Atmosphäre verbessern und Prüfungen abschaffen !

Konstruktive Kritik - das Referendariat muss reformiert werden! Eure Vorschläge...
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SL

Beitrag von SL »

Hallo Freidenker,
weil mich die Sache als Seminarleiter/Seminerlehrer direkt betrifft, erlaube ich mir deine Gedanken hier nocheinmal aufzugreifen.
Zunächst mal, ist es ok, wenn ich zum "du" übergehe? Ich habe mich schon überzeugen lassen, dass es in Foren nun mal so üblich ist. Also, ich hoffe, das ist ok.
Hallo, sehr bedrückend empfand ich die Atmosphäre im Seminar und bei den Unterrichtsbesuchen.

Bei den Unterrichtsbesuchen, bzw. in den Nachgesprächen fiel mir das Verhalten einiger Fachleiter gegenüber den Referendaren sehr negativ auf.
Kritiken hinsichtlich des Unterrichts fielen oft nicht sachorientiert und konstruktiv aus. Persönliche Demütigungen kamen das ein oder andere Mal vor (Ich beziehe mich dabei nicht nur auf eigene Unterrichtsbesuche).
Kenne ich aus meiner Referendarszeit. Hat meines Erachtens aber nur bedingt mit dem System als vielmehr mit den Menschen zu tun.
Ich denke, hinsichtlich des Umgangs mit Erwachsenen (!) müssten einige Fachleiter von ihrer Dienststelle besser eingenordet und überprüft werden.
Hier denke ich, müsste an der Ausbildung der SL bzw. FL angesetzt werden. Ich weiß nicht, wie es in anderen Bundesländern ist, aber in BY gibt es praktisch keine Ausbildung für die SL/FL.
Man stelle sich das wirklich vor: Die, die ausbilden sollen, werden selbst nicht dazu ausgebildet. DAS ist doch das Manko.
Das Referenadariat als Erziehung von Untertanen halte ich nicht für zeitgemäß und effektiv.
Stimme ich zu. Ist m.E. aber auch in vielen Seminaren nicht mehr so.
Mir ist bis heute noch nicht klar, ob es an den Fehlern im "System" liegt oder an den konkreten Persönlichkeiten in diesem System.
Ich denke, dass das System bestimmte Missstände begünstigt, aber letztendlich immer die Persönlichkeit der Ausbilder entscheident ist.
Auf der anderen Seite ist der Referendar hinsichtlich Benotung den Fachleitern ausgeliefert, was zu einem verkrampften Klima während des gesamten Referendariats beiträgt (Belastend auch für den Fachleiter !).
Naja, die Schüler benoten wir ja auch, sind die uns deswegen gleich ausgeliefert?
Als Belastung empfinde ich es bisher nicht. Das liegt aber auch daran, dass aufgrund des Lehrermangels derzeit praktisch jeder meiner Referendare genommen wird. Wie das in ein paar Jahren ist, wenn ich mit entscheiden muss, wer nach dem Ref einen Job hat und wer auf der Straße steht, weiß ich noch nicht.
Ich könnte mir vorstellen, dass man anstelle der Prüfungen mehrere Scheine (unbenotet) absolviert, z.B. bei einigen Unterrichtsbesuchen, Examenshausarbeit, Kolloqium etc.
Wie viele andere bereits geschrieben haben, halte ich das auch für keine gute Lösung.
Irgendeine Art von Ranking wird es immer geben müssen.
Eine benotete Lehrprobe lässt sich zumindest noch besser nachprüfen, als ein Unterrichtsbesuch, in der der SL ganz alleine drin war. DAS öffnet doch der Willkür Tür und Tor.
In unserem Kollegium kenne ich auch kaum jemanden, der sich irgendwie positiv zum Thema Rerendariat geäußert hätte.
Naja, das hat aber auch damit zu tun, dass es eben eine Ausbildung ist und dass jeder froh ist, wenn er fertig ist und im Beruf steht. Schon aus finanziellen Gründen.

Übrigens gutes Stichwort: Da müsste man meines Erachtens angreifen. 1.000 Euro pro Monat ist für einen Akademiker zu wenig.
Ich bin nicht prinzipiell gegen den Leistungsgedanken, aber es muss im System dringend daran gearbeitet werden, dass eine Atmosphäre der "Entspannten Kreativität" entstehen kann, für die Rerendare und (!) auch für die Fachleiter, die sich ja möglicherweise selbst in diesem System nicht wohlfühlen (Wenn sie ehrlich sind).-Sonst wären sie ja nicht so, wie sie teilweise sind.
Ok, ich bin ehrlich. Ich fühle mich als SL (FL) wohl.
Mit ist klar, dass ich für diesen Satz von euch Referendaren jetzt viele Schläge bekommen werde, aber er ist ehrlich und ich kann ihn auch begründen.

