliziert alle meine Gedanken/Fragen unterzubringen/ auf den Punkt zu bringen.

Qualitätsgarant
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Registriert: 20.04.2016, 18:37:48

Re: Referendariat abbrechen, verlängern, Alternativen

Beitrag von Qualitätsgarant »

Mein Tipp wäre, sich zwei weitere Wochen durchzubeißen und den dritten UB zu versuchen. Zu verlieren hast du nichts, gewinnen kannst du die verhinderte Verlängerung. Nach diesem UB könntest du im Erfolgsfall ja eine kleine Auszeit (1-2 Wochen) zur Regeneration nehmen.

alpine
Beiträge: 31
Registriert: 05.11.2014, 16:01:57

Re: Referendariat abbrechen, verlängern, Alternativen

Beitrag von alpine »

Ich mache es kurz und stimme meinem Vorredner zu: ziehe den 3. UB durch und entscheide dann. Die Möglichkeit der Wiedereinstellungszusage klingt doch gut. Du könntest die Erfahrungen des Refs bislang "sacken" lassen und kannst nach 1-2 Jahren Berufserfahrung in anderen Bereichen dann vermutlich gut beurteilen, ob Du es nochmal versuchen möchtest.

Die Prüfungsphase und vor allem die DUE sind schon recht stressig. Anfang Januar, kurz vor Abgabe der DUE, habe ich mich so besch...eiden gefühlt, wie schon lange nicht mehr. Die Belastung sollte man nicht unterschätzen, auch, wenn es nur für ein paar Monate ist.

Ich sehe einen positiven Aspekt in der Schilderung Deiner Lage: da Du nichts von finanziellen Nöten bzw. Zwängen geschrieben hast, gehe ich davon aus, dass ein ggf. weniger gut bezahlter Job zumindest mittelfristig für Dich akzeptabel wäre. Das sollte man nicht unterschätzen, denn das schafft Dir einen Entscheidungsfreiraum.

Ein weiterer positiver Punkt: so ausgewogen, wie Du reflektierst, wirst Du mit Sicherheit eine gute Entscheidung treffen. Kopf hoch! :)

Phaon
Beiträge: 51
Registriert: 25.02.2015, 21:21:42

Re: Referendariat abbrechen, verlängern, Alternativen

Beitrag von Phaon »

"Im Zusammenhang mit dem Referendariat (+Situation in der Familie), fühle ich mich zunehmend müder, antriebsloser, es macht mir immer weniger Spaß und ich schlafe meistens sehr schlecht. Am Wochenende oder in den Ferien hatte ich bis jetzt immer irgendwelche (wie ich glaube) psychosomatische Beschwerden (mehrtägige Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Fieber, usw.). Ich habe allgemein Angst, ernsthaft krank zu werden."

Deine Situation kommt mir sehr bekannt vor. Ich bin seit mittlerweile 18 Monaten im Referendariat und war noch nie in meinem Leben so häufig krank. Deine Symptome Müdigkeit, Antriebslosigkeit, fehlende Freude, Schlaf- und Magenprobleme begleiten mich ebenfalls schon seit Längerem. Hinzu kommen häufige, lange Erkältungs- und Grippephasen, die niemals ganz auskuriert werden, da man es sich einfach nicht leisten kann, länger krank zu sein. Ich leide noch dazu seit 10 Jahren an einer chronischen Krankheit, die mit dem Referendariat wieder aufgeblüht ist. Mittlerweile bin ich jedenfalls zu dem Schluss gekommen, dass mich der Lehrerberuf krank macht.

Um auf deine Fragen zurückzukommen: nach dem 1. Ausbildungsabschnitt wurde ich in die Verlängerung geschickt (ebenfalls Baden-Württemberg). Dort hatte ich mit mangelnder Motivation, Antriebslosigkeit, Prokrastination und erneuten gesundheitlichen Beschwerden zu kämpfen. Mein Entschluss, niemals in diesem Beruf arbeiten zu wollen, stand zu diesem Zeitpunkt schon fest. Ich rechnete eigentlich fest mit der Entlassung, sehnte diese sogar schon herbei, habe es am Ende jedoch knapp geschafft, eigene Klassen zu bekommen. Zur Zeit sitze ich an meiner DUE und werde diese aufgrund der nicht vorhandenen Motivation wohl - wenn überhaupt - auch wieder nur knapp bestehen. Meine Erfahrung ist jedenfalls, dass sich meine Motivation und meine Zweifel hinsichtlich des Lehrerberufs in dieser Zeit nicht verändert haben. Stellenweise war ich so antriebslos, dass ich absichtlich Konferenzen geschwänzt und stattdessen den Nachmittag über durchgeschlafen habe, damit man mich endlich aus meiner Qual entlässt - was jedoch nicht erfolgte.

