Schafft das Referendariat ab!!!

Konstruktive Kritik - das Referendariat muss reformiert werden! Eure Vorschläge...
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AnnaF
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Beitrag von AnnaF »

Ich denke wir sind uns alle einig, dass das Studium noch keinen guten Lehrer macht und dass eine Ausbildung an der Schule nötig ist, um die Eignung eines Kandidaten zu überprüfen.

Wo aber ganz normale Menschlichkeit außer Acht gelassen wird, da kann kein Mensch was leisten, d.h. zeigen was er für Lehrfähigkeiten hat.

Und ich finde durchaus, dass nirgendwo anders Leute mit abgeschlossenem Studium dermaßen unter aller S... behandelt werden wie im Referendariat.

Vor dem Ref war ich Vertretungslehrerin. Überall wurde ich freudig begrüßt und als gleichwertige Kollegin behandelt. Jetzt bin ich im Ref und fühle mich wie der letzte Arsch.

Was mit mir und anderen gemacht wird, dass dürfen wir mit den Schülern - zu recht - nicht machen.

BEispiele:

Uns wurde gesagt, wir MÜSSTEN an einem bestimmten Seminar teilnehmen. War nicht so.
Was würden wohl Eltern sagen, wenn wir ihre Kinder unberechtigterweise in ihrer Freizeit irgendwo hinbestellen?

In einem weiteren - freiwilligen - Seminar wurde uns nach dem Seminar erst mitgeteilt, dass dieses Seminar in unsere Note eingehen würde. Andere Referendare, die nicht teilgenommen haben, wurden logischerweise nicht bewertet.
Schülern muss ich meine Benotung "transparent" machen.

Wir wurden zu einem mehrtätigen Seminar (Kostenpunkt: 10% unseres Netto-Einkommens) beordert. Für die Übernachtungen mussten wir ordentlich zahlen, im Nachhinein kam wieder raus, dass man auch hätte wegbleiben können.
Während des Seminars wurde uns gesagt, dass wir einen Nachmittag "außer Haus" zu verbringen hätten. An dem Nachmittag gab es ein Unwetter, dennoch wurden wir aus dem Haus geworfen. Die Seminarleitung kontrollierte, ob wir auch alle brav gingen.

Jede Besprechung fängt damit an, dass uns gesagt wird, dass für Positives keine Zeit sei (loben soll man ja auch nicht zuviel. oder?)
Hinzu kommen total persönliche und widerliche Kommentare.
Zum Beispiel durfte eine Referendarin in ihrer Lehrprobenbesprechung an die Tafel gehen und ein Quadrat mit 4 Kreisen zeichnen. Als sie nicht wusste, was das sein soll, sagte man ihr, das sei ein Herd und da gehöre sie hin.
Würde ich das mit ner Schülerin machen, wäre ich am nächsten Tag arbeitslos.

Fehler des Referendars in einem UNterrichtsbesuch werden zum Teil besprochen, wenn noch Schüler im Raum beim Zusammenpacken sind. Ergebnis:
Jüngere Schüler verlieren jeglichen Respekt.
Meine 12er hingegen bemitleiden mich mittlerweile, würden mir auch gerne helfen, haben aber schon selbst Angst vor meinem Fachleiter, weil sie glauben, dass er sie genauso beurteilt.

Und ob das Ref nun tatsächlich die Lehrfähigkeit eines Kandidaten feststellt, wage ich zu bezweifeln. Viele sind doch so blockiert und regelrecht panisch, dass sie gar nicht mehr unterrichten können, wenn hinten der Fachleiter sitzt.

Und es geht für viele einfach um die Wurst - außer LA gibt es bei vielen Fächerkombis einfach keine Alternativen.
Und vorbereiten kann man sich meiner Meinung nach nicht -
ich habe vor dem Ref schon anderthalb Jahre an Schulen unterrichtet mit ner halben Stelle. Auch da haben LEute meinen Unterricht bewertet und auch nicht mit Kritik gespart. Dennoch kam ich gut mit den Schülern klar, die haben auch was gelernt und niemand hat an meiner Eignung gezweifelt. Sieht jetzt schon ganz anders aus.

Auch aus Schülersicht ist das Ganze negativ zu sehen:
Die Schüler bei denen ich Fachlehrerin bin, tun mir wirklich leid. Ich geh sehr oft nicht oder nur unzureichend vorbereitet in den Unterricht, habe nur wenig Zeit für individuelle Beratung oder ich muss meine Klassen auf einen anstehenden Besuch vorbereiten, was meisten so endet, dass ich ein gnadenloses Programm durchpeitschen muss.
Ganz zu schweigen von dauerndem Unterrichtsausfall, weil ich mal wieder ne BEsprechung oder ein Beratungsgespräch habe oder bei einer der 8 Lehrproben bin, die ich im Halbjahr besuchen muss, was heißt, dass ich einen ganzen Vormittag in der Schule fehle.
Ich kann nicht regelmäßig kontrollieren, ob Hausaufgaben gemacht wurden, geschweige denn Klassenarbeiten und sonstige Tests in angemessener Zeit zurückgeben.

Piccola
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Beitrag von Piccola »

Die neue Studienordnung mit den vielen Praktika scheint ganz gut zu sein.

Unsere Praktikanten sind noch so natürlich und unbefangen und übertragen diese positive Energie auf die Schüler.
Ich finde, dass die sich echt gut machen und sich mit jeder Woche verbessern.

Bisher haben sie noch nicht die Zwangsjacke des Referendariats erlebt und ich finde, gerade deshalb sind sie noch so "rein" von Psychogetrallere.

Eine Lehrerausbildung finde ich absolut wichtig, aber dieses Psychogedöns muss echt nicht sein.

