Die Idee, die dahinter steckt, ist absolut verständlich und erstrebenswert, jedoch schwierig realisierbar.
Das Referendariat ist eine besondere Zeit, in der auch nicht immer klar wird, ob Referendar X nicht doch ein guter Lehrer ist/wird, was auch immer.
Nicht jeder, der das Ref gut meistert, wird ein guter Lehrer auf die lange Sicht, und nicht jeder, der schlecht abschneidet oder durchrasselt und erst beim zweiten Anlauf besteht, wird zwingend ein schlechter Lehrer.
Natürlich soll vermieden werden, dass Menschen im Referendariat scheitern und am Ende ohne vollständigen Abschluss dastehen. Ich fände es auch gut, wenn man schon im Vorfeld so etwas voraussehen könnte, aber ich denke, dass es leider nicht möglich ist
, da das Gelingen des Referendariats nicht ausschließlich von der Person des jeweiligen Referendars abhängt.
Hinzu kommt, dass auch Praktika nicht mit der Situation des Referendariats verglichen werden können, aber zumindest kann ein Lehramtsstudent im Praktikum schon einmal für sich entscheiden, ob er sich prinzipiell vorstellen kann, an einer Schule zu arbeiten. Deshalb finde ich die Einführung der Praxissemester gut (zu meiner Zeit gab es so etwas noch nicht).
Nochmal zurück zur vorzeitigen Feststellung zur Eignung zum Lehrer: Wie gesagt, es wäre schön (für alle Beteiligten), wenn das möglich wäre.
Aber Menschen verändern sich, Situationen ändern sich, hinzu kommen Zufälle, äußere, innere Faktoren, etc., so dass jemand, der sich noch im Studium in den Praktika als "ungeeignet" erweist, im Ref super zurecht kommt oder auch umgekehrt.
Dann gibt es auch noch die Variante, dass Leute im Ref gut zurecht kamen und am Lehrerberuf scheitern (ich sehe noch immer deutliche Unterschiede zwischen Praktika, Referendariat und Lehrerberuf).
Ich selbst wollte zunächst nicht Lehrer werden. Deshalb studierte ich noch etwas anderes und machte zudem das Diplom in der Fitnessbranche. Schon meine Lehrer rieten mir davon ab, Lehrerin zu werden: Ich war als Jugendliche nicht selbstbewusst, schüchtern, nicht durchsetzungsfähig, verträumt. Die Praktika, die ich im Studium machte, bestärkten mich in meiner Ansicht, dass die Arbeit in der Schule nichts für mich wäre. Das Ref empfand ich als Horror, auch wenn ich gute Noten hatte, aber sorry: Ich hatte einfach viel Glück gehabt und Noten sagen leider auch nicht mehr aus über die Qualität eines angehenden Lehrers als das Aussehen eines Menschen über dessen Persönlichkeit.
Jetzt bin ich im dritten Jahr Lehrerin und sehr zufrieden damit.
Ich komme sogar richtig gut zurecht.
Auch das kann sich ändern, bei jedem Menschen: In einem Jahr, in 10 Jahren, in 30 Jahren oder aber nie.
Es spielen immer sehr viele Faktoren zugleich eine Rolle dafür, so ist das Leben, so ist der Mensch.
Es wäre auch schön, wenn es möglich wäre durch bestimmte Maßnahmen zu verhindern, dass ein Mensch zum Amokläufer oder Mörder wird.
Einiges kann gewiss verhindert werden, aber es wird immer wieder solche Vorfälle geben. Es gibt kein Patentrezept für so etwas.
Nochmal zurück zum Lehrerberuf und Ref:
Ich fände so etwas wie kollegiales Coaching interessant. Dafür müsste das ganze Kollegium eine Ausbildung zu dem Thema machen.
Bei den Psychologen und bei einigen Ärzten gibt es so etwas.
Externe Coaches sind kostspielig, aber wenn das Kollegium dazu ausgebildet wird, müsste es doch gehen, oder?
Für Referendare wäre ein Coaching auch gut. Ich habe das in meinem zweiten Ausbildungsjahr in die Hand genommen und versucht, eine Mitreferendarin zu unterstützen. Im ersten Ausbildungsjahr hatten wir Referendare uns bemüht, uns gegenseitig aufzufangen (ich fand unseren Jahrgang großartig in dieser Hinsicht). Da weder ich noch die meisten anderen leider keine Coaching-Ausbildung hatten, sind wir selbst dabei auf dem Zahnfleisch gegangen.
Ich halte viel von dem Thema Coaching. Seit ich unsere Kids coache (Bisher haben wir halt noch nicht so viel Personal (Privatschule im Aufbau), so dass wir Lehrer das momentan machen, auch wenn es ein Extra-Job ist.) und sehe, was dadurch Großartiges möglich ist, glaube ich schon irgendwie daran, dass so etwas auch für Referendare und Lehrer produktiv sein könnte.
Das ist nur eine von vielen Möglichkeiten.
Ich persönlich finde es sinnvoller, eine nachhaltige Methode zu suchen als punktuell im Vorfeld Stichproben zu nehmen, die nicht berücksichtigen, dass Dinge, Menschen und deren Einstellungen sich verändern bzw. weiterentwickeln.
Der junge Student von heute, der sich 5 Jahre lang und bei diversen "Tests" als "ungeeignet" erweist, könnte in 10 Jahren zu einem der geeignetesten Lehrer an seiner Schule geworden sein und umgekehrt.
Und so etwas kommt nicht selten vor - im Gegenteil.