Alle Lehrer zukünftig auf Gymnasialniveau ausbilden?

Konstruktive Kritik - das Referendariat muss reformiert werden! Eure Vorschläge...
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Zitronenfalter
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Re: Alle Lehrer zukünftig auf Gymnasialniveau ausbilden?

Beitrag von Zitronenfalter »

Dann brauchen die ein breites Kreuz - und das haben nicht alle.

Auf jeden Fall wird sich so manches ändern - ob´s besser wird werden wir erleben...aber frühestens in 15 Jahren.

Gruß
Zitro
heiter weiter!

cyhyryiys
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Re: Alle Lehrer zukünftig auf Gymnasialniveau ausbilden?

Beitrag von cyhyryiys »

Wochenpläne funktionieren in einzelnen Fächern, aber nicht in allen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob freie Arbeitsformen sich unbedingt für Klassen eignen, die mit Disziplin großé Schwierigkeiten haben und die noch nicht mal die Basics auf der Pfanne haben. Wie z.B. dass man dem anderen nicht ständig Dinge wegnimmt, dass man seine Sachen mitbringt, dass Freiarbeit kein Freibrief ist ständig aufs Klo oder in die Raucherecke zu rennen. Wir haben ingsgesamt mehr gute Erfahrungen mit klassischem Unterricht gemacht, der durch Projekte dann und wann unterbrochen wird.
Letztere Variante dürfte klar auch in den meisten HS vorherrschen. Ein Kernproblem der mangelnden Basics rührt bei den HS m. E. daher, dass Methoden kaum geübt und von Klassenlehrer zu Lehrer über Jahre unterschiedlich gehandhabt werden (Methodencurriculum hin oder her). Bei Herrn Maier gibt es den Sitzkreis mit Palaver, bei Frau Pfeiffer schreibt man 45 Minuten was von der Tafel ins Heft ab und bei Müller gibt es den Wochenplan. Dann vermutlich doch besser überall generell die klassische Variante und man differenziert über eine fest vorgegebene Arbeitsform anhand von Zusatzaufgaben und Lösungsmöglichkeiten als dass man etwas zu Offenes anbietet.
Ich denke grundsätzlich jedoch nicht, dass man klassischen Unterricht und offenere Angebote mit den Begriffen Disziplin und laissez faire gegenüberstellen darf. Störungen kommen vermutlich in offeneren U-Formen dann vor, wenn Schüler den Eindruck haben, in einer solchen Phase sei der Lehrer schlichtweg abwesend und die unterrichtlichen Ziele seien unverbindlich. hinzu kommt aber auch, dass bisher kaum ein Lehrer weder im Ref noch im Studium auf solch ein Klientel in ausreichendem Maße vorbereitet wurde.
Das Problem ist, dass gerade schwache Schüler mit offenen Unterrichtsformen nicht zurechtkommen. Aber nur offene Unterrichtsformen ermöglichen sinnvolle Differenzierung. Ein Dilemma, für das zumindest ich noch(?) keine Lösung gefunden habe.
Du musst es dir grundsätzlich allein ja nicht zu schwer machen - Nochmals am Beispiel Wochenplan: Hier hast du die Möglichkeit, dich intensiver um einzelne Schüler zu kümmern, während die anderen still an ihren Aufgaben arbeiten und ihre Ergebnisse anhand von Lösungen selbst kontrollieren (geht in Mathe und Deutsch ganz gut, auch in einer 9. Klasse HS. zumindest für HS bieten Verlage bereits Lösungen zu ihren Materialien mit an, sehe das aber auch in den aktuellen Arbeitsheften für Klasse 7/8 im Fach Deutsch). Diese gemeinsame Lernzeit ist wie ich finde ergiebiger und ausreichend differenzierter als Schnickschnack wie schlecht organisierte Partnerarbeit und Gruppenarbeit mit unklaren Aufgaben oder aber Dinge wie reines Zuhören oder bloßes abschreiben von der Tafel. Das muss man natürlich etablieren ist aber zumindest für einen Lehrer der im klassischen Unterricht keine häufigen Störungen hat, der hat auch in dieser Stillarbeit kein Problem.
Zuletzt geändert von cyhyryiys am 03.04.2013, 16:11:52, insgesamt 1-mal geändert.

Hubselzwerg
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Re: Alle Lehrer zukünftig auf Gymnasialniveau ausbilden?

