1jähriges Ref gemeistert :)

Du hast positive Erfahrungen mit dem Referendariat? Du hast es endlich geschafft und weißt nun, dass sich das Durchhalten gelohnt hat? Erzähl davon!
gwinn01
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1jähriges Ref gemeistert :)

Beitrag von gwinn01 »

Es ist zwar schon ein paar Monate her, aber jetzt komme ich dazu, endlich mal einen kleinen "Bericht" zu schreiben.
Eigentlich bin ich nur stille Leserin, aber ich möchte nun auch von meinen positiven Erfahrungen berichten, vll helfen sie ja auch jemandem :)

Ich habe das 1jährige Ref in Sachsen gemacht, für die Fächer Deutsch und Geschichte am Gymnasium. Das gesamte Referendariat war eine sehr schöne Zeit für mich und ich verbinde damit fast ausschließlich positive Erinnerungen :)

Hier vll ein paar Tipps, die dem ein oder anderen weiterhelfen:

- ich bin für das Ref in den Ort meiner Schule gezogen. Das war nicht leicht, von Großstadt in Kleinstadt, noch dazu ohne Freunde und auch der Partner weit weg. Aber im Nachhinein war es die richtige Entscheidung. Meine Ref-Kollegen haben mir oft erzählt, wieviele Stunden sie am Tage im Zug oder Bus verfahren und nicht selten klingelte der Wecke um 4:30Uhr.
Klar hab auch ich das ein oder andere Tränchen geweint, wenn die Sehnsucht nach meinem Freund zu groß wurde. Aber das Jahr ist schnell vergangen, ich war jedes Wochenende und in den Ferien bei uns zu Hause. Im Endeffekt hat mir diese Entscheidung aber seeeehhhrrr viel Zeit geschenkt, die ich besonders am Anfang gebraucht habe.

- den schnellen Perfektionismus habe ich schnell abgelegt. Wie vermutlich fast jeder hab ich die ersten Wochen meines Refs damit verbracht hübsche Arbeitsblätter zu basteln und nach tollem Material zu suchen. Meine Mentorin meinte dann zu mir, wenn ich so weiter mache, dann überstehe ich das Ref nicht und auf jeden Fall später keine volle Stelle. Und sie hatte Recht - man "verschwendet" oft viel Zeit und den Schülern ist es eh egal, ob sie nun eine Quelle aus dem Buch oder meine super tolle Quelle interpretieren sollen. Ich hab mich dann meistens auf ein "highlight" in der Stunde beschränkt. Filmsequenz, sehr kreativer Einstieg, Arbeitsblatt etc. und der Rest war dann solider (aber guter) Unterrricht

- weiter Vorteil war natürlich, dass ich mit meinen Mentoren super klar kam und sie mir viel Freiraum gaben. Einziges "Konfliktpotential" hatte die Schwerpunktsetzung im GK Geschichte, weil meine Mentorin da gerne ihre Schwerpunkte durchgesetzt haben wollte. Und da habe ich dann auch kein Fass aufgemacht, ihre Schwerpunkte genommen und die unterrichtet. Das Jahr geht ja schnell vorbei und ich will es mir deswegen ja nicht mit meiner Mentorin verscherzen, immerhin kann ich jetzt alles so machen wie ich will. Und außerdem wird sie nach 20Jahren Berufserfahrung schon wissen, warum sie die Schwerpunkte so und nicht anders setzt.

- dann habe ich mir "verpatzte" Stunden nicht sooo zu Herzen genommen. Einige Ref-Kollegen haben mich angerufen und mir erzählt, dass sie seit 3Tagen durchweinen. Nun ja, also das kann ich auch nicht verstehen, ist ja schließlich keiner gestorben. Ich hab mich hingesetzt (am Anfang auch mit Mentor) und genau geguckt, wann die Stunde gekippt ist und daraus meine Konsequenzen gezogen.
Unklare Aufgabenstellung und dann Unruhe? Alles klar, danach gab es die AUfgabenstellung nur noch auf Folie und ich lief nicht mehr Gefahr sie im Unterricht ungenau zu formulieren.

