Mit Unsicherheit umgehen

Du hast positive Erfahrungen mit dem Referendariat? Du hast es endlich geschafft und weißt nun, dass sich das Durchhalten gelohnt hat? Erzähl davon!
Maxi88
Beiträge: 2
Registriert: 19.03.2014, 18:08:57

Mit Unsicherheit umgehen

Beitrag von Maxi88 »

Hallo zusammen,

ich hoffe sehr, dass mir jemand Tipps und einen hilfreichen Rat geben kann. Ich bin zurzeit etwas deprimiert.

"kurz" zu meiner Geschichte: Ich bin Mitte 20 und studiere noch (Lehramt Grundschule) und mache zurzeit ein Praktikum, das wie ein Referendariat gestaltet ist (Unterrichtsvorbereitungen (offener/traditioneller), Unterrichtsprotokoll, Begleitschüler...)

Ich habe einen sehr bunten Lebensweg hinter mir: (müsst ihr nicht unbedingt durchlesen, dient nur als Info zu meiner Person:
Mit 5 Jahren eingeschult (nach IQ-Test: Ergebnis: sehr hohe Intelligenz, (Hoch)begabung im sprachlichen, literarischen, musischen Bereich.) klingt sehr angeberisch, aber ich wusste bis vor 2 Jahren nichts davon. Zudem bin ich hochsensibel, was heißt, ich nehme gewisse Eindrücke, Gefühle... intensiver wahr als andere Menschen. Ich würde mich als freundlichen, aufgeschlossenen aber zurückhaltenden Menschen bezeichnen. Ich brauche immer einige Wochen, um mich an neue Situationen (neue Umgebung, neuer Job..) zu gewöhnen und taue dann nach und nach richtig auf. In der Schule hatte ich nie Probleme und ich kann sagen, dass meine Schulzeit (vor Allem am Gymnasium) die schönste Zeit meines Lebens war.

- Nach dem Abi habe ich ein FSJ absolviert und leider keinen Studienplatz für Medizin bekommen.
- Ich habe trotz meiner zurückhaltenden und ruhigen Art die Offiziersprüfung bei der Bundeswehr bestanden. Allerdings wurde ich ausgemustert (wegen meiner leicht schiefen Wirbelsäule).
- Ich habe 2mal meinen Studiengang gewechselt, allerdings IMMER gearbeitet und mich selbst um meine Lebenshaltungskosten gekümmert. Ich war auch nie schlecht im Studium, es war nur nie das Richtige.
Ich wollte unbedingt mit Kindern arbeiten, etwas kreatives machen und meine Erfahrungen an junge Menschen weitergeben. Es hat etwas gedauert, bis mir klar wurde, was ich will. )

Danke schonmal an diejenigen, die es bis hierher geschafft haben. :)

