Ist in BaWü seit diesem Schuljahr wieder aufgelockert werden: Es gibt zwar immer noch keine verbindliche GS-Empfehlung (was durchaus positiv zu bewerten ist, betrachtet man beispielsweise die Ergebnisse von Gomolla und Co.zur Problematik (Stichworte direkte und indirekte Diskriminierung) dieser verbindlichen Empfehlungen, die überproportional häufig negativ für bestimmte Gruppen ausfallen, ohne, dass sich das ausschließlich über tatsächliche Potentiale und deren schulische Verwirklichung rechtfertigen lassen würde), aber der Inhalt der GS-Empfehlung muss der weiterführenden Schule gegenüber offengelgt werden, die damit anders als bislang zumindest weiß, wer da vor ihr sitzt. Viele Gymnasien (längst aber nicht alle und schon gar nicht im selben Maß oder mit vergleichbarem Engagement) geben sich große Mühe, dieser deutlich heterogeneren Klientel durch angepasste Fördermaßnahmen etc. so gerecht sie es vermögen zu werden in dem Wissen, dass zumindest die SuS mit Werkrealschulempfehlung aller Voraussicht nach komplett am Ende von Klasse 6 in einer Sek.I-Schule sein werden (Ausnahmen bestätigen da leider wohl eher die Regel) und von den Realschülern im Regelfall weit mehr als die Hälfte. Die Öffnung ist ein sinnvoller Schritt meines Erachtens, kann ihr volles Potential aber nur entfalten, wenn:tiger hat geschrieben: Die verbindliche Grundschulempfehlung wurde abgeschafft. Ein Gymnasium hat keine Handhabe, einen Schüler wegen schlechter Noten im Grundschulabgangszeugnis nicht aufzunehmen, die Eltern können das – auch gegen alle gut gemeinte Beratung – erzwingen. Früher hätte man kein Kind mit 3en in allen Hauptfächern zum Gymnasium geschickt, heute hat ein Viertel unserer Schüler solche Noten.
a) die Eltern bereit sind, ihren Kindern die Zeit zu geben, die sie benötigen für die Entwicklung ihrer Potentiale (man kann schließlich auch nach der Realschule am Beruflichen Gym.eine allgemeine Hochschulreife erwerben, dann aber mit dem Jahr mehr an Zeit, um Bildungslücken zu schließen) und nicht (nur) versuchen eigene Bildungsziele über die Kinder zu realisieren.
b) Eltern auch schon viel früher ganz unabhängig von Herkunft und eigenen Bildungsabschlüssen ein Bewusstsein entwickelt haben (ggf.mit Unterstützung), was gute frühkindliche Bildung und sinnvolle Sprachförderung umfasst (das sind nun mal die scheinbar simplen Dinge, wie das Vorlesen in der Erstsprache -selbst, wenn diese nicht Deutsch sein sollte- , spielen (wird in vielen Kulturen stark unterschätzt, welchen Bildungswert das für Kinder hat)- möglichst viel elektronikfrei, um im realen Raum zu erfahren, was man zu gestalten vermag, Orientierung im Raum oder auch Motorik zu trainieren, etc.).
c) Lehrkräfte an weiterführenden Schulen offen sind für eine veränderte Zusammensetzung der Schülerschaft und nicht nur versuchen "nach unten" durchzureichen soweit das im Schulsystem noch möglich ist.