Man hat als SL (FL) recht viele Freiheiten, man kann sehr kreativ arbeiten. Man hat auch kaum Druck von oben.

Das Entscheidende ist eben nun, was man als SL daraus macht!
Also, wenn ich höre, dass Kollegen sich beschweren und als SL unzufrieden sind, kann ich das nur bedingt nachvollziehen.

Wie gesagt, es ist nicht so sehr das System, sondern vielmehr die Personen und das, was sie daraus machen.
Da Referendare in der Schule es mit Schülern und Menschen (!)
zu tun haben, die zu Recht freudige und positiv gestimmte Lehramtsanwäter erwarten, wird es allerhöchste Zeit, dass die Seminare ihre Referendare auch bitteschön positiv motivieren, anstatt sie stimmungsmäßig zu drücken.
Was soll ein Referendar, der vom Seminar zusätzlich massiv gestresst wird, den Schülern an Motivation und Lernfreude vermitteln ?
Vollkommen d'accord!
Die künftigen Ausbildungsseminare als Orte der "Ehrlichen Kreativitäts- und Persönlichkeitsfindung" ! Aber wann ?
Hat schon begonnen, wenn auch noch nicht überall. Aber es gibt bereits eine neue Generation von SL.
Und die können sogar mit dem Internet umgehen... ;-)

Rico
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Registriert: 17.02.2007, 15:37:23

Beitrag von Rico »

Vorweg gesagt: Ich habe insgesamt Glück mit meinen Fachleitern und noch keine Situation erlebt, die man ernsthaft als schwer unprofessionell bezeichnen könnte.

Aber eine Sache fällt mir doch auf.
Ich habe vor dem Ref. einige Jahre an der Uni gearbeitet und war dort ein kleines trübes Licht unter Koryphäen, will sagen, unter Leuten, die sich in ihrem Fachbereich wirklich international einen Namen gemacht haben.

Das Absurde ist nun, dass ich diesen Leuten gegenüber meine Meinung über fachliche Fragen offener äußern konnte als das im Fachseminar oft der Fall ist. Dort ertappe ich mich nämlich immer wieder dabei, dass ich mir auf die Lippen beiße und aus taktischen Gründen den Mund halte. Und dabei rede ich nicht von irgendwelchen (sinnlosen) Diskussionen, die sich im Kreis zu drehen beginnen, sondern von einer grundsätzlichen Haltung.

Das Ref. hat tatsächlich nicht viel mit Erwachsenenbildung zu tun. Und meiner küchenpsychologischen Meinung nach liegt das auch daran, dass die Fachleiter vorher jahrelang Lehrer im normalen Schuldienst waren und somit Schwierigkeiten haben, sich auf die neue "Schülerschaft" (die Referendare) einzustellen.

Wenn ich eine Fortbildung für Fachleiter organisieren dürfte, wäre mein Mantra: Bedenke, o Fachleiter, diese Leute sind erwachsen, haben den gleichen akademischen Abschluss wie du selbst und viele von diesen Individuen haben auch schon außerhalb des Schuldiensts ein eigenverantwortliches Leben geführt ...

Naja, so ungefähr jedenfalls ... :wink:

skuller
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Registriert: 09.11.2007, 21:32:30

Beitrag von skuller »

ich wär dafür, dass die refs die zwei jahre durchbenotet werden und es keine upp mehr gibt. wenn man den nerv des eigenen fl getroffen hat, trifft man nicht unbedingt den, der kommission.

am besten fänd ich, wenn man von der schule beurteilt wird. die sehen einen jeden tag und sehen vor allem, ob die schüler etwas lernen und wie man mit ihnen umgeht. die fl sehen nur showstunden bzw. wollen auch nur diese sehen und die upp ist doch echt ein scherz, da sitzen leute, die eine momentaufnahme sehen und über alles oder nichts entscheiden.

skuller
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Registriert: 09.11.2007, 21:32:30

Beitrag von skuller »

ich finds ja echt interessant. dass wir so viel kritik finden. bei den medizinern ist das aip endlich abgeschafft worden, warum sind die lehrer noch nicht so weit?
man zwängt uns doch irgendwie den stil der fl auf, wenn wir den nicht kopieren, ist es schlecht für uns aber ggf. richtig für die schüler. wir sollen doch unseren stil finden und schülerorientiert unterrichten...warum lässt man uns dann nicht? die schulleitung wird das schon korrigieren bzw. die ausbildungslehrer. und ganz bestimmt die schüler!

