Nicht jeden zum Lehramtsstudium zulassen?

Konstruktive Kritik - das Referendariat muss reformiert werden! Eure Vorschläge...
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Hubselzwerg
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Re: Nicht jeden zum Lehramtsstudium zulassen?

Beitrag von Hubselzwerg »

Katharina Schneider hat geschrieben:Man muss eben die Schüler dort abholen, wo die vorherige Schule sie abgestellt hat.
Auch wenn ich das was Frau Schneider sonst so von sich gibt merkwürdig finde..

Der Satz hat was! :mrgreen:
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Ulysses
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Re: Nicht jeden zum Lehramtsstudium zulassen?

Beitrag von Ulysses »

SL hat geschrieben:
Ripley hat geschrieben:... meiner ansicht nach sind bereits genug möglichkeiten zur selektion in der universität und vor beginn des referendariats gegeben. ... ein wissenschaftliches studium ist grundsätzlich anspruchsvoll, durchhaltevermögen und bissigkeit kann man wohl jedem bescheinigen, der das 1. stex. in der tasche hat.
Das schon, aber sind das schon ausreichende Voraussetzungen für den Lehrerberuf?
die Forderung nach einer möglichst frühen Selektion wird ja immer wieder erhoben, aber ich frage mich, wie die aussehen soll. wie gut sich jemand in einem bestimmten Beruf schlägt, zeigt sich ja immer erst mit der Berufspraxis. und die kann ein Lehrer eben frühestens im Referendariat haben.

andererseits gibt es ja heute schon Orientierungspraktika, Blockpraktika, in manchen Bundesländern anscheinend Praxissemester wie an der FH usw. was sollte man da noch oben drauf setzen? noch mehr Praktika und noch mehr Praxissemester mit noch mehr Schülerkontakt?

angesichts der Tatsache, dass es heute schon manchen Eltern und Schülern mulmig zumute ist, wenn ein Referendar den Unterricht erteilt, stellt sich naürlich die Frage, wie gut es ankommt, wenn ein Student unterrichtet, der noch gar keinen Abschluss hat. ein Referendar ist wenigstens ein fertig ausgebildeter Akademiker, der seine fachliche Kompetenz durch ein Examen bewiesen hat.

aber wer diese Kompetenz noch nicht bewiesen hat und mangels genügender Semester noch gar nicht besitzt, dessen Fähigkeit zum Lehrerdasein kann man sicher auch nicht genügend austesten. möglicherweise erkennt man Unsicherheiten, die aber aus fachlichen Unsicherheiten herrühren und gar nichts mit der Lehrerpersönlichkeit zu tun haben usw.

Eignungstests sind auch so eine Sache, und jeder wird skeptisch, der halbwegs eine Ahnung von solchen Tests hat. die einzigen, die wirklich etwas von den Tests haben werden, sind vermutlich irgendwelche privaten Tutoren, die sich eine goldene Nase verdienen werden, indem sie Kurse und Tutorien verkaufen, mit denen sie die potentiellen Lehrer auf die Tests hindressieren.

und wie läuft es in anderen Branchen? überall gibt es Praktika oder ganze Praxissemester in irgendwelchen Formen, da kann man sich ja auch mal umschauen. letztendlich sind auch diese Praktika keine Allheilmittel, mit denen sich die Eignung zum Architekten, Anwalt, Luftfahrtingenieur, Physiker oder Controller zweifelsfrei feststellen lässt.

eine gewisse Anzahl der Bewerber verzweifelt auch hinterher im Job, trotz Praktika. ich bezweifle, dass das signifikant mehr oder weniger sind als in unserer Branche. wir sollten besser der Realität ins Auge blicken und uns damit abfinden, dass wir die Welt nie so hundertprozentig kontrollieren können, wie wir uns das wünschen.

und wir sollten uns von der Vorstellung verabschieden, dass wir irgendwie den Superlehrer klonen könnten, der alles perfekt hinkriegt und für jede Anforderung des Jobs perfekt geeignet ist. das würde ja bedeuten, dass wir alle mit einem Examen von schlechter als 1,0 aussortieren müssten oder alle anderen irgendwie zu einem 1,0-Examen bringen können.

aber das geht halt nicht, und das müssen wir akzeptieren.
Bayern, Gymnasium, Latein/Geschichte.
LAss seit Februar 2008 -- Planstelle an einem überaus elitären :mrgreen: städtischen Gymnasium
[i]... causas viresque perquirere rerum ...[/i]

CatherineDuquesne
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Re: Nicht jeden zum Lehramtsstudium zulassen?