Die Zeit der Verlängerung war die mit Abstand schlimmste bisher. Dagegen war der 1. Ausbildungsabschnitt im Frühjahr relativ entspannt. Innerhalb von nur wenigen Wochen (Mitte September bis Anfang Dezember) musste die gleiche Leistung erbracht werden wie im Frühjahr (bei mir: jeweils zwei Unterrichtsbesuche pro Fach + jeweils zwei Schulleiterbesuche pro Fach + ein Pädagogik-Besuch; also insgesamt neun Unterrichtsbesuche in neun Wochen!). Man ist generell unter noch stärkerer Beobachtung, auch am Seminar. Ich habe diesen Druck nur überlebt, da mir ab einem gewissen Zeitpunkt einfach alles egal war.

In Bezug auf deine Frage zu den Konsequenzen bei Bewerbungen in anderen Berufen kann ich folgendes sagen: Es kommt ganz darauf an, wie du dir die bisherige Zeit deines Referendariats für deine Unterlagen bescheinigen lässt. Ich habe selbst noch keine Bescheinigung, tendiere aber dazu, mir ein Äquivalent zu einem einfachen Arbeitszeugnis, also eine Dienstzeitbescheinigung oder Tätigkeitsbeschreibung ausstellen zu lassen - ohne Bewertungen der eigenen Leistungen und ohne Angabe zu den Gründen des Abbruchs. An die Personalakten des Präsidiums kommt kein Arbeitgeber ran. Bei bisherigen Bewerbungen habe ich das Referendariat nur unter dem Punkt "Berufliche Erfahrungen" angegeben und mich ohne Bescheinigung / Zeugnis beworben. Ich bekam gleich auf meine erste Bewerbung eine Einladung zum Vorstellungsgespräch.

Ansonsten bin ich der Überzeugung, dass man für das Finden von Alternativen und für Bewerbungen vor allem Zeit, Ruhe und innere Zufriedenheit benötigt, die man während des Referendariats nicht besitzt. Aus Angst vor den Sanktionen beim Jobcenter habe ich noch nicht selbst abgebrochen. Ich will noch bis zu den Sommerferien durchhalten und dann die Zeit nutzen, um mich engagiert umzusehen. In punkto Gehalt bin ich da übergangsweise auch sehr anspruchslos, 800 € netto reichen mir zum Leben. Deswegen könnte es auch auf durch das Jobcenter vermittelte Aushilfsjobs hinauslaufen. Ich weiß nur, dass ich nie wieder etwas mit dem Bildungs- oder dem sozialen Bereich zu tun haben will.

Jania85
Beiträge: 65
Registriert: 21.11.2015, 15:43:18

Re: Referendariat abbrechen, verlängern, Alternativen

Beitrag von Jania85 »

mmh darf ich da mal was fragen, ich habe nach einem Halbjahr schon drei eigene Klassen bekommen. verstehe da nicht wieso ihr erst geprüft werdet, ob ihr eine Klasse bekommt.

alpine
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Registriert: 05.11.2014, 16:01:57

Re: Referendariat abbrechen, verlängern, Alternativen

Beitrag von alpine »

? Ist doch hier auch nach 6 Monaten (es sei denn, FL haben etwas dagegen einzuwenden).

SwinginPhone
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Registriert: 24.04.2011, 9:50:27

Re: Referendariat abbrechen, verlängern, Alternativen

Beitrag von SwinginPhone »

Jania, Du hattest in dem halben Jahr doch bestimmt auch Unterrichtsbesuche. Da wird geprüft, ob Du eigene Klassen/Kurse bekommen kannst. Meist wird das nicht großartig thematisiert; nur, wenn es nicht reicht.

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