Ich hatte mal dem Bruder meines Schwagers von unserem Ref erzählt.
Er ist auch Lehrer, aber nicht in Deutschland, und war ziemlich erstaunt über die Art und Weise, wie hier normale Menschen zum Teil mit "Schaden" aus dem Ref herauskommen.

Menschen ohne diesen Schaden gehen ganz anders, viel entspannter mit Situationen um.

Und durch diese ganzen Praktika lernen sie echt viel.

Selbst nach dem Ref ist man sowieso noch kein "fertiger" Lehrer, man lernt weiter, weil der Beruf auch schon wieder ganz anders ist als das Ref.

Deshalb denke ich, dass die Praktika gut vorbereiten und danach könnte man die Probezeit meinetwegen verlängern.
Die Leute arbeiten sich dann ein und fertig.

Im Ref zeigt sich nicht, wer für den Beruf geeignet ist, sondern wer für das Ref als solches geeignet ist.

Das finde ich echt schade...

Ein Referendariat als solches ist ja nicht schlecht, aber in anderen Ländern klappt es doch auch ohne Psycho, warum in Deutschland nicht?
Denn aus Psychogedöns entstehen auch nicht unbedingt bessere Lehrer... :roll:
Mens sana in corpore sano :-)

Sebastian_
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Beitrag von Sebastian_ »

Mit dem Bachelor/Master-System könnte man ein Fachstudium bis zum Bachelor durchseten, welches mit der Bachelorarbeit als Nachweis der Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten endet. In dem 2jährigen "Master of Education" könnte man dann die Inhalte packen -inklusive der Unterricht an Schulen- , die jetzt im Studienseminar gelehrt werden - und zwar auch von den jeweiligen Fachausbildern, also von praktizierenden Lehrern. Lehrer wären dann nicht als Ausbilder im Seminar, sondern als Dozent an der Uni/Fachhochschule beschäftigt. Die ganze Verwaltungsstruktur und die ganzen Ressourcen (Räume, IT, ...) des Seminars könnten an der Uni wahrscheinlich kostengünstiger zur Verfügung gestellt werden und man hat insgesamt eine Einsparung von 2 Jahren Ausbildungszeit.

In die Endphase des Bachelor würde ich mehrwöchige Schulpraktika integrieren, so dass beginnende Lehrer wissen, worauf sie sich einlassen. Man könnte dann problemlos anstatt des Lehrerberufes nach dem Bachelor auch in eine andere Richtung gehen (im Idealfall zumindest)

Stefan24
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Beitrag von Stefan24 »

In die Endphase des Bachelor würde ich mehrwöchige Schulpraktika integrieren
*lach*... und dann hast du am Ende - laut deiner Rechnung - zwei Jahre eingespart?!?! Wie soll das denn gehen?
BA in 6 Semestern INKL. "mehrwöchige Schulpraktika" dürfte mehr als realitätsfern sein.

Gespart hast du nichts - im Gegenteil: die fachwissenschaftliche Ausbildung leidet im BA/MA-System gewaltig.
StR seit 09/09. Individualist seit Geburt.
Eigene Meinung schon immer.

Sebastian_
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Beitrag von Sebastian_ »

Man könnte das schon zwischen das 5. und 6. Semester setzen - so 3 bis 4 Wochen in den Semsterferien hospitieren und 1 oder 2 Stunden selbst halten ist ein angemessener Arbeitsaufwand. In den meisten Fächern werden im BA breite Grundlagen geschaffen, die im Master vertieft und spezialisiert werden - diese Spezialisierung ist für Lehrer vielleicht nicht nötig.

Man sollte eher Seminare zu modernen Fragestellungen an den Unis anbieten, die speziell für fertige Lehrer entworfen worden sind und zeitlich in den Schulferien liegen - hier könnten L. kontinuierlich am Ball bleiben, was neuer Entwicklungen in ihrem Fach betrifft - als Fortbildung. Wenn man den grossen Potenzierungsfaktor von "Lehrerwissen" (und päd. Fähigkeiten) bedenkt, sollten diese Kurse dem Staat, der Uni und den Professoren die Zeit und das Geld Wert sein.

Natürlich ist es viel toller wenn Lehrer einen "vollen Studiengang" in beiden Fächern absolvieren - möglichst mit Promotion, Habitilation und 100 Veröffentlichungen. Dann hat man Leute mit Anfang 40 die seit 20 Jahren aus der Schule raus sind und Null Ahnung von Kindern haben

Kätzchen
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Beitrag von Kätzchen »

Sebastian_ hat geschrieben:Man könnte das schon zwischen das 5. und 6. Semester setzen - so 3 bis 4 Wochen in den Semsterferien hospitieren und 1 oder 2 Stunden selbst halten ist ein angemessener Arbeitsaufwand.
Genau das gibt es im BA doch schon, wo ist da der Unterschied zu dem, wie es momentan ist?
Seit 2009 mit dem Ref fertig, nun verbeamtet, Klassenlehrerin

cichri@gmx.de
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Re: Schafft das Referendariat ab!!!

Beitrag von cichri@gmx.de »

Ich habe mein zweites Staatsexamen vor zwei Tagen abgelegt. Ich hatte das große Glück, an einer sehr guten Ausbildungsschule gelandet zu sein, sonst hätte ich das Ref definitiv vor dem Prüfungstag abgebrochen. Ich kann mich das Ausbildungssystem betreffend leider nur dem ersten Beitrag dieses Forumsthemas anschließen ("gast28134") Eine duale Ausbildung schon im Studium wäre im Gegensatz zum bestehenden System zielführend.
Zuletzt geändert von cichri@gmx.de am 21.12.2011, 8:15:18, insgesamt 2-mal geändert.

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