praxisbezogenes studium

Konstruktive Kritik - das Referendariat muss reformiert werden! Eure Vorschläge...
neo
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praxisbezogenes studium

Beitrag von neo »

Ich fänd´s gut, wenn man nich nur das Referendariat reformiert, sondern auch das Studium. Das solte bereits viel mehr Praxisbezug haben, so könnte man auch wertvolle Zeit sparen. Warum lernt man an der Uni nicht das, was man wirklich braucht? Ich hab zum Beispiel Ahnung von Rembrandt und kann ein Lied singen vom Gebrauch Modaler Hilfsverben zu Shakespeare´s Zeiten, aber brauch ich das??? Wir wurden dazu genötigt, bei so´ner krampfigen Ausstellung im Kunstbereich mitzumachen, weil das gut sei "für die Vita", aber baruch ich das? -- Nö!
Also, da geht´s doch schon los!
Tschau, Neo

Susu
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Beitrag von Susu »

Ich gebe Dir vollkommen recht, Neo! Das eine wird nicht ohne das andere von Erfolg gekrönt sein. Außerdem sollte man vielleicht die psychologische Komponente nicht vergessen - wenn z.B. (leider wahrer Fall!) als angehender Religionslehrer schon bei Dessouswerbung einer großen nordischen Kette (will ja keine Schleichwerbung betreiben...) sich umdrehen muß, weil es sein moralisches Empfinden stört, kann man dazu ja nur zwei Sachen sagen:
1. hier hat das Studium eindeutig seinen Sinn und Zweck verfehlt (was ja nicht unbedingt am Lehrplan liegen muß)
2. die armen späteren Schüler.

Ich gebe zu, daß das ein Extremfall sein mag, aber jemand muß ja nicht schon zu Studiumszeiten zur Karikatur seiner selbst werden.

Ich glaube aber nicht, daß diese Dinge reformiert werden - viel zu viel Arbeit, viel zu wenig Geld und: viel zu viele schelchte Leute in einflußreichen Positionen!

Fine2311
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Beitrag von Fine2311 »

Hi Neo,

die Uni in Hildesheim bildet SEHR praxisbezogen aus! Natürlich gibt's auch einiges an "theoretischem Kram", aber es überwiegt der praxisbezogene Anteil. Ich bin der Meinung, sehr gut dort vorbereitet worden zu sein auf das, was mich schlussendlich dann im Referendariat erwartet hat bzw. natürlich immer noch erwartet. Gut, die Hildesheimer Uni ist in Niedersachsen auch die beste, was das Lehramtsstudium an GHR betrifft, ist also keineswegs die Regel... :wink:

Gruß
Fine2311
Die Tür zum Glück lässt sich nicht einrennen. Sie geht nach außen auf!
(S. Kierkegaard)

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Herbie
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Beitrag von Herbie »

Hallo, Neo!

Was Du ansprichst, ist ein wunder Punkt der Lehrerausbildung. Daß mehr Praxisbezug in die Lehrerausbildung hineingehört (besonders bei der Gymnasiallehrerausbildung) haben inzwischen so zeimlich alle eingesehen, und das ist auch gut so. Das verpflichtende Praxissemester ist nur ein Beleg.

Allerdings warne ich vor einem Schmalspurstudium, in dem erstens die fachlichen Ansprüche kaum höher als die Abschlußklasse des Gymnasiums (bzw. der Gesamtschule, ...) angesiedelt sind und das zweitens ausschließlich auf den angestrebten Lehrerberuf hinauslaufen kann.

Ich selbst habe meine Fächer aus persönlichem Interesse studiert – und nicht nur, um Lehrer werden zu können. Wenn aber ein Interesse an einer tiefergehenden Auseinandersetzung mit dem Fach gar nicht gegeben ist, dann ist das meines Erachtens gar keine gute Voraussetzung.

Außerdem habe ich mir stets andere Türen offengehalten. Wenn es nach dem Studium in Sachen Lehrereinstellung ganz schlecht ausgesehen hätte, hätte ich auch einen anderen Berufsweg einschlagen können. Schließlich habe ich ein ganz ähnliches Studium absolviert wie meine Diplomkollegen. Selbst eine Promotion wäre ohne weiteres möglich gewesen.

Bei einem guten Studium ist es genau wie für die Schüler am allgemeinbildenden Gymnasium: Man lernt viel, bis man den Abschluß erreicht, und fragt sich bisweilen, wozu man dies alles lernt. Dafür stehen einem nachher viele Wege offen, und man kann sich guten Gewissens als Experte seines Faches bzw. seiner Fächer bezeichnen.

Letzteres ist besonders wichtig: Wer Schüler zum Abitur führen und sie auf ein mögliches Studium vorbereiten will, sollte hinreichend weit über den Tellerrand der Schule hinausblicken können.