- als letztes Punkt habe ich mich bei meinen Prüfungsstunden an meinen Prüfern orientiert. Auch wenn einige das als "sich verbiegen" bezeichnet haben, ich glaube ich hab mir ne Menge Ärger und eventuell schlechte Noten erspart.
Der eine Prüfer hatte was gegen offenen Unterricht und Gruppenarbeit. Also wurde in der Prüfungsstunde nur eine Partnerarbeit eingebaut. Der andere Prüfer fand offenen Unterricht super und der war Theaterfan. Also wurde was aus dem szenischen Bereich eingebaut. Noten waren super, alle waren zufrieden.
Warum soll man also bei so wichtigen Stunden gegen Windmühlen kämpfen? Am Ende bekommt man schlechte Noten und bei der Einstellung fragt keiner nach, wieso es dazu gekommen ist. Solange man beim Unterrichten dennoch authentisch bleibt, ist doch alles super.

Da die sächsische Einstellungspolitik sehr fragwürdig ist (habe beim Bildungsministerium mal angerufen gehabt, um nach meinen Chancen zu fragen. Sie hat leicht gelacht, trotz einem Durchschnitt von 1,6)
Naja ich arbeite jetzt an einer Privatschule, bin da auch Klassenlehrer einer 5. Klasse und super glücklich.

Allen die das Ref noch vor sich haben, den wünsche ich viel Erfolg! Alles ist machbar :)

Drops
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Re: 1jähriges Ref gemeistert :)

Beitrag von Drops »

Ich habe Deinen Beitrag mit Interesse gelesen. Zwar habe ich viel vom einjährigen Ref gehört, doch irgendwie noch keine Vorstellung davon. Wie sollen all die Inhalte, die ich damals in 24 Monaten bewältigen musste, in einem Jahr untergebracht werden? Ich sehe die Refs an meiner Schule schwitzen und jammern, seitdem in RLP das Ref auf 18 Monate verkürzt wurde.

Würdest Du noch berichten, wie dieses einjährige Ref aufgebaut ist, wo Du Stärken und Schwächen siehst, ob Du Dich vielleicht doch -gerade während der Prüfungen- etwas unter Druck fühltest oder Dich eventuell "nicht genug" ausgebildet siehst?

Das würde mich wirklich sehr interessieren. Danke!

gwinn01
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Re: 1jähriges Ref gemeistert :)

Beitrag von gwinn01 »

Hallo drops,

Also ich bin der Meinung, dass viele Leistungen gestrichen wurden. Wir hatten keine Staatsexamensarbeit und nur zwei lehrproben. Die zweijährigen Referendare an meiner Schule mussten an einem Tag zwei Lehrproben in einem Fach machen sek 1 und sek 2.
Ich musste in einem Fach sek1 und in dem anderem fach sek2 machen.
Dazu kamen dann noch drei mündliche Prüfungen (Schulrecht und die zwei didaktiken)

Von den Leistungen her ging es also. Allerdings waren das die einzigen Noten, die wir je bekommen haben. Andere Besuche im Vorfeld wurden nicht benotet und auch nicht berücksichtigt.

Ansonsten muss man sehr schnell lernen im einjährigen Referendariat. Nach vier Wochen muss man dann sechs stunden die Woche unterrichten und nach drei Monaten bekommt man dann den eigenständigen Unterricht mit 10-12std die Woche.
Man halt also nicht viel Zeit sich an alles zu gewöhnen und sich heranzutasten.

Ich hatte vor dem Referendariat eine vertretungsstelle von sechs Monaten, um die Zeit zu überbrücken. Damals habe ich schon 23std/woche gearbeitet, sodass ich im ref sehr gut klar kam mit dem zeitlichen Management. Viele meiner ref-Kollegen sind aber echt verzweifelt an dem schnellen tempo, teilweise mussten einige nach drei Monaten komplette leistungskurse übernehmen. Das führte dann schon zur überforderung, was ich auch verstehen kann.

Also von den Leistungen her würde ich sagen, dass Sachsen das halbiert hat. Aber man muss eben sehr schnell sein und sich entwickeln, denn die prüfungen begannen schob im November. Also hatte man eigentlich nur ein 3/4jahr Zeit.