Ich mache zurzeit ein Praktikum, das sehr zeitintensiv ist und sehr arbeitsintensiv. Das ist gut, da man später nicht so sehr ins kalte Wasser geworfen wird.
Ich habe aber erhebliche Probleme mit der Person, die mit mir zusammen das Praktikum absolviert. Sie ist sehr engagiert, allerdings auch ein "Ich-Mensch", drängt sich sehr stark in den Vordergrund, ist laut, sehr bestimmend stellt sich selbst sehr stark in den Mittelpunkt und macht andere Ideen ständig nieder oder klaut sie sogar.
Ich bin auch engagiert. Allerdings habe ich um einiges weniger Zeit, da ich neben dem Studium sehr sehr viel arbeiten muss und auch schon lange nicht mehr bei meinen Eltern wohne. Ich kann also nicht immer irgendwas mitbringen für die Kinder oder dieses und jenes machen (geht ja auch ins Geld und davon hab ich so gut wie nichts)
Sie hat bisher 2 Unterrichtsstunden "gehalten" (also nur "gehalten", d.h. kein Unterrichtsverlauf etc. vorbereitet) (die nicht erforderlich sind, aber sie wollte es so) und unser Betreuungslehrer ist, glaube ich sehr begeistert von ihr und sieht in mir nur "die faule", die nix macht, obwohl ich bereits gesagt habe, dass ich sehr wenig Zeit habe und nur das machen kann, was im Praktikum erforderlich ist. Ich bin zurzeit sehr deprimiert, weil ich nicht so sein kann, wie ich bin. Ich brauche eben länger, um mich an neue situationen zu gewöhnen und dann läuft das, aber jetzt werde ich von jmd, der auch noch um einige Jahre jünger ist als ich total untergebuttert. Ich wirke auf den Praktikumslehrer wohl sehr schüchtern, zurückhaltend und ruhig und ich habe auch keine laute Stimme wie meine Praktikumspartnerin. Ständig werden wir dann verglichen und das finde ich wirklich mehr als bescheuert. Ich fühle mich zurzeit sehr stark verunsichert und ich glaube, dass ich mich besser entfalten könnte, wenn ich dieses Praktikum alleine absolviert hätte. (Zur Info: ich bin erst im zweiten Semester) ich dachte, immer, dass man im Praktikum was lernt und nicht gleich bewertet wird. Ich war in meinen bisherigen Praktika immer beliebt und es soll doch auch Lehrer geben, die ruhiger sind, oder? Wenn ich aufgetaut bin, dann bin auch etwas forscher, lauter und traue mich mehr. Aber ich finde, dass man sich im zweiten Semester an den Schulen noch nicht so verhalten muss/sollte, als würde einem die Schule sozusagen gehören. Ich bin einfach nur deprimiert, weil ich auch tolle Ideen habe, aber ich bin eben kein vorlauter Mensch, der sich gleich hinstellt und sagt: "Hier bin ich! Jetzt gehts nur um mich!" ich denke, man wächst in die Lehrerrolle auf jeden Fall rein, oder bin ich da falsch informiert? Das Praktikum an sich ist nicht das Problem. Es ist eher die "Zusammenarbeit" mit dem/der Mitpraktikant(in). Ist dieses Konkurrenzgehabe normal? Vllt kann mir irgendjemand etwas aufmunterndes schreiben oder irgendeinen Rat geben. Ich gebe mir die allergrößte Mühe und bin freundlich und offen, aber ich fühle mich total schlecht. Dass man verglichen wird, macht mir sehr zu schaffen, da mich die Leute ja gar nicht kennen. Die wissen ja nicht, dass ich hart arbeiten muss, um mir das alles zu finanzieren, dass ich Sorgen und Ängste habe, wie andere auch. ich glaube, mir mangelt es im Moment auch an Selbstvertrauen. Vllt war jemand von euch in einer ähnlichen Situation. Ich liebe diesen Beruf, soweit ich das bis jetzt so sagen kann :). Ich liebe Kinder . und die Aussicht, diesen tollen Beruf ausüben zu dürfen, lässt mich das ganz durchstehen.

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

Liebe Grüße

qchn
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Re: Mit Unsicherheit umgehen

Beitrag von qchn »

es ist mE sehr wahrscheinlich, dass die Verantwortlichen KollegInnen Dich eher als die ruhig, und die Mitpraktikantin als eher extrovertiert einstufen. das macht Dich zwar nicht gleich zur Faulen und sie zur Leistungsträgerin, aber wenn ich eins in meinem Leben gelernt habe, dass es ziemlich schwierig ist, die Meinung, welche Andere von einem haben, zu beeinflussen. Wenn es also nur um ein Praktikum geht, würd ich Enegien sparen, mich damit abfinden und so viel vom Praktikum profitieren, wie möglich. Geh in andere Kurse als sie, häng mit anderen LehrerInnen ab etc. Ein Referendariat ist ja länger, und dann haben auch die ruhigen eine Chance. Jedoch wär es sicherlich nicht schlecht, wenn Du Dir langfristig ein paar Selbstinszenierungstechniken aneignest, denn auch im Referendariat gehört Klappern zum Handwerk, wenn auch vlt. nicht so sehr wie in anderen Berufen. Es reicht halt nicht, wenn Du gut bist, und es keineR mitbekommt.

Fränzy
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Re: Mit Unsicherheit umgehen

Beitrag von Fränzy »

Vorab, ich meine nicht, dass jeder im Lauf der Zeit die Eigenschaften erwirbt, die ein guter Lehrer braucht.

Aber: es sind nicht nur die lauten Menschen, die sich eignen. Auch ruhige Persönlichkeiten können Lernsettings so strukturieren, dass Schüler etwas lernen.

