Was tun bei Panik

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Max_Cohen
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Re: Was tun bei Panik

Beitrag von Max_Cohen »

Rets hat geschrieben:Ich verstehe nich ganz, was du mir sagen willst.
Ich habe versucht darzulegen, wie man bei einer Seitenzahlbegrenzung priorisieren kann (und z.T. auch muss).
Ich gehe mit dir, dass Lehrer als Akademiker ihren Job auf Basis empirischer Studien bzw. allgemein: aktueller Forschung ausüben müssen. Genau dies müssen sie dann auch darlegen können. Ich fände es aber ziemlich hartherzig, jedem das Lehrersein abzusprechen, der das nicht super klar schriftlich darlegen kann.
So war das gar nicht gemeint. Ich extrapoliere hier tatsächlich meine begrenzte Erfahrung, die ich durch Korrekturlesen zahlreicher Entwürfe gesammelt habe (die aber durch meine Ausbilder immer wieder bestätigt wurde): Die meisten Ko-Referendare haben Unterricht nach dem Zufallsprinzip geplant und dementsprechend im Entwurf keine einzige Begründung für eine Entscheidung liefern können. Es war eine einzige Nacherzählung des Verlaufsplans. Wenn man sich aber umgekehrt die zielführenden Gedanken bereits gemacht hat, dann hat man doch bereits eine sehr klare Gliederung für den Text und muss nur noch ganze Sätze daraus basteln.
Übrigens: Neben der didaktischen Analyse des Gegenstandes ist die Lerngruppe sehr wohl ein gleichberechtigt wichtiger Aspekt für die Stundenplanung. Und da macht es schon einen Unterschied. Ich habe mal in einer Stunde in Klasse 7 Mathematik (kein UB) den Alkoholgehalt eines Bieres ausrechnen lassen (Prozentrechnung halt). Dafür habe ich aus der Chemie Messbecher geholt, das Bier rein gekippt und später haben wir dann den tatsächlichen Anteil an Alkohol mit Spiritus in kleineren Messbechern dargestellt. Hier spielt die Lerngruppe eine erhebliche Rolle. Hinzu kommt die Beziehung, die ich zur Lerngruppe habe. So etwas würde ich bei weitem nicht in jeder Klasse machen. Da gibt es genug pubertierende Jugendliche, die ausflippen würden, sobald man ein Bier mit in den Unterricht bringt.
Da möchte ich gar nicht widersprechen! Mein Punkt ist, dass man eben die gedanklichen(!) Schritte, die an dieser Stelle in der Reihe folgen müssen, erforschen und dann umsetzen muss. Ich würde niemals dagegen argumentieren, dass nicht jedes Beispiel oder jede Umsetzung lerngruppenunabhängig ist.
Um beim Mechanik-Beispiel zu bleiben: Mit einer schulisch halbwegs gut sozialisierten Klasse kann ich zur Einführung des Zusammenhangs Geschwindigkeit=Tempo+Richtung auf dem Hof "blindes Fangen in Zeitlupe" in Klasse 7 oder 8 spielen, auch wenn es erst meine zweite Doppelstunde ist. Wenn die Lerngruppe mir in der Einstiegsstunde ein Experiment zur Beschreibung von Bewegungen zerlegt hat, tue ich das nicht, sondern führe den Begriff anders ein (z.B. mittels eines ABs mit einem Stroboskopbilds für eine vermeintliche Flugzeugkollision). Ich will darauf hinaus, dass es an dieser Stelle der Reihe eben keine andere Möglichkeit gibt, als tragfähige Konzepte zur Geschwindigkeit aufzubauen und diese gegen den Alltagsbegriff Geschwindigkeit abzugrenzen. Das ist zumindest in MINT-Fächern der Kern der Planung, ohne den alles andere in sich zusammenfällt.
Wieder: Ich vermute, dass wir ein sehr ähnliches Bild von idealem Lehrerhandeln haben.
Unser Umgang mit den ganzen nicht idealen Lehrern scheint aber unterschiedlich zu sein. Übrigens würde ich mich auch unter die nicht idealen Lehrer rechnen...
Ideale Lehrer gibt es nicht (ich bin u.a. ganz schlecht darin, Schüler zu einer angemessenen Heftführung zu erziehen und muss da an mir arbeiten). Ich wäre schon zufrieden, wenn es weniger katastrophale gäbe, bei denen die Schüler schreiend im Klassenraum umherrennen dürfen...

cobalt8
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Re: Was tun bei Panik

Beitrag von cobalt8 »

Ich habe noch nicht so ganz verstanden, was am Entwurf zu dieser Panik bei Dir führt. Ist es die Angst davor einen schlechten Entwurf zu schreiben oder ist es die Angst alleine zu Hause zu sitzen, oder was ist es genau?