Beitrag von CatherineDuquesne »

Ulysses hat hier Studenten angesprochen. Dazu ein kleiner Einwurf meinerseits. An meiner Schule gibt es gerade eine Praktikantin, die noch nicht viele Semester hat, aber doch schon mal ein längeres Praktikum macht. Was ich mitbekommen habe: Sie hätte das auch später machen können, aber sie will schon (na ja, wie das jetzt ist? Meine Praktka liefen ja noch nach alter LPO). Ihre Betreuerin stöhnt schon: Die ist ja ganz nett, aber ihre Erfahrung... Sie hätte z. B. noch zu wenig Sprachpraxis, man müsse jede Stunde lange vor- und nachbereiten. Dem Mädel macht es Freude. Aber ob sie mitbekommt, wie man denkt? Wohl kaum, denn ihr gegenüber werden solche Dinge nicht ausgesprochen. Man möchte sie ja auch nicht verletzen.
Und das sind nur wenige Stunden. Wenn man jetzt Studenten ohne didaktische Seminare oder Erfahrung ranließe, man kann sich vorstellen, wie man da in größerem Rahmen denken würde.
"Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren." B. Brecht

Ripley
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Re: Nicht jeden zum Lehramtsstudium zulassen?

Beitrag von Ripley »


Ripley hat geschrieben:... meiner ansicht nach sind bereits genug möglichkeiten zur selektion in der universität und vor beginn des referendariats gegeben. ... ein wissenschaftliches studium ist grundsätzlich anspruchsvoll, durchhaltevermögen und bissigkeit kann man wohl jedem bescheinigen, der das 1. stex. in der tasche hat.


Das schon, aber sind das schon ausreichende Voraussetzungen für den Lehrerberuf?
...nein, natürlich reicht das nicht aus, ich habe ja auch angesprochen, dass es abseits von fachkompetenz auf eine persönlichkeit ankommt, die irgendwie ausstrahlung, didaktisches talent, begeisterungsfähigkeit etc. vereinen sollte.
... ich war übrigens nicht am neusten stand. heute mittag habe ich erfahren, dass unsere noch schulministerin für die unis in nrw einen lehramtseignungstest fürs kommende semester verabschiedet hat. frischlinge, gerade mit abitur ausgestattet, sollen hospitieren und auch unterrichten etc. und erst nach erfolgreichem eignungstest zugelassen werden. wer soll denn da aufgrund welcher kriterien die grüne oder rote karte ziehen? ich nicht 8)
... irgendwie ist das alles nicht so richtig nachvollziehbar, aber was solls :D

Katharina Schneider
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Re: Nicht jeden zum Lehramtsstudium zulassen?

Beitrag von Katharina Schneider »

Hubselzwerg hat geschrieben:Auch wenn ich das was Frau Schneider sonst so von sich gibt merkwürdig finde..
Merkwürdig!? Nur merkwürdig! Das empfinde ich hier im Rahmen des Forums als Kompliment. Danke! 8)
dein Verhalten und du - das kotzt alles dermaßen an. Halte doch einfach mal deine Fresse! (...) verpiss dich von hier. Es geht hier um die SCHULE. Von der DU allerdings keine Ahnung (mehr) hast.

Referendar123
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Re: Nicht jeden zum Lehramtsstudium zulassen?

Beitrag von Referendar123 »

SL hat geschrieben:Eine unabhängige, repräsentative Studie kam 2009 bei der Befragung von Referendaren aller Schularten in Bayern zu hervorragenden Bewertungen.
Quelle?

Piccola
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Re: Nicht jeden zum Lehramtsstudium zulassen?

Beitrag von Piccola »

Die Idee, die dahinter steckt, ist absolut verständlich und erstrebenswert, jedoch schwierig realisierbar.

Das Referendariat ist eine besondere Zeit, in der auch nicht immer klar wird, ob Referendar X nicht doch ein guter Lehrer ist/wird, was auch immer.
Nicht jeder, der das Ref gut meistert, wird ein guter Lehrer auf die lange Sicht, und nicht jeder, der schlecht abschneidet oder durchrasselt und erst beim zweiten Anlauf besteht, wird zwingend ein schlechter Lehrer.

Natürlich soll vermieden werden, dass Menschen im Referendariat scheitern und am Ende ohne vollständigen Abschluss dastehen. Ich fände es auch gut, wenn man schon im Vorfeld so etwas voraussehen könnte, aber ich denke, dass es leider nicht möglich ist :-(, da das Gelingen des Referendariats nicht ausschließlich von der Person des jeweiligen Referendars abhängt.

