zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
teacher
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zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von teacher »

Hallo,
die Korrekturenzeit hat noch nicht angefangen und ich hatte mal Lust wieder seit 9 Jahren in diesem Forum reinzuschauen, da ein Referendar bei uns neulich durchgefallen ist und ich schauen wollte, was man denn in der Situation so für Optionen hat... Jedenfalls habe ich mich durch 14 Seiten Posting zu dem Thema "zweimal durchgefallen- anderes Lehramt" "durchgearbeitet" und da ist mal wieder teilweise so viel Mist dabei und daher dachte ich, ich schreibe mal meine Geschichte auf -und weil viele Refs mit solchem Mist konfrontiert werden nach einem Durchfallen, wollte ich sogar ein neues Thema starten. (übrigens, was ist auch Teachlove geworden:-D?). Ist eigentlich in der falschen Kategorie, aber egal, es bezieht sich eigentlich auf einen Post weiter unten... Ist aber seeehr lang geworden:-D.

Klar, es gibt sicherlich Referendare, die zurecht durchgefallen sind. Ich hatte vor 9 Jahren auch über so eine Referendarin geschrieben. Die war unvorbereitet, fehlte ständig, große fachliche Lücken... Hat es beim zweiten Anlauf bestanden und bei dem damaligen Lehrermangel auch eine Stelle bekommen - ob sie dann die Probezeit bestanden hat, weiß ich nicht.

Jedenfalls, dieser Referendar der neulich durchgefallen war, war nicht soo schlecht. War jetzt nicht der beste, aber vor 9 Jahren wäre er mit dieser Leistung vermutlich durchgekommen... Ich selbst habe mein Referendariat vor der Anmeldung zur Prüfung abgebrochen - wenn man sich anmeldet, kommt man schwer aus dem Verfahren raus - zumindest war es damals in RLP so.

Ich musste mir von der Seminarleitung anhören, "noch nie" so eine schlechte Referendarin gesehen zu haben. Wir haben uns damals immer Stunden von Mitreferendaren - plus die dazugehörige Besprechung und Note . angeschaut. Ich war völlig verzweifelt als ich gesehen habe, dass so mittelmäßige Stunden richtig gut bewertet wurden, während meine Fehler meiner Meinung nach unglaublich hart bestraft wurden. Dann hat mir mein Fachleiter geraten, ich soll doch xy machen, die Seminarleiterin meinte, xy sei doch völlig verkehrt, könne man nicht machen, hätte der Fachleiter GANZ sicher nicht gesagt. Das sei ja gerade mein Problem, ich sei beratungsresistent, könne nicht richtig zuhören usw - dabei versuchte ich mit allen Mitteln ihnen alles recht zu machen und die Tipps umzusetzen. Aber wenn einer x sagt und der andere y, geht das halt nicht...

Da man auch beim ZWEITEN Versuch damals in RLP von den gleichen Fachleitern/Seminarleitern bewertet wurde wie beim ersten Mal, man nicht die Schule wechseln konnte usw, war mir schon nach kurzer Zeit klar: wenn ich bleibe, werde ich 100% zweimal durchfallen - Fachleiter war auch noch Lehrer an meiner Ausbildungsschule, furchtbar!

Ich hätte also zu den Leuten gehört, denen man hier so oft "bescheinigt", völlig ungeeignet für den Lehrerberuf zu sein.

Also bin ich samt kompletter Familie - Kinder 2 und 6 - nach England und habe mein Referendariat dort gemacht plus noch eine Weile dort gearbeitet.

Ich kam dann einige Jahre später zurück und mir wurde der englische Abschluss in NRW anerkannt und zwar mit der Note 1,4 - oder 1,6, weiß nicht mehr genau. Damit bekam ich in NRW sofort eine Stelle. Mittlerweile arbeite ich seit über 11 Jahren an der Schule, habe auch vor 2 Jahren eine A14 Beförderung auf Anhieb bekommen - es hatten sich natürlich mehrere Kandidaten auf diese Stelle beworben - und noch nie wirkliche Probleme gehabt, weder mit Eltern noch Schülern, Kollegen, Schulleitung.

