Grundschullehrer fodern Gymnasiallehrergehalt

Umfrage und Diskussion über das aktuellste schulpolitische Thema
Antworten
MacGuffin
Beiträge: 79
Registriert: 29.12.2011, 13:21:31
Wohnort: Bayern/Gym

Re: Grundschullehrer fodern Gymnasiallehrergehalt

Beitrag von MacGuffin »

off-topic, aber ich wünschte ich würde nicht jedesmal, wenn ich hinschaue, die Threadüberschrift als "GrundSCHÜLER fordern Gymnasiallehrergehalt" lesen.

zottelzora
Beiträge: 0
Registriert: 18.01.2012, 8:53:13

Re: Grundschullehrer fodern Gymnasiallehrergehalt

Beitrag von zottelzora »

Okay, ich habe mal die ersten Seiten gelesen und schmeiß mich mal dazwischen...heut mittag zwischen Zeugnissen und Elternabend versuche ich dann mal alles zu lesen.

Was ich nun am häufigsten gelesen habe, war der Satz "das wusste man doch schon zuvor" und der Vergleich der Korrekturzeit.

Sorry, aber mein Berufsalltag besteht aus sehr viel Korrekturarbeit, weil man in der GS natürlich diagnostisch ziemlich detailliert und genau arbeiten muss - und das mit jedem Arbeitsblatt, mit jeder praktischen kleinen Handlung, die die Kinder aufzeigen, nicht zuletzt um das im ausführlichen Verbalteil der Zeugnisse auch belegen zu können. Schon mal an das Schreiben der Zeugnisse in der GS gedacht? Letztendlich finde ich diese Vergleiche im Endeffekt etwas hinkend, denn der Aufwand, der mit Klassenleitung einer Grundschulklasse mit allem was an Vernetzung dazu gehört, mit Förderplänen, Gutachten, Diagnosen, Korrekturen, Unterrichtsplanung (auch praktisch-handwerklich) und dem Erwerb und Erstellung von gutem sowie differenzierendem Material, den Anspruch der Integration und Inklusion sowie den unterschiedlichen Niveaus in Klassenarbeiten (und zwar bereits bei der Erstellung zu bedenken), und so weiter...Der Arbeitsaufwand ist bestimmt nicht weniger!!!! Er ist vielleicht anders, wenn ich eine Klassenarbeit in Mathematik oder Sachunterricht korrigiere, kann ich mich natürlich nicht mit einer LK-Kursarbeit gleichstellen, aber man vergleiche mal Masse und Menge und Anzahl...Den Arbeitsaufwand lege ich als Begründung ad acta.

Was das Studium angeht, ich finde es nicht sinnig das Mehrgehalt mit der Wissenschaftlichkeit des Studiums zu begründen, vor allem dann nicht, wenn immer wieder betont wird, wie wenig das Studium auf die Praxis vorbereitet. Wenn man sich bei den Studiengängen umschaut, wird einem Auffallen, dass der Anspruch/ Schwierigkeitsgrad der fachlichen Inhalte nicht proportional zu den Gehältern steht. Ja, und warum das die Grundlage für die spätere Arbeit sein soll, ist mir ein Rätsel. Wenn es nicht noch mehr untragbare Konsequenzen nach sich ziehen würde, plädierte ich dafür aus GS-Lehrer einen Ausbildungsberuf zu machen, denn training on the job ist hier das Beste, die fachlichen Inhalte könnte man in Blöcken lernen.

Zuletzt zum "das wusste man vorher". Nur weil die Ungerechtigkeiten schon immer bestehen, heißt das nicht, dass man sie akzeptieren muss. Insbesondere in Hinblick darauf, was man als angestellter GS-Lehrer verdient und wie die Chancen auf Beamtung im Vergleich zum Gymnasialkollegen stehen, ist hier eine klare Ungerechtigkeit zu erkennen. Übrigens gilt das auch für die Kollegen der Realschulen+ (insbesondere ehemalige HS-Lehrer).

Ich plädiere für eine Angleichung, ja, für alle Lehrer. Und man kann sich beim Gehalt auch gern in der Mitte zwischen Anstellung und Verbeamtungssold treffen.