Also, ich habe nicht gesagt, daß Du mit Deiner Praxisforderung unrecht hättest. Aber manche Leute meinen ja wirklich, es würde ausreichen, wenn man im Studium die Lehrplaninhalte intensiv durchkaute und dazu ein paar methodische Schnickschnacks lernte. Und ganz so einfach ist es dann doch nicht, gell 8)?
Gruß von [color=#008000][b][i]Herbie[/i][/b][/color]

neo
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Beitrag von neo »

*g* Nein, so einfach ist es nicht. Natürlich sollte man im Fach Kunst schon den total historischen Überblick haben und es auch selbst praktisch auf der Pfanne haben.
Natürlich hat mir mein Studium Spaß gemacht und manchmal fehlt mir heutzutage ein wenig die Forschung.
Dennoch hätte man bereits während des Studiums mehr in die Schule gehen müssen. Nicht umsonst wachen einige im Referendariat auf und sagen "Ey, verdammt! Hier sind ja Schüler, die ich unterrichten muß. - Und die haben teilweise gar keine Lust! Und in der Pubertät sind sie auch - igitt! Nä, da stell ich mich nicht hin!" - Klar soweit, was ich damit sagen will?
Ich finde auch, dass man das Studium abkürzen könnte. Ich bin mit 30 ins Referendariat gegangen, jetzt bin ich seit Februar voll im Job, ich bin 32, die bioilogische Uhr tickt, if you know what I mean. *g* Ich überlege ernsthaft, ob ich die Famliengründung lieber ausfallen lassen soll. (Als Ausgleich bin ich eben gebildet... *g*)
Neo

Lausitzerin
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Beitrag von Lausitzerin »

neo hat geschrieben: Ich finde auch, dass man das Studium abkürzen könnte. Ich bin mit 30 ins Referendariat gegangen, jetzt bin ich seit Februar voll im Job, ich bin 32
Naaajaaa...
1) Dass du mit 30 ins Ref gegangen bist, liegt wahrscheinlich nicht nur an der (Regel-)Studiendauer von (für Gymnasialamt) vermutlich 10 - 12 Semestern, sondern daran, dass du nach dem Abi (das im Normalfall mit 18 - 19 Jahren bestanden ist) noch "etwas anderes" gemacht hast. Meine (weiblichen) Kommilitonen, die im Bundesland der Uni auch das Abi gemacht haben (mit 18 ), waren z.B. mit 23 im Referendariat. Die Grundschulreferendare sogar noch eher: bei einer Regelstudienzeit von 7 Semestern waren viele der Referendare knapp 22, manche erst 21, als sie ins Ref gingen.

2) Die Schulpraxis: warum, verdammt nochmal, klagen so viele (ehemalige) Studierende darüber, dass sie "zuwenig Schulpraxis" hatten, obwohl sie leicht etwas daran ändern könnten? In meinem Studium hatte ich zweimal pro Jahr solange Semesterferien, wie ich sie in keinem Beruf als Urlaubszeit haben werde - warum wird diese freie Zeit denn nicht für freiwillige Praktika in Schulen bzw. dem Bildungsbereich genutzt? Natürlich weiss ich, dass gejobbt werden muss, manche haben auch Kinder zu betreuen usw usf. - aber die Mehrzahl der Studierenden ist nun mal ledig, kinderlos und als solche relativ frei in der Semesterferieneinteilung. Ich habe eher die Erfahrung gemacht, dass nach mehr "Praxisorientierung" geschrien wurde, die Bereitschaft zu freiwilliger Praxiserfahrung, die nicht qua Studienordnung festgeschrieben war, jedoch gering. (Es ist in der Schweiz übrigens genauso; mit dem Unterschied, dass die Studierenden im 3. Praktikum, 1 Jahr vor Studienabschluss, ein dreiwöchiges Praktikum absolvieren, in dem sie die Unterrichtsverantwortung für eine Klasse im Umfang einer vollen Stelle [~27 h] übernehmen.)

VG, lausitzerin.

padma
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Beitrag von padma »

Ich würde es für sehr sinnvoll halten, wenn alle Lehramtsstudenten vor Studienbeginn ein 6- oder 12-monatiges Praktikum an einer Schule absolvieren würden.
Auf der einen Seite könnte sie schnell herausfinden, ob ihnen der Beruf wirklich liegt, ob sie dem Stress gewachsen sind, ob sie mit Kindern wirklich klarkommen, etc. Das kann man meines Erachtens in den Praktikas während dem Studium nicht. Die vier Wochen Blockpraktikum kann man immer irgendwie absitzen. Und viele lügen sich da in die eigene Tasche. Da fände ich einen längeren "Belastungstest" hilfreich.

Man kann dann zudem schon einige Erfahrungen sammeln, die einem für das Studium sehr hilfreich sind, da man dann manche didaktischen Theorien viel besser mit der Praxis in Bezug setzen kann. Der Umstand, dass ich eigene Kinder habe, hat mir mein Studium in vielen Bereichen enorm erleichtert.

Hinzukommt natürlich noch ein enormer Vorteil für das Bildungssystem: Man hätte dann in manchen Klassen eine "Zweitkraft", die einige Aufgaben in der Klasse übernehmen kann. Differenziertes Arbeiten, etc. wäre dann auch in monstergroßen Klassen leichter möglich.

Bleibt nur die Frage, wer das alles bezahlen soll und das Problem, dass viele Lehrer gar keine Lust dazu haben, sich um die Praktikanten zu kümmern.
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