Beitrag von Hubselzwerg »

musst es dir grundsätzlich allein ja nicht zu schwer machen - Nochmals am Beispiel Wochenplan: Hier hast du die Möglichkeit, dich intensiver um einzelne Schüler zu kümmern, während die anderen still an ihren Aufgaben arbeiten und ihre Ergebnisse anhand von Lösungen selbst kontrollieren (geht in Mathe und Deutsch ganz gut, auch in einer 9. Klasse HS. zumindest für HS bieten Verlage bereits Lösungen zu ihren Materialien mit an, sehe das aber auch in den aktuellen Arbeitsheften für Klasse 7/8 im Fach Deutsch). Diese gemeinsame Lernzeit ist wie ich finde ergiebiger und ausreichend differenzierter als Schnickschnack wie schlecht organisierte Partnerarbeit und Gruppenarbeit mit unklaren Aufgaben oder aber Dinge wie reines Zuhören oder bloßes abschreiben von der Tafel. Das muss man natürlich etablieren ist aber zumindest für einen Lehrer der im klassischen Unterricht keine häufigen Störungen hat, der hat auch in dieser Stillarbeit kein Problem.
Das ist in der Theorie ja schön und gut. Und manchmal sogar in der Praxis :mrgreen:
Ich habe die Praxis des offenen Arbeitens jeden Tag vor mir. Sehe aber auch, dass das gerade für die Schwächen Schüler schwierig ist.
Vor allem aber ist das nunmal nicht mit allen Klassen möglich. Denn dass viele Schüler mancherorts nichtmal die Grundlagen mitbringen (damit meine ich sowas wie andere ausreden lassen, nicht im Raum herumrennen...) liegt eben NICHT daran, dass die Lehrkräfte da bisher was versäumt haben oder das zu unterschiedlich handhaben. Sondern einfach an den Schülern.
Und es gibt nunmal Klassen, da fällt der Teil "die anderen arbeiten still" einfach weg. Denn diese anderen sind einfach zu wenig.
Du selbst wenn ich mir eine ganz normale 7. klasse vorstelle (also ohne 2 Heimkinder, ohne ein Kind, dass sich um seine depressive Mutter kümmert, ohne ein Mädchen, dass sich sein Tachengeld durch Prostitution verdient, ohne hyperaktive Kinder...) Also, selbst in dieser Fantasieklasse der Glücksseeligkeit sitzen Schüler. Und deren erstes Interesse ist nunmal nicht das Lernen.
Selbst dir bravsten Klassen darf man nicht zu lange aus den Augen lassen.

Aber gut, mancher hat vielleicht so eine ausgeprägte natürliche Autorität und dazu die wunderbare Gabe, alle Schüler intrinsisch motivieren zu können, dass das funktioniert.

An meiner Schule wird übrigens in Jahrgang 5 und 6 nur noch offen gearbeitet. Und ich arbeite dort gerne! Sehe aber eben auch, welche Probleme das mit sich bringt.
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Zitronenfalter
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Re: Alle Lehrer zukünftig auf Gymnasialniveau ausbilden?

Beitrag von Zitronenfalter »

Ich habe gehört, dass aufgrund neuester (!) wissenschaftlicher Studien das Vorlesen wieder in Mode kommt. Das regelmäßige Vorlesen durch die Lehrkraft soll eine Reihe positiver Effekte für das Unterrichtsgeschehen zeitigen. Von außen betrachtet also eine wissenschaftliche Untermauerung von Handlungsweisen, die Eltern-, Großeltern- und Lehrergenerationen schon lange vor uns instinktiv richtig gemacht haben. Angewendet auf die aktuelle Diskussion heißt das:

Eine Rückbesinnung auf Dinge, die schon 100 Jahre alt sind. Man darf es natürlich nicht so nennen - damit man politisch sich nicht als ewig Gestriger dasteht - aber der Grundgedanke bleibt: Niedrigschwelliges Angebot machen und dann üben, üben, üben...
Wussten übrigens schon die Römer: "Repetitio est mater studiorum" (oder so ähnlich...).

Die individuelle Differenzierung liegt zuallererst in der Geschwindigkeit, in der die Aufgaben durchlaufen werden können. Vielleicht angereichert mit einem "Benchmarking" - damit sich´s wenigstens neu anhört. Das ist auch in einer Klasse mit mehr als 8 Schülern für die Lehrkraft schaffbar. Natürlich nichts Neues - aber vielleicht praktikabel?

Gruß
Zitro

PS: Ich warte auf den ersten reflexartigen Einwand: "Ja dann komm´ich aber mit meinem Stoff nicht durch."
heiter weiter!

LatinaTeacharin
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Re: Alle Lehrer zukünftig auf Gymnasialniveau ausbilden?