Ich würde den Entwurf eher als große Hilfe sehen. Wie soll jemand ohne Entwurf entscheiden, ob du das Lernziel erreichst, ob du für andere Eventualitäten o.ä. vorbereitet bist? Ich hatte und habe auch Defizite im sprachlichen Bereich (das kann jeder nachvollziehen, der meine Beiträge liest), hatte aber trotzdem immer gute Entwürfe. Mit den Entwürfen konnte ich zeigen, das was ich alles beachtet habe, was das für eine Klasse ist, warum ich mich so bei dieser Klasse entschieden habe. Der Prüfer kennt doch die Klasse nicht, kennt meinen Unterricht nicht, und gar nichts, wie soll er sonst entscheiden, ob ich alles durchdacht habe? Woher soll er wissen, dass ich für den Fall XY noch nen Blatt vorbereitet habe, was eventuell gar nicht herausgegeben wurde, weil dieser Fall nicht eingetreten ist? Woher soll er wissen, dass Schüler Z vll. nen anderes Blatt bekommt, weil er zieldifferent unterrichtet wird, und das deshalb das Niveau auf diesem Blatt auch angemessen ist?
Ich bin der Meinung, dass man ohne Entwurf die Stunde gar nicht beurteilen kann. Es gibt auch Menschen, die können super Türschwellendidaktik, aber erreichen keine einzige Stunde ihr Ziel, bzw. machen sich über ihre Zielgruppe gar keine Gedanken.

Wenn es Versagensängste sind, dann hilft es dir, dass Du Dir klar machst, was im Worst-Case alles passieren kann. Was passiert denn, wenn dein Entwurf schlecht ist? Entweder merkst du es selbst in der Reflektion und kannst direkt sagen, was du beim nächsten Mal anders machen würdest (dann ist der Entwurf nicht mehr so schlimm), oder du bekommst halt mal einen auf den Deckel und gesagt, an was du bitte weiterhin arbeiten solltest. Ja und dann? Genau daraus lernt man doch dann, es reißt einem doch niemand den Kopf ab.
Als Tipp würde ich dir allerdings auch noch raten, die genannten Referendarskollegen (die einfach so drauf los unterrichten bei einem UB, weil sie zu faul sind) nicht als Vorbild zu nehmen. Das sind dann die, die auch mit einer 3 oder 4 aus dem Referendariat heraus gehen.
Außerdem, wenn du einmal einen richtig guten Entwurf in einem deiner Fächer geschrieben hast, dann kannste dich in Zukunft dran entlang hangeln. Vieles ist immer ähnlich, wie die Legitimation der Stunde, das passt man dann an die nächste Stunde an und gut ist.

Löwenherz
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Re: Was tun bei Panik

Beitrag von Löwenherz »

Da ich selbst mit Prüfungsangst zu kämpfen habe, kann ich gut nachvollziehen, wie lähmend das sein kann. Persönlich habe ich sehr gute Erfahrungen mit autogenem Training gemacht (v.a.Atemübungen helfen mir da sehr gut). Was mir ebenfalls hilft, ist mich von meinem Perfektionismus wenn auch nicht frei, so doch zumindest etwas freier zu sprechen und mir Fehler zuzugestehen, bewusst Pausen zu machen, wenn der Arbeitsberg gefühlt unbewältigbar groß ist und dann beim Entwurf in kleinen Teilabschnitten zu arbeiten, die ich durch Spaziergänge oder kleine Sporteinheiten unterbreche, um den Kopf wieder frei zu bekommen vor dem nächsten Schritt. Gerade Bewegung hilft mir immens gegen diese "mentale Lähmung", da kommen mir immer die besten Unterrichtsideen oder Reflexionsansätze für den Entwurf.

Eine gute Unterstützung kann es ggf.sein, dich mit einem Mitanwärter über deine Stundenplanung auszutauschen. Vielleicht gibt es auch einen Mentor oder eine Mentorin, der oder die sich deine Überlegungen einmal kritisch anhört.

Fällt dir lediglich der verschriftlichte Entwurf schwer oder auch bereits der Verlaufsplan? Ich gehe immer vom Verlaufsplan aus. Erst, wenn ich diesen vollständig erstellt habe (und damit die Stunde durchdacht, strukturiert, in mir diverse päd.und did.Entscheidungen gefällt habe bzgl.Zielen, Inhalten, Methoden), setze ich mich an den ausführlichen Entwurf, der dann ja nur noch in Worte fasst, was ich mir längst überlegt und geplant habe.

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