Dieser Druck

Konstruktive Kritik - das Referendariat muss reformiert werden! Eure Vorschläge...
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metaplanerin
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Beitrag von metaplanerin »

ganz normale Unterrichtsstunden zu haltenk und dazu gehören nun mal auch ab und an (vielleicht langweilige) Lehrervorträge, die ja zur Zeit in der fachdidaktischen Theorie absolut verpönt sind,
Stimmt so nicht ganz. Lehrervorträge sind wieder schwer im Kommen. Nun ja, zumindest, so lange sie bestimmte Kriterien erfüllen. Bei uns sind sie zumindest wieder erlaubt, zum Teil sogar gerne gesehen.

Dass man Showstunden hält, die man im Alltag so nicht halten kann, finde ich noch nicht mal das Schlimmste. Denn es geht ja darum zu beweisen, dass man weiß, wie der optimale Unterricht auszusehen hat. Dass das im Alltag dann so nicht immer funktioniert ist schade, aber ja kein Grund, es gar nicht zu können.

Ich finde aber schon auch, dass in die 18 Monate etwas zu viel reingepackt ist. Ohne jetzt für ein "lockeres" Ref. plädieren zu wollen - weniger wäre da mehr.

flo555
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Beitrag von flo555 »

Ich kann dieses Argument, in anderen Berufen gebe es schließlich auch Stress, ergo sollte man sich nicht beklagen, langsam nicht mehr hören.
Das Referendariat ist so nicht mit anderen Ausbildungen vergleichbar und das geben sogar Seminarlehrer offen zu: O-Ton Seminarlehrer: "Lehrer ist der einzige Beruf, für den man ein zweijähriges (!) Assessment-Center durchlaufen muss." Zwei Jahre ständige und exzessive Beobachtung, Kontrolle, Bewertung, Druck etc. Ich bleibe dabei, das gibt es anderswo so nicht und deshalb hinkt jeder Vergleich!

PS: Habe auch schon länger in anderen Berufen gearbeitet, kann also durchaus ein bisschen mitreden..

Ulysses
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Beitrag von Ulysses »

dem kann ich uneingeschränkt zustimmen. das entspricht genau meinen Erfahrungen, Erlebnissen und dem, was ich gehört habe.

und abgesehen davon ist das Argument sowieso bescheuert: wenn einer einen gebrochenen Fuß hat und es ihm weh tut, kann ich auch nicht sagen: "hör auf zu jammern, andere brechen sich den Arm und das tut auch weh".

Stress ist Stress, egal, wo er auftritt. und wenn er vermeidbar ist, muss er nicht sein. aus die Maus.

im Referendariat wäre nämlich Vieles an Stress vermeidbar.
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Trinity79
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Beitrag von Trinity79 »

flo555 hat geschrieben:Ich kann dieses Argument, in anderen Berufen gebe es schließlich auch Stress, ergo sollte man sich nicht beklagen, langsam nicht mehr hören.
Das Referendariat ist so nicht mit anderen Ausbildungen vergleichbar und das geben sogar Seminarlehrer offen zu: O-Ton Seminarlehrer: "Lehrer ist der einzige Beruf, für den man ein zweijähriges (!) Assessment-Center durchlaufen muss." Zwei Jahre ständige und exzessive Beobachtung, Kontrolle, Bewertung, Druck etc. Ich bleibe dabei, das gibt es anderswo so nicht und deshalb hinkt jeder Vergleich!

PS: Habe auch schon länger in anderen Berufen gearbeitet, kann also durchaus ein bisschen mitreden..
Jepp, dem kann ich mich auch anschließen! Ich habe vor meinem Lehramtsstudium schon eine kaufmännische Ausbildung gemacht und auch noch fast 1 Jahr in diesem Beruf gearbeitet. Dort wird man auch beobachtet und beurteilt, das ist ja keine Frage, aber diese Art von Stress, den man im Ref hat, gab es dort definitiv nicht.
Viele Grüße von Trinity

Illi-Noize
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Beitrag von Illi-Noize »

Ich habe zuvor auch eine kaufmännische Lehre gemacht. Druck war da eigentlich kaum zu spüren ... durch einen großen Unterschied: Die Ausbilder haben mir was gezeigt, dann habe ich das mehr oder weniger nachgemacht und dann hieß es "Ok, passt, diese Arbeit können Sie nun alleine verrichten.". Im Referendariat heißt es dagegen: "Das war Mist, das müssen Sie gaaaaaanz anders machen ... ". Und so baut sich der Druck auf, da man es vielen Seminarlehrern einfach nicht recht machen kann...

Zitronenfalter
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Beitrag von Zitronenfalter »

@ alle, die sich durch Lehrproben furchtbar und zu Unrecht gestresst vorkommen:

Ich möchte gerne ein paar Fragen stellen:

1. Was habt Ihr eigentlich gegen Lehrproben?

2. Meint Ihr, Ihr würdet signifikant dazulernen, wenn man einfach nur eine gewisse Zeit an einer Schule "überleben" müsste und eines schönen Tages ist man dann "einfach so" Lehrer.

3. Würdet Ihr Eure Kinder gerne von solchen Lehrern unterichten lassen?

4. Würdet Ihr Euch gerne von Chirurgen operieren lassen, die nur eine gewisse Zeit in einem OP zugebracht haben, ohne dass ihnen ein Mord nachgewiesen werden konnte?

