Referendariat "verdauen"

Du hast positive Erfahrungen mit dem Referendariat? Du hast es endlich geschafft und weißt nun, dass sich das Durchhalten gelohnt hat? Erzähl davon!
Tranquillitas
Beiträge: 34
Registriert: 09.11.2011, 23:15:36

Referendariat "verdauen"

Beitrag von Tranquillitas »

Hallo!

Nun habe ich es auch geschafft: das Referendariat.

Es war alles in allem eine durchwachsene Zeit mit Sonnenschein (anfangs) und viel Regen, Gewitter und Stürmen (gegen Ende)... gerade die letzten drei Monate waren für mich besonders schlimm. Während zuvor wenig Kritik kam, die ich immer gut verstehen und umsetzen konnte, hing die Messlatte in den letzten Wochen irgendwo ganz weit oben, wo ich sie nicht mehr erkennen konnte, geschweige denn, erreichen.

Mittlerweile kann ich jeden Referendar verstehen, der das Ref als "schlimmste Zeit des Lebens" bezeichnet. :(

Gerade die Abschlussstunden waren für mich die Hölle. Ich kam mir ein bisschen vor wie in einem Horrorfilm, alles, aber auch wirklich alles wurde kritisiert, sogar klitzekleine Kleinigkeiten, von denen ich nicht einmal wusste, dass man die falsch machen kann. :?
Tolle Ausbildung.

Alles in allem fühle ich mich trotz des bestandenen Refs absolut mies und schlecht. Ich habe eine ziemliche Wut auf meine Ausbilder, die mir erst vermittelten, dass alles in Ordnung sei und dann die Ansprüche auf einmal ins Unfassbare stellen.
Tolle Ausbildung. Sehr pädagodisch.

Ich frage mich, wie lange man in etwa braucht, um so ein "Trauma" zu verdauen? Wie kann man das am besten vergessen?

Spiele sogar mit dem Gedanken, den Lehrerberuf an den Nagel zu hängen. Das Ref hat mir insgesamt betrachtet die Lust am Unterrichten genommen. Auch das Selbstvertrauen, vor einer Klasse zu stehen, das ich zu Beginn durchaus hatte, ist irgendwie abhanden gekommen.

Würd mich freuen, wenn ihr mir eure Meinung dazu schildert!

T.

historikerin74
Beiträge: 144
Registriert: 17.02.2012, 21:37:15

Re: Referendariat "verdauen"

Beitrag von historikerin74 »

Hallo,

erstmal ganz herzlichen Glückwunsch zum bestandenen Examen!
Das "Loch" danach kann ganz schön tief sein... und über manche Ereignisse oder auch nur einzelne Bemerkungen meint man erst gar nicht hinwegzukommen.

Aber das Wichtigste: Du hast es GESCHAFFT - und wenn es Dir zu Anfang lange Zeit gefallen hat, wird es Dir auch bald wieder gefallen. Du hast einen der stressigsten, aber schönsten Jobs der Welt - lass ihn Dir nicht so schnell vermiesen. Selbstzweifel und Frust wirst Du immer wieder haben - aber nach der Erfahrung des Ref. hast Du vielleicht auch schon ein Stück weit gelernt, damit umzugehen.

Also gib Dir erstmal selbst die Zeit zum Verdauen - Du hast es verdient!

LG
historikerin74

Freak_
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Re: Referendariat "verdauen"

Beitrag von Freak_ »

Hallo T.,
ich schließe mich historikerin74 an:
mir ging es sehr, sehr ähnlich wie dir... Erst war alles super und dann wurden die Probleme immer größer und es hieß, dass es ja von Anfang an nicht gut gelaufen wäre. Die Prüfungen waren wieder super und das hat mich zumindest ein bisschen motiviert.

Allerdings habe ich das alles immer noch nicht "verdaut" und es ist schon länger her. Vor allem, weil ich jetzt selbst Praktikanten und Referendare betreue, kommt das alles wieder hoch, was so schlecht gelaufen ist. Ich will auch nicht alles auf den damaligen Mentor schieben, aber jetzt sehe ich ja selbst, dass einige Verhaltensweise absolut unprofessionell waren.

Und das ist das Wichtigste: Gewinn dein Selbstvertrauen zurück! Du hast die Prüfungen bestanden, und wenn du gar nichts könntest, wäre das nicht so. Ohne dass jemand zuschaut, ist es sooo viel einfacher und angenehmer. Klar ist das erste Jahr noch anstrengend, weil man so viele Stunden hat und gar nicht ahnt, was neben dem Unterricht noch so alles läuft, aber es wird von Jahr zu Jahr besser. Damit hätte ich auch nicht gerechnet und hätte es eine Alternative gegeben, hätte ich die sicher gemacht, mir ist aber nichts eingefallen und dann blieb ja nichts anderes übrig.
Wenn es dir überhaupt nicht gefällt, kannst du ja immer noch was anderes suchen, aber versuchen würde ich es auf jeden Fall. Viel Erfolg! :D
You said I wouldn´t make it but look how far I´ve come!

steve63
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Registriert: 17.10.2006, 23:28:17
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Re: Referendariat "verdauen"

Beitrag von steve63 »

Ich sehe es so:
Am Anfang "schont" man die Refs noch etwas.
Da werden nur ganz grobe Fehler besprochen.

gegen Ende hin beherrschen die Refs das Handwerk schon ziemlich
und es wird nur noch an den Kleinigkeiten gefeilt.

Unser Seminarleiter sagte immer:
Je mehr ich an Kleinigkeiten rumkritisiere, desto besser sind sie schon.

DocSchneider
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Re: Referendariat "verdauen"

Beitrag von DocSchneider »

Tranquillitas hat geschrieben:Ich frage mich, wie lange man in etwa braucht, um so ein "Trauma" zu verdauen? Wie kann man das am besten vergessen?
Kauf dir einen Kasten Bier und bedenke, dass die homöopathische Dosis etwas über 5 Liter liegt. Danach beginnt in der Regel irgendein tremens. Sollte es dann morgen nicht vorbei sein schleppst du die leere Kiste zurück und fängst von vorne an. Nach spätestens einer Woche hörst du mit dem Unsinn dann wieder auf, nimmst mal den Kopf hoch und freust dich, dass du den Anwärterdienst geschafft hast. Punkt.

Glückwunsch! Nagel dir mal keine Neurosen in den Schädel. Vorbei, Aus, Bestanden. Basta.

Silvi
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Registriert: 13.12.2010, 22:31:01

Re: Referendariat "verdauen"

Beitrag von Silvi »

Ich kann dich so gut verstehen. Ich erlebe gerade diesen Horror. Am Anfang war bei mir auch immer alles lobenswert und toll und gegen Ende bekommt man gesagt, dass es vielleicht nicht reichen wird. Hä?! :shock: Naja ich versuche durchzuhalten! Und wenn es nicht reicht, habe ich eben Pech gehabt. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich älter werde oder, ob das Ref wirklich so hart ist.

cancre
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Registriert: 07.10.2009, 21:03:08

Re: Referendariat "verdauen"

Beitrag von cancre »

Tranquillitas hat geschrieben:Ich frage mich, wie lange man in etwa braucht, um so ein "Trauma" zu verdauen?
Mit der Lebenszeitverbeamtung verschwindet das Trauma.
IN AETERNAM A-XIII

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