Ungeeignete Referendare...

Konstruktive Kritik - das Referendariat muss reformiert werden! Eure Vorschläge...
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Ulysses
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Re: Was bedeutet "geeignet"?

Beitrag von Ulysses »

bone-fiesler hat geschrieben:Das ist aber eigentlich gar nicht meine eigentlich Frage. Ich wollte wissen, welche Kritierien man unter "geeignet" versammelt, und wieso es diese Kategorie nur beim Lehrerberuf gibt. Vielleicht kann mir jemand weiterhelfen.
ich fürchte, da wird dir niemand weiterhelfen können. "Eignung" ist in dieser Thematik eine viel zu nebulöse Kategorie, die eigentlich mehr oder weniger nur eine rhetorische Größe ist: es ist ein rhetorischer Topos, der immer dann wieder gebracht wird, wenn irgendwer mit irgendwas am "System" Schule unzufrieden ist.

wer mit irgendetwas unzufrieden ist oder sich bildungspolitisch profilieren will, mäkelt an der "Eignung" der Lehrer herum, ohne sich jemals Gedanken gemacht zu haben, wann und unter welchen Umständen ein Lehrer nun "geeignet" oder "ungeeignet" ist.

und wenn ich noch gehässiger sein will: als "geeignet" bezeichnet man den Lehrer, der dem eigenen Kind gute, als "ungeeigneten" den, der dem eigenen Kind schlechte Noten gibt. ganz unabhängig von Fleiß, Intelligenzgrad, elterlicher Erziehung des Kindes oder sonstwas ...
bone-fiesler hat geschrieben:Mal eine Frage: Irgendwie gibt es diese ominöse "Eignung" nur beim Lehrerberuf. Oder habt ihr schon mal gehört: "Der eignet sich nicht als Koch", "der eignet sich nicht als Anwalt", "der eignet sich nicht als Betriebswirt" usw.?
doch, diese Eignung gibt es in allen anderen Berufen auch. sie wird während oder am Ende der Ausbildung durch eine Prüfung (Gesellenprüfung, Meisterprüfung, Diplom-, Bachelor-, Masterprüfung, Staatsexamen usw.) getestet. wer nach absolvierter Ausbildung, egal ob Studium oder sonstwas, die Prüfung bestanden hat, hat seine Eignung bewiesen.

bei den Lehrern ist es ganz genauso: es gibt zwei Staatsexamina, und wer die bestanden hat, hat seine "Eignung" bewiesen. oder für was sollten die Prüfungen denn sonst gut sein?

trotzdem gibt es eine Seltsamkeit: dass es trotz bestandener Abschlussprüfung schlechte Anwälte/Köche/Betriebswirte gibt, ist allgemein bekannt und man schimpft über diese Vertreter ihres Berufs. nur seltsamerweise ist das bei keinem anderen Beruf so emotional aufgeladen, und seltsamerweise geht man bei keinem anderen Beruf per se davon aus, dass die Mehrzahl ungeeignet ist ... :roll:
bone-fiesler hat geschrieben:Ich zumindest nicht, beim Lehrerberuf kommt es mir hingegen so vor, als gehe es nicht darum die Referendare auszubilden, sondern die "geeigneten" herauszupicken.
ich widerspreche vehement, zumindest, wenn ich meine eigene Erfahrung zugrunde lege. ich hatte schon das Gefühl, eine fundierte Ausbildung bekommen zu haben, die mir heute sehr viel hilft. zumindest erkenne ich das im Vergleich mit Kollegen, die kein Lehramt studiert und kein Referendariat gemacht haben. ich behaupte schon, eine Menge gelernt zu haben, und man hat mich auch trotz meiner nach der ersten Lehrprobe zweifelhaften Eignung (Note: 4-) an die Hand genommen und mir alle Chancen offengelassen.

aber ich hätte auch durchfallen können. hier gilt eben wie bei allen anderen Ausbildungen: Eignung erweist sich durch Bestehen der Abschlussprüfung. oder welches andere Kriterium sollte man sonst anlegen? Karten legen? Kaffeesatz lesen? in die Glaskugel schauen?


bone-fiesler hat geschrieben:Warum erhalten Lehrer eine derart schlechte Ausbildung?
die Frage kann ich nicht beantworten, weil man sie nicht so pauschal stellen kann. ich habe meine Ausbildung nicht als schlecht empfunden.
bone-fiesler hat geschrieben:Ich sehe allerdings, was mit den sogennanten "ungeeigneten" Kollegen passiert, und frage mich was das soll.
was passiert denn mit denen? werden die von den Ausbildern gemobbt? wenn ja, würde ich es eher auf menschliche Miesheit der Ausbilder als auf die Ausbildung als solche schieben. obwohl die Ausbildung natürlich von Bundeland zu Bundesland sehr verschieden ist, vielleicht ist bei euch wirklich der Wurm im System ...
Bayern, Gymnasium, Latein/Geschichte.
LAss seit Februar 2008 -- Planstelle an einem überaus elitären :mrgreen: städtischen Gymnasium
[i]... causas viresque perquirere rerum ...[/i]

Piccola
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Beitrag von Piccola »

Der Witz bei der ganzen Sache ist, dass sogenannte "ungeeignete Referendare" ganz oft zwar nicht unbedingt für das Referendariat geeignet sind, wohl aber für den Lehrerberuf.