5. Würdet Ihr Euch gerne von der Stewardess in den Urlaub fliegen lassen, nur weil sie schon 10.000 Mal mitgeflogen ist?

Meine Beobachtung ist folgende: Das Niveau und die Bereitschaft dazuzulernen nimmt bei vielen nach dem Ref. eh rapide ab - ich will mir nicht ausdenken, was bei uns alles unterrichten würde, wenn´s da nicht wenigstens diese kleine Bremse gäbe.
Beispiele gefällig? Schaut Euch mal in Euren Kollegien um, wie viele Kollegen so ab Mitte 40 aufwärts wirklich fit im Umgang mit dem Computer sind. Oder fragt doch mal (das könnt Ihr schon bei denen ab Mitte 30 machen), wer Euch was zu neueren Ergebnissen der Lernforschung (das Brot des Lehrers an sich!) sagen kann. Doch vorsicht - Ihr werdet wahrscheinlich wie ein Auto angeschaut....

In vielen anderen Berufen müssen sich die Mitarbeiter regelmäßig zertifizieren, nur bei uns kommt man mit dem einmal im Ref. erworbenen Wissen durchs Berufsleben - das merkt man vielen halt auch an. Wie dann von diesen Lehrkräften den Schülerinnen und Schülern Lust und Bereitschaft auf ein lebenslanges Lernen geweckt werden soll, ist mir schleierhaft. Vor allem, wenn hier die Jammerei schon nach ein paar Monaten losgeht. Was soll das?

Die Ursachen für Stress und Burnout in späteren Jahren sind in der Fläche sicher auch in mangelnder Selbstkompetenz zu suchen als bei den "furchtbaren" Schülern. Wer schon im Ref. meint, den dortigen Anforderungen nicht gewachsen zu sein, der schafft es später im langen Berufsleben mit Sicherheit auch nicht.

Gruß
Zitro

Ach ja, noch was zu den Lehrproben, auch wenn´s das 100.000 Mal ist: Jeder weiß, dass das Niveau sowohl von der Vorbereitung als auch von der Durchführung her nicht mit normalen Stunden vergleichbar ist. Wer aber schon in einer Lehrprobe nur Durchschnittliches abliefert, der genügt den Anforderungen im Alltag sicher nicht mehr. Deshalb haben Lehrproben und Schaustunden absolut ihre Berechtigung - da will man sehen, was derjenige wirklich kann.

Aber auch das ist (leider!) symptomatisch für viele in unserem Berufsstand: Diejenigen, die jeden Tag bewerten, benoten, zurechtweisen etc. haben selbst das größte Problem damit, bewertet zu werden.
Wenn man also etwas ändern wollte (Freidenker - wo bist Du?), so würde ich empfehlen mit der eigenen Einstellung zum Beruf und zur Professionalität der Lehrperson anzufangen. Dann wäre schon viel gewonnen.
heiter weiter!

Ulysses
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Beitrag von Ulysses »

ich habe als Referendar Lehrproben auch gehasst und möchte niemals wieder eine ablegen. aber letztendlich hat mich damals schon ein Seminarlehrer damit überzeugt, dass er die Lehrprobe mit einen Meisterstück im Handwerk verglichen hat:

auch ein Handwerker muss, um Meister zu werden (übrigens: Meister sind im Handwerk die, die die Lehrlinge ausbilden!), ein Meisterstück abliefern, an das wesentlich höhere Ansprüche gestellt werden als an Werkstücke im normalen Berufsalltag.

warum? weil man sehen will, zu was der Mensch maximal in der Lage ist. niemand gibt im Alltag stets sein Maximum, aber manchmal ist es nötig. in der Prüfung soll man beweisen, dass man in der Lage ist, dann, wenn es nötig ist, das Maximale zu zeigen.

wer in der Lehrprobe oder beim Meisterstück nur Durchschnitt zeigt, bei dem muss man befürchten, dass er im Alltag noch weniger als das hinkriegt, und das reicht dann eben einfach nicht. vor allem dann nicht, wenn einmal deutlich mehr als nur der Durchschnitt gefordert ist.

abgesehen davon stelle ich mir ein Referendariat ohne Lehrproben so ähnlich vor wie einen Unterricht ohne Rechenschaftsablagen: wenn die Schüler nicht wissen, dass sie gelegentlich ausgefragt werden, lernen sie nichts, weil sie ja sowieso durchkommen. der Stoff bleibt also nur teilweise oder gar nicht hängen.

ähnlich wäre es mit Referendaren, die wissen, dass sie niemals ihr Können wirklich in einer Prüfungssituation unter Beweis stellen müssen: viele würden einfach nur Huschi-Wuschi -Unterricht machen und sich keine Mühe geben, gute Unterrichtsstrategien anzugewöhnen.

wie gesagt, ich habe als Referendar die Lehrproben und die Dauergängelei an der Seminarschule gehasst, und ich bin nach wie vor supersauer über manche Auswüchse (insbesondere über das mehr als befremdliche Gebaren des Kultusministeriums), aber im Nachhinein muss ich sagen, dass ich sehr froh bin, diese Schule durchgemacht zu haben.

ich habe sehr viele Kollegen, die kein Referendariat gemacht haben, und wenn ich sehe, wie schwer die sich manchmal tun, wird mir im Nachhinein schon klar, dass die zwei Jahre sehr gut angelegte Zeit waren.

Perfer et obdura, dolor hic tibi proderit olim! (Halte durch und werde hart, der Schmerz wird dir später nützen!)
Bayern, Gymnasium, Latein/Geschichte.
LAss seit Februar 2008 -- Planstelle an einem überaus elitären :mrgreen: städtischen Gymnasium
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