Ich schätze niemand würde denken, dass ich beinahe durchgefallen wäre!
Ich wurde seit dem Ref sooo oft noch geprüft - in England z.B musste man sich auf eine Stelle bewerben, kriegte ein Thema mitgeteilt und durfte ca. 30 Min von einer völlig unbekannten Klasse unterrichten, hinten saßen Lehrer/Rektor/Schülervertreter - dann in Deutschland während der Probezeit, dann für die Beförderung - natürlich auch während des Refs in England... NIE wieder Probleme gehabt. Klar, hier und da kann man immer was meckern, aber alles noch im richtig guten Bereich.

Wenn ein Durchfaller hier sagt, er hat gute Vornoten gehabt oder dass andere ihm sagen, er würde doch als Lehrer was taugen, wird gleich hier unterstellt, er sei nicht kritikfähig, es könne ja nicht sein, dass einer der zweimal durchfällt, ein guter Lehrer wird, es werden nur die "gaaanz, gaaaanz unfähigen" aussortiert.

Oder dann behauptet einer, dass es eine Statistik gäbe, dass Leute mit schlechtem Examen häufiger dienstunfähig werden würden - also ich bin eine der KuK, die am seltensten fehlen (bin zum Glück nicht so oft krank) und das trotz 2 Korrekturfächern (dieses SJ 6 Korrekturkurse, 3 in der Oberstufe), 1 Klassenleitung und einer weiteren Koordinatorenstelle... Da meine Tochter studiert und ich sehr gerne reise, habe ich mich zusätzlich für mehrere Bereitsschaftsstunden eingetragen und werde zum Glück auch meistens -für mindestens 2 Vertretungsstunden pro Woche, manchmal mehr - eingesetzt. Gut, ich habe keine kleinen Kinder mehr aber trotzdem, ich bin nicht so gestresst wie viele KuK ohne Korrekturfächern UND ich bin in einer Ganztagsschule.

Gut, ich bin erst Anfang 40, vielleicht werde ich doch noch früher als andere dienstunfähgig, kann mich noch nicht so aus dem Fenster lehnen:-), aber bisher sieht es nicht danach aus, bisher habe ich pro Schuljahr max 2 Tage, manchmal gar keinen Tag gefehlt, außer 1 Woche nach einer OP...

Ich würde nicht sagen, dass ich eine super tolle Lehrerin bin, es gibt ganz bestimmt bessere, aber ich bin ganz ok. Meine Schüler haben gute Ergebnisse, ich bin ganz zufrieden, die Schüler auch denke ich. Sicherlich bin ich nicht so unfähig wie mein Seminar mir weismachen wollte... Mein Schulleiter kann sich auf mich verlassen, denn ich schreie viel zu häufig "hier" (habe deswegen auch noch den Fachschaftsvorsitz in beiden Fächern, bei den vielen Müttern mit kleinen Kindern muss es ja einer machen... ).

Ich will nicht arrogant klingen, aber ich bin nun mal sehr belastbar - Studium, Ref, Ausland mit 2 Kindern (sogar 2x, 1 x im Studium, 1x für Ref) haben mich geprägt... Ich denke, meine Schule kann mit mir ganz zufrieden sein:-).

Daher bin ich meinem Ausbildungsleiter sehr dankbar, der meinte, ich soll mich nicht unterkriegen lassen. Wenn man also diesen Ratschlag anderen Refis gibt, dann ist es nicht unbedingt "naiv" oder "dumm".

Klar, ich habe viel riskiert und es war teilweise unglaublich hart, aber ich habe auch viel gewonnen - und bin teilweise durch die Beförderung "weiter" als ehemalige Mitrefs mit viel besseren Noten - mir wurde neulich z.B auch eine Stelle als Fachberaterin im Schulamt "angeboten" bzw. nahegelegt mich zu bewerben, habe momentan aber keine Lust darauf.

Also Refis, manchmal ist es auch wirkich einfach unfair! Ich glaube ihr könnt es schon auch einigermaßen selbst einschätzen, ob die Kritik wirklich berechtigt ist oder nicht und ihr euch für den Beruf eignet oder nicht. Aber pauschal zu behaupten, Fachleiter würden nur Leute durchfallen lassen, die man nicht auf Kinder "loslassen" kann, ist völliger Schwachsinn!!! Ich bin zwar nicht die tollste und beste aber man kann mich wohl auf Kinder "loslassen". Habe schon zig Fahrten mitgemacht und unterrichte schließlich schon lange, ohne Probleme.