Galtung
Beiträge: 36
Registriert: 07.12.2010, 20:50:20

Re: Grundschullehrer fodern Gymnasiallehrergehalt

Beitrag von Galtung »

zottelzora hat geschrieben:
> Und man kann sich beim Gehalt auch gern in der Mitte zwischen Anstellung und Verbeamtungssold treffen.
Wirklich durchdacht ist das nicht. An Berufsschulen und -zumindest in bestimmten Fächern- auch im Bereich der Sek. I mangelt es an Lehrern. Die von dir vorgeschlagene Angleichung nach unten würde deren Beschäftigungsbedingungen weiter verschlechtern. Ob das ein probates Mittel ist um dem bestehenden Mangel entgegenzuwirken, darf bezweifelt werden.
Durch diese Form der Angleichung würde gleichzeitig ein Lehramt, für das ohnehin schon deutlich über dem Bedarf ausgebildet wird, zusätzlich aufgewertet. Mit der Folge, dass in Zukunft noch mehr ausgebildete Grundschullehrer ohne feste Stelle dastehen.

chrisy
Beiträge: 716
Registriert: 12.11.2009, 18:49:50
Wohnort: Ba-Wü / GWRS

Re: Grundschullehrer fodern Gymnasiallehrergehalt

Beitrag von chrisy »

"Wenn es nicht noch mehr untragbare Konsequenzen nach sich ziehen würde, plädierte ich dafür aus GS-Lehrer einen Ausbildungsberuf zu machen, denn training on the job ist hier das Beste, die fachlichen Inhalte könnte man in Blöcken lernen."

Besser nicht, wenn man bedenkt, dass bis heute noch nicht alle Lehrer die neue Rechtschreibung verinnerlicht haben. Gerade im GS-Bereich ist fachliches Verständnis besonders wichtig. Schlechte GS-Lehrer sind eine Katastrophe, schlechte Lehrer an weiterführenden Schulen kann man wegstecken, wenn man das Lernen bereits frühzeitig gelernt hat.

wawi
Beiträge: 15
Registriert: 17.12.2009, 10:44:05

Re: Grundschullehrer fodern Gymnasiallehrergehalt

Beitrag von wawi »

[quote="zottelzora"]Okay, ich habe mal die ersten Seiten gelesen und schmeiß mich mal dazwischen...heut mittag zwischen Zeugnissen und Elternabend versuche ich dann mal alles zu lesen.

Was ich nun am häufigsten gelesen habe, war der Satz "das wusste man doch schon zuvor" und der Vergleich der Korrekturzeit.

Sorry, aber mein Berufsalltag besteht aus sehr viel Korrekturarbeit, weil man in der GS natürlich diagnostisch ziemlich detailliert und genau arbeiten muss - und das mit jedem Arbeitsblatt, mit jeder praktischen kleinen Handlung, die die Kinder aufzeigen, nicht zuletzt um das im ausführlichen Verbalteil der Zeugnisse auch belegen zu können. Schon mal an das Schreiben der Zeugnisse in der GS gedacht? Letztendlich finde ich diese Vergleiche im Endeffekt etwas hinkend, denn der Aufwand, der mit Klassenleitung einer Grundschulklasse mit allem was an Vernetzung dazu gehört, mit Förderplänen, Gutachten, Diagnosen, Korrekturen, Unterrichtsplanung (auch praktisch-handwerklich) und dem Erwerb und Erstellung von gutem sowie differenzierendem Material, den Anspruch der Integration und Inklusion sowie den unterschiedlichen Niveaus in Klassenarbeiten (und zwar bereits bei der Erstellung zu bedenken), und so weiter...Der Arbeitsaufwand ist bestimmt nicht weniger!!!! Er ist vielleicht anders, wenn ich eine Klassenarbeit in Mathematik oder Sachunterricht korrigiere, kann ich mich natürlich nicht mit einer LK-Kursarbeit gleichstellen, aber man vergleiche mal Masse und Menge und Anzahl...Den Arbeitsaufwand lege ich als Begründung ad acta.

