Was tun bei "Weiß nicht" als Antwort?

Fragen & Antworten zu didaktischen Problemen, methodische Kniffe für den nächsten Unterrichtsbesuch usw.
Stark
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Registriert: 30.05.2013, 1:23:20

Re: Was tun bei "Weiß nicht" als Antwort?

Beitrag von Stark »

Angst entsteht beim Schüler nicht dadurch, dass er jederzeit vom Lehrer angesprochen/gefragt werden kann. Auch nicht dadurch, dass er jede Stunde (evtl. sogar an der Tafel) abgefragt werden kann. Angst entsteht durch den generellen Umgang des Lehrers mit den Schülern.

Ich frage in jeder Klassenstufe zu Beginn jeder Stunde Vokabeln an der Tafel ab. Ohne Ausnahme. Die Schüler hassen das am Anfang, erstens weil sie dadurch gezwungen sind, ihre Vokabeln zu lernen und zweitens durchaus, weil sie die Situation als unangenehm empfinden.
Und dann lernen sie aber, dass ihnen im Prinzip nicht viel passiert. Eine schlechte Note in der Vokabelabfrage ist eine von vielen mündlichen Noten, die ich pro Halbjahr mache, so dass sie das leicht ausgleichen können. Und sie erleben, dass auch andere Schüler mal blank vorne stehen, dass sie also nicht "der Idiot" sind, wenn ihnen das passiert. Und sie erleben meinen wertschätzenden, freundlichen, professionellen Umgang mit unvorbereiteten Schülern.
Das hat mit dem Holzhammerargument "Schwarze Pädagogik" nichts zu tun.

In Feedbackbögen in den höheren Klassen und in persönlichen Gesprächen mit Schülern bekomme ich regelmäßig das Feedback, dass die regelmäßigen Abfragen sie dazu gebracht haben, regelmäßig ihre Vokabeln zu lernen und dass sie in Arbeiten durchaus auch selbst merken, wie ihnen der größere Wortschatz hilft. Sie teilen mir auch mit, dass sie bei Kollegen, die das nicht oder nicht so konsequent durchziehen, mit den Vokabeln eher geschludert haben.
Mit anderen Worten: Sie sind mir dankbar.
Und ja, ich bin der festen Überzeugung, dass es auch Aufgabe der Schule ist, den Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, dass gelegentliches Nicht-Wissen und gelegentliche Niederlagen keine Tragöide sind und nichts über sie als Person aussagen. Und das können sie nicht lernen, wenn man sie in Watte packt.

Auf dem ersten Elternabend in der fünften Klasse sage ich den Eltern übrigens recht deutlich, dass die meisten Schüler, die auf dem Gymnasium gelandet sind, vermutlich in der Grundschule kaum oder gar keine schlechten Noten hatten, dass sie aber mit Sicherheit im Laufe ihrer weiteren Schullaufbahn auch mal schlechte Noten (5en und 6en) bekommen werden. Und ich fordere sie auf, das nicht als Katastrophe zu sehen und das Kind, wenn es selbst deswegen am Boden ist, lieber stützen und aufbauen sollen. Ich habe damit in fast 20 Berufsjahren noch keine schlechte Erfahrungen gemacht und auch hier ist die Rückmeldung der Eltern eher dankbar.

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