Klar, wenn man zweimal durchgefallen ist, kann man einfach leider kein Lehrer mehr werden - deswegen habe ich ja noch rechtzeitig die Reißleine gezogen - diese Option hat man so jetzt angesichts des drohenden Brexits nicht mehr , aber bestimmt andere... Aber selbst wenn ihr euch beruflich neu orientieren müsst, fühlt euch bitte nicht als "Versager". Wenn ihr glaubt, es war unfair, dann kann es durchaus sein. So eine Prüfungskommision kann sich auch irren!

Jedenfalls will ich mit meiner (sehr langen) Geschichte allen Refis Mut machen! Bloß weil ihr 1-2 mal durchgefallen seid, heißt es noch laaange nicht, dass ihr schlechte Lehrer seid!! Manchmal ist man nicht geeignet, aber oft entwickelt man sich auch im Laufe der Zeit, gerade wenn wirklicht unterrichten will und einem die Schüler wichtig sind.
Achso, in England hatte ICH keine Probleme zu bestehen, aber eine gute Freundin. Die hat dann an unserer damaligen Schule abgebrochen, nachdem der "head of department" ihr gesagt hat, dass sie die Probezeit nicht bestehen wird - und das ist, wie hier und Deutschland, äußerst selten. Also hat sie die Probezeit an einer anderen Schule zu Ende gemacht und ist auch seit vielen Jahren glückliche Lehrerin.

Manchmal hat vielleicht so ein Tiefpunkt im Leben auch was Positives - bei mir auf jeden Fall - meine Tochter kann noch super Englisch, mein Mann hat in England einen nur 1 jährigen, kompakten Master gemacht, damit hier in Deutschland schneller einen Job bekommen als wenn er sein Diplom hier zu Ende gemacht hatte - und konnte aufgrund seiner zusätzlichen Englischkenntnisse auch in seiner Firma super Karriere machen. Ich hätte niemals gedacht, dass es uns nach den ganzen Tiefpunkten so gut gehen wird! Ich hoffe, dass meine Geschichte euch Mut macht manchmal einen Neuanfang zu wagen und verliert nicht euer Selbstvertrauen!!

Übrigens, ich habe weder Zeit noch Lust auf eine Diskussion, deswegen braucht auch keiner wirklich antworten und rumstänkern oder auf Rechtschreibfehler hinzuweisen - ich werde es eh nicht lesen:-D! Und wenn ich jetzt arrogant rüberkomme, auch egal:-).

Ich stehe dazu: ich war ganz sicher nicht die "schlechteste Referendarin", die meine kurz vor der Pensionierung stehende Seminarleiterin, "je in ihrem Leben" gesehen hat. Das war Mobbing und Schikane... Man kann leicht sagen, ja, ich würde ja nur die Schuld "bei anderen" sehen. Ja, ich sehe die Schuld tatsächlich bei dem Seminar. Denn wie sonst hätte ich 15 Jahre Berufsleben ohne jegliche Probleme überstanden, in welchen ich von vielen Seiten eine positive Rückmeldung bekommen habe? (übrigens war der SJ, der mich bei der Probezeit bewertet hat, auch ein anderer als der bei der Beförderung, der Stellvertreter war natürlich auch dabei... Also mich haben wirkich SEHR viele Leute in der Zwischenzeit bewertet, ich hatte zig Referendare in meinem Unterricht... Hätte ich so einen miserablen Ruf, würden die Refis nicht zu mir kommen schätze ich...).

Wenn jemand in der Privatschule erfolgreich arbeitet und genauso wie ich behauptet, trotz des endgültigen Durchfallens sei er noch ein ganz guter Lehrer und alle seien zufrieden, heißt es gleich "oh, Privatschule, da kommen die ganzen Versager hin" (was bestimmt nicht stimmt).