Hinzu kommt, dass auch Praktika nicht mit der Situation des Referendariats verglichen werden können, aber zumindest kann ein Lehramtsstudent im Praktikum schon einmal für sich entscheiden, ob er sich prinzipiell vorstellen kann, an einer Schule zu arbeiten. Deshalb finde ich die Einführung der Praxissemester gut (zu meiner Zeit gab es so etwas noch nicht).

Nochmal zurück zur vorzeitigen Feststellung zur Eignung zum Lehrer: Wie gesagt, es wäre schön (für alle Beteiligten), wenn das möglich wäre.

Aber Menschen verändern sich, Situationen ändern sich, hinzu kommen Zufälle, äußere, innere Faktoren, etc., so dass jemand, der sich noch im Studium in den Praktika als "ungeeignet" erweist, im Ref super zurecht kommt oder auch umgekehrt.
Dann gibt es auch noch die Variante, dass Leute im Ref gut zurecht kamen und am Lehrerberuf scheitern (ich sehe noch immer deutliche Unterschiede zwischen Praktika, Referendariat und Lehrerberuf).

Ich selbst wollte zunächst nicht Lehrer werden. Deshalb studierte ich noch etwas anderes und machte zudem das Diplom in der Fitnessbranche. Schon meine Lehrer rieten mir davon ab, Lehrerin zu werden: Ich war als Jugendliche nicht selbstbewusst, schüchtern, nicht durchsetzungsfähig, verträumt. Die Praktika, die ich im Studium machte, bestärkten mich in meiner Ansicht, dass die Arbeit in der Schule nichts für mich wäre. Das Ref empfand ich als Horror, auch wenn ich gute Noten hatte, aber sorry: Ich hatte einfach viel Glück gehabt und Noten sagen leider auch nicht mehr aus über die Qualität eines angehenden Lehrers als das Aussehen eines Menschen über dessen Persönlichkeit.

Jetzt bin ich im dritten Jahr Lehrerin und sehr zufrieden damit.
Ich komme sogar richtig gut zurecht.

Auch das kann sich ändern, bei jedem Menschen: In einem Jahr, in 10 Jahren, in 30 Jahren oder aber nie.
Es spielen immer sehr viele Faktoren zugleich eine Rolle dafür, so ist das Leben, so ist der Mensch.

Es wäre auch schön, wenn es möglich wäre durch bestimmte Maßnahmen zu verhindern, dass ein Mensch zum Amokläufer oder Mörder wird.
Einiges kann gewiss verhindert werden, aber es wird immer wieder solche Vorfälle geben. Es gibt kein Patentrezept für so etwas.

Nochmal zurück zum Lehrerberuf und Ref:
Ich fände so etwas wie kollegiales Coaching interessant. Dafür müsste das ganze Kollegium eine Ausbildung zu dem Thema machen.
Bei den Psychologen und bei einigen Ärzten gibt es so etwas.
Externe Coaches sind kostspielig, aber wenn das Kollegium dazu ausgebildet wird, müsste es doch gehen, oder?
Für Referendare wäre ein Coaching auch gut. Ich habe das in meinem zweiten Ausbildungsjahr in die Hand genommen und versucht, eine Mitreferendarin zu unterstützen. Im ersten Ausbildungsjahr hatten wir Referendare uns bemüht, uns gegenseitig aufzufangen (ich fand unseren Jahrgang großartig in dieser Hinsicht). Da weder ich noch die meisten anderen leider keine Coaching-Ausbildung hatten, sind wir selbst dabei auf dem Zahnfleisch gegangen.

Ich halte viel von dem Thema Coaching. Seit ich unsere Kids coache (Bisher haben wir halt noch nicht so viel Personal (Privatschule im Aufbau), so dass wir Lehrer das momentan machen, auch wenn es ein Extra-Job ist.) und sehe, was dadurch Großartiges möglich ist, glaube ich schon irgendwie daran, dass so etwas auch für Referendare und Lehrer produktiv sein könnte.

Das ist nur eine von vielen Möglichkeiten.

Ich persönlich finde es sinnvoller, eine nachhaltige Methode zu suchen als punktuell im Vorfeld Stichproben zu nehmen, die nicht berücksichtigen, dass Dinge, Menschen und deren Einstellungen sich verändern bzw. weiterentwickeln.

Der junge Student von heute, der sich 5 Jahre lang und bei diversen "Tests" als "ungeeignet" erweist, könnte in 10 Jahren zu einem der geeignetesten Lehrer an seiner Schule geworden sein und umgekehrt.
Und so etwas kommt nicht selten vor - im Gegenteil.
Mens sana in corpore sano :-)

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