Was das Studium angeht, ich finde es nicht sinnig das Mehrgehalt mit der Wissenschaftlichkeit des Studiums zu begründen, vor allem dann nicht, wenn immer wieder betont wird, wie wenig das Studium auf die Praxis vorbereitet. Wenn man sich bei den Studiengängen umschaut, wird einem Auffallen, dass der Anspruch/ Schwierigkeitsgrad der fachlichen Inhalte nicht proportional zu den Gehältern steht. Ja, und warum das die Grundlage für die spätere Arbeit sein soll, ist mir ein Rätsel. Wenn es nicht noch mehr untragbare Konsequenzen nach sich ziehen würde, plädierte ich dafür aus GS-Lehrer einen Ausbildungsberuf zu machen, denn training on the job ist hier das Beste, die fachlichen Inhalte könnte man in Blöcken lernen.

Zuletzt zum "das wusste man vorher". Nur weil die Ungerechtigkeiten schon immer bestehen, heißt das nicht, dass man sie akzeptieren muss. Insbesondere in Hinblick darauf, was man als angestellter GS-Lehrer verdient und wie die Chancen auf Beamtung im Vergleich zum Gymnasialkollegen stehen, ist hier eine klare Ungerechtigkeit zu erkennen. Übrigens gilt das auch für die Kollegen der Realschulen+ (insbesondere ehemalige HS-Lehrer).

Ich plädiere für eine Angleichung, ja, für alle Lehrer. Und man kann sich beim Gehalt auch gern in der Mitte zwischen Anstellung und Verbeamtungssold treffen.[/quote]

Also ich sehe das mit dem Arbeitsaufwand anders. Mag aber auch damit zusammenhängen, dass ich an einer Berufsschule bin. Bei uns hat man mindestens 2 Klassen als Klassenlehrer (durch den Teilzeitunterricht gibt es ja mehr Klassen als Lehrer an der Schule). Zwar hat man kaum noch Elternkontakt, dafür aber dann Kontakt mit Betrieben und bei 2-3 Klassen gibt es viel organisatorisches zu regeln und einen ganzn Stapel Zeugnisse zu schreiben.

Außerdem haben wir durch die geringe Stundenzahl (oft nur 2 Stunden) in den Klassen extrem viele Schülerinnen und Schüler. Da mag es zwar sein, dass man weniger diagnostiziert als ein Kollege in der Grundschule, aber die Masse macht es dann halt. Und an Klassenarbeiten mangelt es dank der vielen Klassen auch nicht. Wenn man dann noch eine Sprache hat, kommt man aus dem Korriegieren nicht mehr raus. Meine Kollegen und ich sind in den Herbst-, Weihnachts- und Osterferien am Dauerkorrigieren. Ich habe mich noch vor den Weihnachtsferien mit zwei Grundschullehrerinnen unterhalten: Die sagten beide: Das ist das Schöne an der Grundschule, die Arbeiten sind schnell durchkorrigiert und ich habe meinen Schreibtisch frei und kann die Ferien genießen. ICh hatte die Deutscharbeiten der Jahrgangsstufe 12 auf meinem Schreibtisch. Die 25 Schüler/innen hatten 4 Schulstunden Zeit, ihre Arbeit zu schreiben, entsprechend viel hatte ich zu lesen. DIe 11er hatte ich zum Glück vor den Ferien soweit durchkorrigiert, dass ich nur noch 2 Ferientage für die 11er verwenden musste. Und Abi oder Fachabiarbeiten zu korrigieren ist auch ein ordentlicher Korrekturaufwand. Hinzu kommen dann noch die Zweitkorrekturen. Den Spaß hatte ich dann nach den Weihnachtsferien, da musste ich für eine Kollegin die Zweitkorrektur machen. Im Mai steht dann die Korrektur meiner Klasse plus Zweitkorrektur für eine Kollegin und die Korrektur einer Prüfung im Schwerpunktfach in zwei Klassen plus Zweitkorrektur an.