Guess what, ich bin an einer staatlichen Schule! Ja, ich bin natürlich nicht wirklich zweimal durchgefallen, aber NUR, weil ich gegangen bin. Wäre ich geblieben, wäre ich 100% zweimal durchgefallen, ich bin mir absolut sicher!! Ansonsten hätte ich doch nicht meine Familie nach England geschleppt, Kredit (bei meinen Eltern:-)) aufgenommen usw, wäre ich nicht ganz sicher gewesen, dass ich absolut keine Chance habe, meinen Traumberuf hier jemals auszuüben wenn ich "einfach" weitermache - es gab auch einen riesen Streit mit meinem Mann z.B, weil er schon während seines Erststudiums mit mir ins Ausland gegangen ist und deswegen da Schwierigkeiten gehabt hatte und eigentich jetzt sein Zweitstudium durchziehen wollte - konnte er dann doch in England machen, aber ist eine andere Geschichte!

Wäre ich geblieben, wäre ich durchgefallen. Und jetzt arbeite ich seit vielen Jahren erfolgreich an einer STAATLICHEN Schule! Das würde ich gerne meinen ehemaligen Seminar- und Fachleitern mal sagen - aber gut, ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen, aber gut, ich habe mein Ref-Trauma schon lange überwunden:-).

Ich wollte daher Leuten Mut machen, die gerade jetzt in dem Tief stecken wie ich vor so ca. 15 Jahren. Ja, es gibt extrem schlechte Referendare aber wenn jemand - wie teilweise in dem Post weiter unten - behauptet, Eltern/Schulleiter seien zufrieden gewesen, Vornoten hätten gestimmt, die Beziehung zu den Kindern stimme usw. und TROTZDEM durchgefallen ist - kann man das auch ruhig glauben, ohne jetzt "Realitätsferne" oder "Kritikunfähigkeit" zu unterstellen! Es gibt ganz bestimmt Refs, die (endgültig) durchgefallen sind und (wesentlich) besser sind als Refs, die dann doch bestanden haben! Also wenn ich den Ref der neulich bei uns durchgefallen ist mit der Frau vergleiche, die vor 9 Jahren im zweiten Anlauf bestanden hat, es liegen WELTEN dazwischen. Daher hoffe ich natürlich, dass der Ref bei uns es im zweiten Anlauf schafft...

Maximer
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Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von Maximer »

teacher hat geschrieben: Wenn ein Durchfaller hier sagt, er hat gute Vornoten gehabt oder dass andere ihm sagen, er würde doch als Lehrer was taugen, wird gleich hier unterstellt, er sei nicht kritikfähig, es könne ja nicht sein, dass einer der zweimal durchfällt, ein guter Lehrer wird, es werden nur die "gaaanz, gaaaanz unfähigen" aussortiert.

Es gibt ganz bestimmt Refs, die (endgültig) durchgefallen sind und (wesentlich) besser sind als Refs, die dann doch bestanden haben! Also wenn ich den Ref der neulich bei uns durchgefallen ist mit der Frau vergleiche, die vor 9 Jahren im zweiten Anlauf bestanden hat, es liegen WELTEN dazwischen. Daher hoffe ich natürlich, dass der Ref bei uns es im zweiten Anlauf schafft...
Sehr interessanter Beitrag teacher!

Ich stimme dem auch zu, was du sagst. Es ist doch so, dass die Leute vor dem Referendariat meistens schon gezeigt haben, dass sie für den Lehrerberuf taugen. Sie haben ein Studium durch und mindestens ein großes Praktikum bestanden (wo man schon durchfallen kann).

Wenns dann doch im Ref schief läuft, hängen meistens verschiedene Sachen mit dran. Da harmoniert es zwischenmenschlich oft nicht, das kann mit für ungünstige Verläufe ursächlich sein. Nicht umsonst klappt es nach Wechseln von Schule/Mentor meistens wieder, wo es vorher aussichtslos schien. Leider ist das mit dem Wechsel nicht so einfach, wie ich bei einem Freund mitbekommen habe. Der musste sein Ref unterbrechen und ist im Moment krank geschrieben bis auf Weiteres, weil es bei ihm auch so war, dass man ihn rausschieben möchte.

Problem ist die Selektion, die stattfinden muss. Es trifft immer welche, die schlecht sein müssen und einige wenige Leute, die durchfallen müssen. Sonst heißt es, dass die Ausbildung an Seminar XY jeder schafft, denn da fällt ja keiner durch...