Tigywigy
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Registriert: 29.10.2007, 15:53:13

Beitrag von Tigywigy »

Zum Teil stimmt es, dass den Referendaren unnötig Stress verpasst wird.

Ich meine, zum Beispiel der BdU ist auf jeden Fall wichtig, um sich mal allein zu behaupten und Sachen auszuprobieren, ohne dass direkt jemand dahinter steht. Andererseits ist ja gerade das Problem die fehlende Rückmeldung. An unserer Schule kappt es fast nie, dass mal ein AKo mitkommt in den BdU und Rückmeldungen gibt. Und als Ref braucht man das, weil man erst lernen muss, die gehaltene Stunde auch kritisch zu reflektieren. Also wäre ich für weniger BdU.

Nebenher hat man ja noch den Ausbildungsunterricht, da lernt man meiner persönlichen Erfahrung nach noch am allermeisten - WENN der Ausbildungslehrer geeignet ist. D.h. wenn er mit dir Vorbesprechungen und Nachbesprechungen macht und dir hilft, wenn es sein muss. Leider gibt es "Ausbildungslehrer", die in der STunde Zeitung lesen oder gar nicht erst auftauchen, und dann macht man schön Vertretung, der AL schaukelt sich die Eier und davon gehabt hat man nix.

DIe Staatsexamensarbeit - soweit ich mitbekommen habe, war ja im Gespräch sie abzuschaffen. Da bin ich dafür!!! Die kostet noch zusätzlich Nerven und mal ehrlich, dass wir Arbeiten schreiben können, haben wir ja schon im Studium bewiesen, im Ref. sollte es doch um den PRAKTISCHEN Teil gehen.

Dann gab es bei uns noch vom Seminar her so komische Verpflichtungen, man musste z.B. ein Projekt über Monate führen, die Gruppentreffen dazu protokollieren, Material ausarbeiten und zum Schluss gab es einen Nachmittag, wo man das vor den anderen Gruppen präsentieren musste. Da gingen etliche Nachmittage für drauf, jeder hat nur so halbherzig gerade eben die Pflicht erfüllt ... man hatte dafür weder Zeit noch waren die Themen der Projekte in irgendeiner Weise hilfreich oder nützlich für das Ref. bzw. den Unterricht. Hätte man sich also auch echt sparen können!

Statt dieser ganzen Sachen würde ich eher noch sagen, lieber mehr Ausbildungsunterricht und meinetwegen noch ne Lehrprobe pro Fach mehr, das kriegt man dann auch hin.

Viele liebe Grüße,
Tigywigy

THX-1138
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Beitrag von THX-1138 »

Nur zur Info. In den Vor-bdU-Zeiten gab es nicht "mehr A-UR" oder "ne Lehrprobe pro Fach mehr", sondern eben das Doppelte!, d.h. 10 Pro fach. Sprich in nicht mal 60 Wochen hatte man 20 UBs abzuleisten. Und jetzt überlege man sich, in wieviele neue Lerngruppen man in dieser Zeit einarbeiten musste etc.

m.E. ist die aktuelle Regelung wesentlich Ref-freundlicher als früher. Das Gemeckere über "was ist, wenn die Lerngruppe schlecht ist?" kann ich auch nicht nachvollziehen. In meinem Kollegenkreis hat NIEMAND eine Gruppe ZUGEWIESEN bekommen und die meisten Fachlehrer haben diesbezüglich gerne Ratschläge erteilt, a la "die willste nehmen? Das sind doch alles Dumpfbacken!" Wer dann dennoch eine deutlich > 30 SuS-Klasse in seine upP nimmt .. naja ..

Die Examensarbeit kann man abschaffen, keine Frage. Nur hätten wir dann m.W. keinen Anspruch auf eine Verbeamtung. Und mal ganz ehrlich (v.a. angesichts der Aussage "mal ehrlich, dass wir Arbeiten schreiben können, haben wir ja schon im Studium bewiesen"): Die 30 Seiten schreibt man nach 10 Tagen Recherche (in den Osterferien) in 2 Wochen runter (in den Prfingsferien) und feddisch. Wem es nicht so ergangen ist, auf den trifft die obige Aussage halt nicht zu.