Wenn mal gerade keine Klassenarbeiten anstehen, sind Prüfungsvorschläge zu erstellen etc.
Man sieht also: Auch wenn vielleicht nicht mehr ganz so viel diagnostiziert wird, etc. die Arbeitsbelastung in Sachen Korrektur ist enorm. Und die Unterrichtsvorbereitung bei uns an der Schule besteht auch nicht darin, einfach Bücher aufzuschlagen, sondern zu allem werden Handlungssituationen verfasst, die die vollständie berufliche Handlung abbilden sollen und die finden sich nur selten in irgendwelchen Büchern. Da sitzt man manchmal ewig dran. Und wenn man Legastheniker in der Klasse hat, dann müssen auch wir Förderpläne schreiben. Und Differenzierung ist auch in der Berufsschule angesagt, manchmal hat man Umschüler mit Hauptschulabschluss, Realschüler, Abiturienten und sogar Leute mit abgeschlossenem Studium in einer Klasse sitzen.

Bohnese
Beiträge: 0
Registriert: 13.03.2012, 10:30:38
Wohnort: Hessen/ Gymnasium/ Physik & Biologie

Re: Grundschullehrer fodern Gymnasiallehrergehalt

Beitrag von Bohnese »

Ich geb auch mal meinen Senf dazu! Bin / werde Gymnasiallehrer und habe viele Lehrer der verschiedensten Schulformen in Freundeskreis und Familie!

Wenn man versucht die verschiedenen Lehrämter (L1-L5) miteinander zu vergleichen, dann hat man schon einiges nicht verstanden und vergleicht scheinbar Äpfel mit Birnen. Grundsätzlich gibt es meiner Meinung nach keinen Grund, warum verschiedene Lehrämter, verschiedene Gehälter erhalten sollten. Hat doch jedes Lehramt seine ganz eigenen Herausforderungen.

In Deutschland wird das Gehalt scheinbar nach dem Studienaufwand berechnet, der ja bei Gymnasiallehrern zeitlich gesehen größer ist als bei L1 und L2! Ganz hart trifft es meiner Meinung nach eine andere Beamtengruppe, die Polizisten (nur so nebenbei). Da hatte ich auch schon einige Diskussionen mit Freunden, die es aber auf den Punkt gebracht haben: Polizisten haben keine akademische Ausbildung und werden daher auch nicht so gut bezahlt wie Lehrer!

Gemessen an der Ausbildungszeit (Studium und Lehrerausbildung eingeschlossen) werden Gymnasiallehrer immer noch am besten bezahlt! Auch Dozenten an der Uni (Akademischer Rat, Doktoren) oder auch Professoren (auch wenn mich einige jetzt dafür hassen werden) verdienen meiner Meinung nach gemessen an ihrer Ausbildungszeit noch am wenigsten von allen! Welche finanzielle Durststrecke man hinter sich hat, bis man ein W1-Gehalt verdient, ist unter aller Kanone (gemessen an der Ausbildungszeit) und wird gerne mal vergessen!

ABER...
und das pauschalisiere ich mit gutem Gewissen,
gemessen an der Ausbildungsdauer, verdient man in den Lehrberufen allgemein in Deutschland meiner Meinung nach zu wenig!

...damit schließe ich diesen Kommentar mit einem Zitat ab:
"Das Schicksal einer Gesellschaft wird dadurch bestimmt, wie sie ihre Lehrer achtet."
(Karl Jaspers)

armes schulmeisterlein

Re: Grundschullehrer fodern Gymnasiallehrergehalt

Beitrag von armes schulmeisterlein »

Hat einer der hochwissenschaftlichen Kollegen schon einmal bedacht - oder sich zurück erinnert - welche hoch komplexen Prozesse bei Schülern der Klasse 1 ablaufen? Da ist die Quantenmechanik ein Klacks dagegen.

Die Schüler lernen, sich in ein geordnetes Lernsystem einzufügen, sie lernen, wie Sprache in Zeichen übersetzt wird, wie man Mengen gruppiert und wie man seltsame Zeichen dekodiert und in Zungenbewegungen und Luftströme der Lunge umsetzt.

Auf Kindergartendeutsch: Sie werden eine Klasse, lernen schreiben, rechnen und lesen.

Die Leute, die Ihnen das in einem Jahr beibringen, sind Helden.

Antworten