Drops
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Re: 1jähriges Ref gemeistert :)

Beitrag von Drops »

Hui, nur 2 Lehrproben insgesamt? War Dir das nicht zu wenig?
Ich kann es ja nur mit meinem eigenen Ref vergleichen sowie dem jetzigen Ref-Modell in RLP; wahrscheinlich wäre ich gescheitert, hätte ich nur ein Jahr Entwicklungszeit gehabt.
Also Hut ab vor Deiner Leistung! Und natürlich Gratulation zum Examen!

Woher wusstest Du denn ungefähr, wo Du stehst, wenn Du nur 2 Noten bekamst?

Illi-Noize
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Re: 1jähriges Ref gemeistert :)

Beitrag von Illi-Noize »

Drops hat geschrieben:Hui, nur 2 Lehrproben insgesamt? [...] wahrscheinlich wäre ich gescheitert, hätte ich nur ein Jahr Entwicklungszeit gehabt.
In Bayern (RS) fängst Du im September an, und dann ist um Weihnachten rum die erste Lehrprobe und um Pfinstgen rum Nummer 2. Ist also im weitesten Sinne vergleichbar. Bei uns ist es so, dass die frühen Lehrproben deutlich freundlicher bewertet werden ... weil eben noch die Entwicklungszeit fehlt. Bei der 3. Lehrprobe im März des folgenden Jahres sind dann ganz andere Ansprüche am Start...

Drops
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Re: 1jähriges Ref gemeistert :)

Beitrag von Drops »

Ich hatte insgesamt 8 Lehrproben: 2 unbenotete während der sechsmonatigen Hospitationsphase, 4 benotete und 2 Examenslehrproben. Dazwischen ca. 20 UBs (inklusive Examensarbeits-UBs) sowie die Examensarbeit selbst im 3. Halbjahr.
Bei uns stiegen die Ansprüche auch von Halbjahr zu Halbjahr und dennoch muss ich sagen, dass die 8 Lehrproben -so besch*ssen ich sie auch damals fand- meiner Entwicklung nur gut getan haben. Bei uns wollte aber auch niemand irgendwelche Zauberstunden sehen, sondern normalen Unterricht, der gut durchdacht, geplant und umgesetzt war.

Daher interessiere ich mich ja auch für die Abläufe im einjährigen Ref sowie das Fazit von gwinn01, weil es mir unglaublich stressig vorkommt, eine Entwicklung, die vormals auf 2 Jahre ausgelegt war, nun in einem Jahr durchlaufen zu müssen und sich dennoch gut/solide aufgestellt zu fühlen für den Job.

gwinn01
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Re: 1jähriges Ref gemeistert :)

Beitrag von gwinn01 »

Ich glaube, die Tatsache, dass es am Ende auf diese zwei Lehrproben ankommt war schon mit das stressigste.
Es gab bei uns einen Bewertungsbogen mit ca. 20 Kategorien (Differenzierung, klassenführung, Medien...)
Dieser Bogen wurde von unseren Mentoren drei mal während des Refs ausgefüllt und uns gegeben, damit wir sehen, wo wir ihrer Meinung nach stehen.
Der selbe Bogen wurde von den Ausbildern nach den jeweils zwei Hospitationsstunden ausgefüllt, allerdings diesmal nur auf die gezeigte Stunde. Allerdings hatten diese Bögen keinen Einfluss auf die Note. Insgesamt hatten wir zwei Hospitationen pro Fach, einmal sek 1 & 2. Ich fand es schade, dass diese Stunden gar nicht in die Bewertung eingingen, denn dadurch musste bei der Lehrproben ja alles perfekt laufen.
Die not insgesamt setzte sich dann so zusammen:
Lehrprobe 1 (x2)
Lehrprobe 2 (x2)
Schulleitergutachten (x2)
Mdl Prüfung schulrecht (x1)
Mdl Prüfung didaktik 1 (x1)
Mdl Prüfung Didaktik 2 (x2)

Ich bin wie gesagt ganz gut damit klargekommen, wobei diese Konzentration auf die beiden lehrproben schon sehr belastend war.

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