Finde es auch schade, dass jeder die Ausbildung verteidigt und die Meinung von Reffis kaum etwas zählt. Wer meckert oder klagt, hält halt nichts aus und taugt für den Job nicht, nimmt Kritik nicht an und kann sich nicht reflektieren. Immer dasselbe, was man da mitbekommt.

Dein Weg ist ein super Vorbild. Rechtzeitig die Reißleine ziehen und nicht aufgeben, sich nicht den Traumberuf von wenigen überheblichen Ausbildern kaputt machen lassen, die einen erwachsenen Menschen demütigen und kaputt reden. Auch Pädagogen können richtig eklig sein. Wissen wir alle. Ausbilder sind auch nur Menschen.

Daumen hoch für deinen Werdegang! :)

Maximer

Jméno
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Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von Jméno »

Maximer hat geschrieben:Wenns dann doch im Ref schief läuft, hängen meistens verschiedene Sachen mit dran. Da harmoniert es zwischenmenschlich oft nicht, das kann mit für ungünstige Verläufe ursächlich sein.
Das!

Natürlich ging es Lebensumstände, die Scheitern begünstigen, oder Persönlichkeitsstrukturen, mit denen sich zwar ein Studium, nicht aber ein Lehreralltag – und erst recht kein Referendariat – erfolgreich bestehen lässt. Wer jemals ein paar Generationen Reffis hat verfolgen dürfen, wird wissen, dass nicht alle für den Job vor der Klasse gemacht sind.

Aber es kommt eben durchaus auch vor, dass es zwischenmenschlich nicht passt – das war bei mir genauso. Ich war schon im Studium politisch aktiv gewesen und saß während meines Refs noch im Landesvorstand der entsprechenden Jugendorganisation (es geht im meinem Fall um die FDP/die JuLis – muss man keineswegs gut finden, ist aber auch weder NPD noch DKP). Meine Ausbilderin in Fach 1 war zwar offiziell nicht parteigebunden, hatte aber klare Standpunkte und Verbindungen zu Attac. Könnte man professionell drüber stehen, tat sie aber nicht, weil unser Verhältnis nach einem Zeitungsartikel direkt in den Keller ging. Ich habe mich seither anschreien lassen (»Die Schüler erkennen nicht, sie i-den-ti-fi-zieren!«), schikanieren lassen (»Die Examensreihe genehmige ich Ihnen erst, wenn Sie die Überschrift für Stunde Y anpassen… Tja, dann müssen Sie wohl für meine Unterschrift vor dem Unterricht die 45 km zu mir und weitere 45 km wieder zurück fahren!«) und persönlich angehen lassen (»So jemand wie Sie sollte gar nicht in eine Klasse dürfen« und dann verklausuliert, dass nur rot oder grün wählende Lehrkräfte für SuS zuträglich seien). Meine Examensstunde in dem Fach war 06 Punkte wert.

Einige Jahre später wählte mich die Schülervertretung zum Vertrauenslehrer. Noch ein paar Jahre später stand ich auf einer Bühne und wurde mit dem Deutschen Lehrerpreis ausgezeichnet. Ganz schlecht scheine ich mich also im Alltag nicht zu schlagen.

Dennoch: Es wäre eine Lüge zu sagen, mein ganzes Referendariat sei Scheiße gewesen. Denn natürlich gab es da noch die Ausbilderin für Fach 2. Es gab in diversen anderen Modulen diverse andere Ausbilder.

Deswegen finde ich es absolut legitim, bei hier vorgetragenen Beschwerden nachzufragen, wie denn die Gesamtlage aussieht – denn die wird im ersten Impetus, sich auszukotzen oder auszuheulen eben vollkommen menschlich und normal nicht immer vollumfänglich mitgeteilt. Also sollte man nachhaken: Handelt es sich um menschliche Probleme mit einem Fachleiter oder einem Schulleitungsmitglied? Oder steht da möglicherweise doch eine einzelne Selbstwahrnehmung gegen alle Ausbilder und gegen die erfahrenen Kollegen? Auch im Referendariat gilt doch: Wenn alle dir auf der falschen Spur entgegenkommen, bist wahrscheinlich du der Geisterfahrer.