Dennoch würde ich Dir raten z.B. ausführlicher mit dem Betreuer oder dem Beratungslehrer über deine Befürchtungen zu sprechen. Es wäre tragisch, wenn Du erst im Beruf merkst, dass Du DIch zu sehr verbiegen muss. Guck genau hin.
שָׁלוֹם

Sokrates2011
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Re: Mit Unsicherheit umgehen

Beitrag von Sokrates2011 »

Diese Konkurrenzsituation wirkt auf mich eher wie ein Sonderfall. Im Ref. gibt es meistens keinen zweiten Referendar im Ausbildungsunterricht und im Berufsleben machst Du sowieso Dein Ding. Das ist ja das Schöne daran: Man bereitet sich selbst die Bühne. Solange Du Dich im Zweifelsfall durchsetzen und den Unterricht didaktisch steuern kannst, bist Du als "ruhiger" Lehrer genauso "gut" wie als "lauter". Beim Hospitieren siehst Du ja, wie viele unterschiedliche Lehrertypen es gibt. Sprich: Gerade im 2. Semester würde ich das mal GANZ ruhig angehen lassen.

Kleine Einschränkung: Ich finde allerdings schon, dass man als Lehrer am Anfang sehr stark mit seinem Selbstbild konfrontiert wird. Viel, viel mehr als in der Schüler- / Studentenrolle. Deswegen ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass Du diese Konfrontation jetzt schon erlebst - die Frage wäre also: Erlebst Du sie eher als Herausforderung oder eher als Überforderung?

Thisbe
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Re: Mit Unsicherheit umgehen

Beitrag von Thisbe »

Ich stimme meinen Vorschreibern zu, möchte nur noch hierzu ergänzen:
Maxi88 hat geschrieben:Ich gebe mir die allergrößte Mühe und bin freundlich und offen, aber ich fühle mich total schlecht. Dass man verglichen wird, macht mir sehr zu schaffen, da mich die Leute ja gar nicht kennen. Die wissen ja nicht, dass ich hart arbeiten muss, um mir das alles zu finanzieren, dass ich Sorgen und Ängste habe, wie andere auch.
Was du noch zu arbeiten hast usw. interessiert in der Schule in der Regel niemanden, wieso auch? Ich habe auch x Stunden Nebenjob während des Refs und würde mich hüten, das jemals zu erwähnen, wenn ich eine Phase mit großer Arbeitsbelastung habe, auch im Praktikum spielt dies keine Rolle, wenn die Praktika in der Ausbildung vorgeschrieben sind. Und dann schreibst du, "Sorgen und Ängste wie andere auch" - ja, eben wie alle und ergo auch deine Mitpraktikantin, die sie doch genauso gut oder schlecht wie dich kennen? Diese Anmerkung nur mal als Einladung zu einem Perspektivwechsel, schließlich hast du die gleichen Ausgangschancen.

Ich bin selbst eher ruhig, aber wenn du fachlich was drauf hast, macht das im Seminar nix, weil es ausreicht, Sachen auf den Punkt zu bringen und ewiges Rumgefasel und Dauermelden auch nicht mehr bringt und im eigenen Untericht macht's ohnehin nichts, weil du keine "Konkurrenz" hast, solange "ruhig" nicht ausschließt, die Klasse auch disziplinieren zu können usw.

kecks
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Registriert: 01.04.2009, 6:09:18

Re: Mit Unsicherheit umgehen

Beitrag von kecks »

naja, so ist das im leben, man wird verglichen, und fair ist es auch nicht immer. mach dir nicht so einen kopf darüber, was andere denken, gib' dir mühe und nimm' aus dem praktikum mit, was geht, und dann geht das leben morgen auch schon wieder weiter. suche ruhig das gespräch mit deinen betreuungslehrern, wenn dich ihr genaueres feedback interessiert, aber mach' dir wirklich bloß keinen kopf um deine mitpraktikantin. das wird schon, du bist erst im zweiten semester. :)

Maxi88
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Re: Mit Unsicherheit umgehen

Beitrag von Maxi88 »

Hallo zusammen :) Erstmal vielen lieben Dank für eure Antworten. In einem Punkt stimme ich nicht zu: Thema Arbeit:

Ich arbeite mind 25 Stunden pro Woche. Darüber jammere ich auch nicht. Es geht darum, dass och zusätzliche Sachen wie Basteln, Tanz etc die für das Praktikum nicht erforderlich sind, mangels Zeit, nicht machen konnte. Praktikumspartner jedoch schon. Und er/sie arbeitet nichts nebenher. Das macht schon einen Unterschied. Das, was erforderlich ist, mache ich auch. Ich hab eben nur wenig Zeit für "Sternchen"aufgaben ;-)
Und an der Stelle finde ich es unfair, verglichen zu werden. Aber ich habe schon gelernt, dass es besser ist, wenn man sich darüber nicht den Kopf zerbricht. Zu sensibel sollte man da auch nicht sein. Ich lass mir mal lieber ein dickes Fell wachsen.

Liebe Grüße :)

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