Beitrag von LatinaTeacharin »

Welcher Stoff? - Wir haben doch Bildungsstandards und leben im Zeitalter der Kompetenzen ... :lol: :lol: :lol: :lol:

cyhyryiys
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Re: Alle Lehrer zukünftig auf Gymnasialniveau ausbilden?

Beitrag von cyhyryiys »

Vor allem aber ist das nunmal nicht mit allen Klassen möglich. Denn dass viele Schüler mancherorts nichtmal die Grundlagen mitbringen (damit meine ich sowas wie andere ausreden lassen, nicht im Raum herumrennen...) liegt eben NICHT daran, dass die Lehrkräfte da bisher was versäumt haben oder das zu unterschiedlich handhaben. Sondern einfach an den Schülern.
Und es gibt nunmal Klassen, da fällt der Teil "die anderen arbeiten still" einfach weg. Denn diese anderen sind einfach zu wenig.
Die Lehrkraft ist sicherlich nicht dafür verantwortlich mit welchen sozialen Voraussetzungen die Schüler in die Schule kommen. Sie ist aber dafür verantwortlich, dass Lernen in vernünftigem Rahmen erfolgen kann. Jeder kennt Geschichten von "Horrorklassen" aber meist auch einen Kollegen, welcher diese Klasse "besser im Griff hat", als andere. Die Frage ist daher, was eine Lehrkraft unternehmen kann, um eine Lern- und Arbeitsatmosphäre zu gewährleisten. Neben jeder Menge Beziehungsarbeit (gerade bei HS läuft viel über diese Schiene) gehören dazu immer inhaltliche Klarheit und eindeutige Regeln. Hat man eine brauchbare Schulleitung hinter sich stehen und ein sozialpädagogisches Team an der Schule, dann sollte eine Lehrkraft genug Durchsetzungsvermögen beweisen können. Auf diesen Punkt weist Hatties Metastudie deutlich hin: Mehr denn Fachwissen des Lehrers und die Schulstruktur steht der Lehrer im Zentrum und trägt für Gelingen oder Misslingen des Lernens in hoher Weise bei. Die derzeitige Lehrerausbildung begnügt sich jedoch schwerpunktmäßig noch immer auf einen 3-Schritt im Unterricht, welcher mit jedem Einstieg in eine Stunde Motivation und Begeisterung auslösen soll und lässt die Lehrkraft jedoch mit Fragen wie Umgang mit Konflikten und Beziehungsarbeit im Regen stehen.
Ich habe gehört, dass aufgrund neuester (!) wissenschaftlicher Studien das Vorlesen wieder in Mode kommt. Das regelmäßige Vorlesen durch die Lehrkraft soll eine Reihe positiver Effekte für das Unterrichtsgeschehen zeitigen. Von außen betrachtet also eine wissenschaftliche Untermauerung von Handlungsweisen, die Eltern-, Großeltern- und Lehrergenerationen schon lange vor uns instinktiv richtig gemacht haben. Angewendet auf die aktuelle Diskussion heißt das:
Ein Kollege liest in Klasse 6 sogar jeden morgen ca. 5 Minuten ein Kapitel aus irgendeinem Buch vor - sozusagen als Appetizer zum Buch ausleihen. Tatsächlich lässt sich bei diesen Schülern ein eher positives Leseverhalten beobachten, indem sie Bücher zum Lesen für die Mittagspause mitbringen. Wäre schön, wenn Vorlesen wieder populär wird.

Jula13
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Re: Alle Lehrer zukünftig auf Gymnasialniveau ausbilden?

Beitrag von Jula13 »

Die derzeitige Lehrerausbildung begnügt sich jedoch schwerpunktmäßig noch immer auf einen 3-Schritt im Unterricht, welcher mit jedem Einstieg in eine Stunde Motivation und Begeisterung auslösen soll und lässt die Lehrkraft jedoch mit Fragen wie Umgang mit Konflikten und Beziehungsarbeit im Regen stehen.
Exakt.
Und man ruht sich auf dem Dogma aus, dass in perfekt geplantem Unterricht keine Störungen vorkommen. Und wenn doch, dass man dann einfach nicht perfekt genug geplant hat. :roll:
In meinem Hauptseminar lernte ich übrigens zum Thema Unterrichtsstörungen lediglich dies: "Jedes Problem beinhaltet schon seine Lösung." Mag ja sein, aber ich sehe mich nicht dazu in der Lage, die Lösung freizulegen und gleichzeitig die restlichen 32 SuS weiterhin angemessen zu unterrichten. (Zumal es ja Klassen gibt, in denen mindestens 10 Lösungen gleichzeitig freigelegt werden müssten ...)

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