In diesem Sinne finde ich es auch übermäßig zugespitzt, wenn teacher schreibt:
Wenn ein Durchfaller hier sagt, er hat gute Vornoten gehabt oder dass andere ihm sagen, er würde doch als Lehrer was taugen, wird gleich hier unterstellt, er sei nicht kritikfähig, es könne ja nicht sein, dass einer der zweimal durchfällt, ein guter Lehrer wird, es werden nur die "gaaanz, gaaaanz unfähigen" aussortiert
– Weil das zumindest bei mir so ankommt, als sei jede Nachfrage sofort von dem Drang getrieben, Reffis niederzumachen, sich mit Ausbildern zu solidarisieren und einem jedem oder einer jeden mit Problemen nachzuweisen, es liege an ihm oder ihr. Wenn ehrliche Beratung erfolgen soll und nicht nur die virtuelle Version des tröstenden Über-die-Haare-Streichelns, das keinem wirklich weiterhilft, dann ist es sinnvoll, nach dem noch nicht Mitgeteilten zu fragen und die Möglichkeit, dass es eben doch am Reffi statt an der bösen Welt liegt, nicht von vorn herein auszuschließen. – Dass manche aber bei dieser kritischen Nachfrage auch den richtigen Ton nicht mehr treffen: Geschenkt. Dass ich diesen richtigen Ton immer treffe, will ich ja nicht mal von mir selber behaupten.
…он је метафора, начин живота, угао гледања на ствари!

MarlboroMan84
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Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von MarlboroMan84 »

Referendare die zweimal durchfallen, haben meiner Erfahrung nach häufig einen Mangel an Kritikfähigkeit in Kombination mit Beratungsresistenz und eine unterschiedliche Fremd- und Eigenwahrnehmung.

Maximer
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Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von Maximer »

MarlboroMan84 hat geschrieben:Referendare die zweimal durchfallen, haben meiner Erfahrung nach häufig einen Mangel an Kritikfähigkeit in Kombination mit Beratungsresistenz und eine unterschiedliche Fremd- und Eigenwahrnehmung.
Aus Sicht der Prüfer stimmt das so. Niemand nimmt es einfach so hin, wenn man ihm nach vielen Jahren Ausbildung erklärt, dass man wegen 2 missglückten Prüfungsstunden für den Job nicht taugt.

Das mit dem "Mangel an Kritikfähigkeit" etc. sind halt die üblichen Beamten-Phrasen. Ob es so war oder anders... Vorverurteilungen in die eine wie andere Richtung bringen doch nichts.

Man braucht auch nicht so viel Fantasie, um sich ein Szenario vorzustellen, wo schwierige Menschen einen in Ungnade gefallenen Referendar prüfen und das seinen "Verlauf" nimmt. Fälle gibts laut Google genug, wo Prüfungen komisch verliefen und hinterher erfolgreich dagegen gerichtlich vorgegangen wurde.

Der Faktor Mensch ist in unserem Job ebend sehr groß.

Jula13
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Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von Jula13 »

Ich erinnere mich an drei Personen, die zweimal und damit endgültig durch die Examensprüfung gefallen sind. Allen dreien hätte ich auch nach Bestehen nicht geraten, im Schuldienst zu bleiben. Klar gibt es ungünstige Konstellationen, in denen ein fähiger Mensch unter die Räder gerät. Aber die Regel ist das nicht.

schotti
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Re: zweimal durchgefallen = schlechter Lehrer??

Beitrag von schotti »

Jméno hat geschrieben:
Deswegen finde ich es absolut legitim, bei hier vorgetragenen Beschwerden nachzufragen, wie denn die Gesamtlage aussieht – denn die wird im ersten Impetus, sich auszukotzen oder auszuheulen eben vollkommen menschlich und normal nicht immer vollumfänglich mitgeteilt. Also sollte man nachhaken: Handelt es sich um menschliche Probleme mit einem Fachleiter oder einem Schulleitungsmitglied? Oder steht da möglicherweise doch eine einzelne Selbstwahrnehmung gegen alle Ausbilder und gegen die erfahrenen Kollegen? Auch im Referendariat gilt doch: Wenn alle dir auf der falschen Spur entgegenkommen, bist wahrscheinlich du der Geisterfahrer.
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Ich glaube, du hast den Beitrag der Themenstarterin falsch interpretiert. Es ging ihr gar nicht ums Auskotzen, sondern es ist sachliche Kritik.

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