Wird in BaWü tatsächlich wieder abgeschafft werden mit dem neuen Abitur (Kursbeginn Schuljahr 2019/2020, erstes Abitur damit 2021). Dabei wird u.a. die Anzahl der Leistungsfächer von fünf wieder auf drei sinken (die dann wieder wie früher schon die LKs 5-stündig sein werden, statt 4-stündig wie aktuell), bei den Basisifächern oder Grundkursen werden Deutsch, Mathe, Fremdsprachen, Naturwissenschaften (wenn kein LK) 3-stündig unterrichtet werden, alle anderen Fächer 2-stündig (aktuell: alle 2-stündig). Anstelle von bislang vier schriftlichen + einer mündlichen Prüfung (Präsentationsprüfung) werden die SuS dann drei schriftliche Prüfungen und zwei "klassische" mündliche Prüfungen haben. Bestanden ist das Abitur nur, wenn keiner der Prüfungsteile mit null Punkten abgeschlossen wird, wobei bei schriftlichen Prüfungen die Möglichkeit einer freiweilligen mündlichen Zusatzprüfung besteht. Auch das eine Veränderung im Vergleich zu den Regeln im laufenden Kurs, die es aber als ich mein Abi gemacht habe (anno Tobak quasi ) auch schon mal gab (wobei wir sogar in allen Prüfungsfächern mindestens vier Punkte benötigten). Man darf da also getrost feststellen, dass einerseits die Fachlichkeit wieder steigen kann, da mehr Zeit zur Vertiefung bleibt, andererseits aber auch der Anspruch klar steigt, da das Geschenk der Präsentationsprüfung entfällt (die für SuS mit Deutsch als Fremdsprache allerdings immer eine tolle Chance war) und man eben auch wieder eine Mindestpunktzahl erzielen muss in allen Prüfungsteilen.tiger hat geschrieben: In der Abiturprüfung wurde eine sogenannte Präsentationsprüfung eingeführt, die die Schüler zu Hause vorbereiten können, weil sie das Thema zwei Wochen vor der Prüfung erfahren. In anderen Bundesländern gibt es das schon länger. Folge: Die Schüler plagiieren Powerpoint-Präsentationen aus dem Internet oder lassen sich von den Eltern/vom Nachhilfelehrer/... helfen und spulen eine Präsentation ab, von der sie inhaltlich keine Ahnung haben und keine einzige Nachfrage beantworten können. Da sie aber zumindest etwas vorbereitet haben, bekommen sie dafür schon 5 Notenpunkte und haben somit bestanden. Oder mit anderen Worten: Durchfallen geht eigentlich nur noch, wenn man gar nicht erst zur Prüfung antritt.
Da ich u.a. moderne Fremdsprachen unterrichte, sehe ich da durchaus das Für und Wider: Klar sollten SuS wenigstens ein paar Grundformen beherrschen wie Präsenz, eine Zeit der Zukunft (Minimum Franz: Futur composé/proche), eine Zeit der Vergangenheit (Minimum Franz: Passé composé, idealiter ergänzt um Imparfait). Ab da sind wir aber in vieler Hinsicht im Kürbereich angekommen, bedenkt man das Hauptziel modernen Fremdsprachenunterrichts: Sprechen! Da geht es bei der Mehrheit unserer SuS (auch in der Sek.II) ja nicht darum, dass die Französisch (Englisch/Spanisch/Italienisch/Russisch/...) studieren wollen würden, sondern das sie, wenn sie im Ausland sind, kommunizieren und sich verständlich machen können. Dazu benötigt man- wenn wir mal eigene sprachliche Ansprüche beiseite schieben- zunächst eben weder einen subjonctif oder Konjunktiv oder Imperativ oder eine perfekte Rechtschreibung oder verschiedene sprachliche Register, nur basale Grammatik und Grundwortschatz (Hörverständnis und Sprechen, nicht Schreiben).tiger hat geschrieben: Noch ein Beispiel: In den modernen Fremdsprachen wird die Bewertung der sprachlichen Richtigkeit (Rechtschreibung und Grammatik) immer weiter zurückgefahren. Es geht nur noch darum, ob man verstehen kann, was gemeint ist. Ob ein Französischlerner im vierten Lernjahr in seinen Texten zwischen Präsenz und Futur, zwischen Indikativ und Konjunktiv oder zwischen Aktiv und Passiv unterscheiden kann, spielt damit keine Rolle mehr.
Dies gesagt, habe ich (vor allem bei meiner früheren Tätigkeit vor dem Ref) bereits zu viele Vokabelhefte korrigiert von SuS, denen in der GS beigebracht wurde "nach Gehör" zu schreiben (fatal, gerade in Französisch, wo Graphie und Aussprache oft enorm weit auseinandergehen und damit faktisch für Muttersprachler oft unidentifizierbare Silbensammlungen entstehen), um bei Rechtschreibfehlern ein Auge zudrücken zu können. Wenn man da den SuS Schreibaufgaben gibt, muss das Ziel korrekte Schreibweise und zunehmend korrekterer Satzbau sein, sonst sollte man es einfach lassen im Sinne des Fremdsprachenlernens (muahaha, ich höre gerade meinen alten Lateinlehrer im Öhrchen kichern und sage Salve Herr Metzger, danke, dass Sie mich ertragen haben während der Pubertät!).