Ausbildungslehrer ... nun, hier hatte ich wirklich nicht so gute Erfahrungen. War halt so, dass nur einer(!) von insgesamt 5 (Fachgruppen von 2 und 3 KollegInnen) in Frage kommenden Ausbildungslehrern Erfahrungen mit Referendaren hatte - und ausgerechnet bei ihm konnte ich mein A-UR erst im 4. HJ machen :( . Die anderen hatten seit mehr als 10 Jahren keine Referendare - und entsprechend liefen dann die Vor- und Nachbereitungen. O-Ton Fachseminarleiter: "Bevor man die Referendare ausbildet, sollte Ausbildungslehrer ausgebildet werden."
Deswegen habe ich meinen AKO (überhaupt nicht fächeraffin!) und Mitreferendare von der Nachbarschule in meinen bdU geholt und Gegenbesuche geleistet. Geht alles.
[i][color=green][b]Apokalapsus[/b][/color] - versehentliches Betätigen des "Roten Knopfes"[/i]

Nakie
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Beitrag von Nakie »

Hallo,

ich habe leider nicht alles durchgelesen, möchte aber auch noch was sagen:
Ich finde es auch eher problematisch, dass man sagen wir mal 200 Tage zur Schule geht und das Seminar davon 14 sieht
Bei mir wurden vom Seminar nur 7 Stunden gesehen, nämlich 4 beratende, ein Projektbesuch und dann die 2 Lehrproben. Noten gabt tatsächlich nur für die 2 Lehrproben. Man bekommt 5 Tage vorher bescheid und muss dann das Thema nehmen, das man im Stoffplan (liegt der Prüfungskommission v or) angegeben hat (und das musste sehr genau formuliert sein). In den 5 Tagen muss man dann den Entwurf schreiben etc und auch noch ganz normal unterrichten. Einen Tag kann man vorher frei nehmen. Was ist, wenn das Thema sich einfach nicht für eine Showstunde eignet? Dann habe ich doch vorher schon viel schlechtere Karten. Dann geht gerade eine dieser zwei entscheidenden Stunden daneben und ich bin durchgefallen oder habe eine schlechte Note, obwohl die anderen Besuche vorher immer gut waren. Das ist irgendwie doch nicht gerecht, oder? Auch die Tatsache, dass ich, weil sich mein Stoffplan ja nicht verschieben darf, keine Übungsstunde mehr einplanen darf, wenn die Schüler sie brauchen ist irgendwie bescheuert.
Welcher Lehrer hält sich denn exakt an einen Stoffplan,wenn er merkt, dass die Schüler einfach noch ein oder zwei Stunden mehr brauchen? Meiner Meinung nach ist durch diese Vorschrift der eigentliche Sinn von gutem Unterricht verfehlt.
Ich denke, es hängt einfach auch vom Bundesland ab, es scheint hier ja sehr unterschiedlich zu laufen. Außerdem macht es sehr viel aus, wie die Ausbildungsschule mit ihren Referendaren umgeht.

Zur schulscharfen Stellenausschreibung (da das hier ja auch schon diskutiert wurde):
Ich habe mich an mehreren Schulen schulscharf beworben und wurde nicht ein einziges Mal an einer staatlichen Schule zum Vorstellungsgespräch eingeladen, obwohl man uns im, Seminar mitgeteilt hatte, dass alle Bewerber geladen werden müssten. Dann wurde eine Bekannte an einer dieser Schulen eingestellt, die eine schlechtere GEsamtqualifikation hatte als ich. Ich frage mich nur: Warum wurde ich nicht einmal eingeladen? Stand vielleicht schon vorher fest, wer die Stelle bekommen sollte oder war es ihnen einfach zu viel Arbeit alle Bewerbungen durchzusehen und sie haben nach Foto aussortiert??? Ich weiß es nicht und will es eigentlich auch gar nicht wissen. Ich habe jedenfalls die Vermutung, dass bei der schulscharfen Stellenvergabe nicht alles so zugeht, wie es sollte.

Mein Fazit: Ich bin jedenfalls froh, dass das Referendariat vorbei ist und es hat meiner Meinung nach nicht sehr viel mit dem zu tun, was danach kommt.

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