Von recht vielen Ex-Reffis, deren Fähigkeit im Ref in Frage gestellt wurde, die zum Teil sogar durch Prüfungen durchfielen, diese aber dann später beim nächsten Anlauf schafften, hört man heute, dass sie total happy sind im Beruf und an das dumme Ref nicht mehr denken (das einzig Richtige, das man tun kann).

Dass nicht jede(r) für den Lehrerberuf geeignet ist, ist auch klar.
Aber durch's Ref zu kommen und es zu meistern, zeigt nur, dass man ein Kämpfertyp ist (oder man ist einfach geeignet für solche Situationen wie das Ref), nicht unbedingt, dass man für den Lehrerberuf geeignet ist.

Wenn jemand das Referendariat nicht "schafft", muss das nicht heißen, dass er ein schlechter Lehrer geworden wäre.
Mens sana in corpore sano :-)

Clara76

Beitrag von Clara76 »

...
Zuletzt geändert von Clara76 am 30.01.2013, 20:08:21, insgesamt 1-mal geändert.

Malina
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Beitrag von Malina »

Clara76 hat geschrieben: Just my two cents.
... die ich absolut treffend und wunderbar formuliert finde. Ganz ganz toll, genauso sehe ich es auch.

Hubselzwerg
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Beitrag von Hubselzwerg »

Piccola hat geschrieben:
Wenn jemand das Referendariat nicht "schafft", muss das nicht heißen, dass er ein schlechter Lehrer geworden wäre.
und auch andersherum: Wer gut im Ref ist, muss hinterher kein guter Lehrer sein.
Es gibt schließlich einige Lehrer wo man sich fragt, wer um Himmles Willen die durchgelassen hat.
Auch bei einigen Mitstudenten hätte man sich gewünscht, dass jemand die rechtzeitig "aussortiert"- aber die hatten ja gute Noten.

[quote="clara76]TALENT und PERSÖNLICHKEIT sind extrem wichtig.[/quote]
Ich glaube schon, dass das so ist. Aber...kann man das nicht doch lernen?
Davor hatte ich echt Angst vor den ersten Besuchen, dass mit meiner "Lehrerpersönlichkeit" was nicht stimmt. (Denn..wenn ich mich selbst im Spiegel sehe ist "Lehrer" so ziemlich das letzte was mir zu mir einfallen würde)
Weil ich immer dachte, dass ich das ja nun gar nicht ändern könnte.
Aber eigentlich kann man doch an allem arbeiten?
Muss ich nicht gerade als Lehrer daran glauben, dass sich mangelndes Talent ausgleichen lässt?
Dieser Beitrag wurde 666 mal editiert, zum letzten Mal von Gott: Morgen, 23:06

Stern*
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Beitrag von Stern* »

... und: lebt schule nicht auch von der vielfalt der persönlichkeiten? die einen schüler finden den einen lehrertypen gut, andere kommen mit einem ganz anderen besser klar. kann man wirklich so klar "gut" und "schlecht" sagen und die vermeintlich "schlechten" dann aussortieren? bei manchen kann man das sicherlich, wenn ich an mein seminar zurückdenke. bei vielen kann man doch auch vielleicht an die entwicklung der lehrerpersönlichkeit glauben. die schüler "erziehen" die lehrer ja schon bzw. machen sie mit der zeit zu lehrern.
Gruß von Stern*

Malina
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Beitrag von Malina »

Stern* hat geschrieben:... und: lebt schule nicht auch von der vielfalt der persönlichkeiten? die einen schüler finden den einen lehrertypen gut, andere kommen mit einem ganz anderen besser klar. kann man wirklich so klar "gut" und "schlecht" sagen und die vermeintlich "schlechten" dann aussortieren? bei manchen kann man das sicherlich, wenn ich an mein seminar zurückdenke. bei vielen kann man doch auch vielleicht an die entwicklung der lehrerpersönlichkeit glauben. die schüler "erziehen" die lehrer ja schon bzw. machen sie mit der zeit zu lehrern.
Natürlich gibt es verschiedene Typen Lehrer... und es ist uns doch mit normalem Menschenverstand allen klar, dass viele sich im Verlaufe ihres Refs und auch danach weiterentwickeln können und das dies auch jeder ganz automatisch tut.
Aber die Behauptung, die häufig im Raume steht, dass jeder, der es möchte, das Ref bestehen muss (ansonsten ist die Ausbildung unmenschlich)... das kann ich absolut nicht nachvollziehen. Nicht jeder ist für alles geeignet.

Es gibt einfach Menschen, die KÖNNEN nicht Lehrer werden, WOLLEN es aber trotzdem.

Natürlich gibt es die Lehrerpersönlichkeit nicht. Darum geht es auch niemandem. Es sollen niemand "gleichgeschaltet" werden, dennoch gibt es aber Dinge, die man wissen und können muss um Lehrer zu werden und seinen Abschluss zu bekommen. Wenn ich mich vorm Abi weigere, mich mit dem Stoff zu beschäftigen, werde ich auch hier durchfallen.
Aber es gibt Attribute, die muss ein Lehrer mitbringen. Und die kann man auch nicht lernen, wenn sie überhaupt nicht vorhanden sind. Das betrifft sicherlich auch nur einen ganz kleinen Prozentanteil von angehenden Lehrern. Aber ich persönlich bin der Meinung, dass absolut nicht jeder Lehrer werden KANN, auch wenn er es noch so für sich für richtig hält und noch so sehr WILL.

Natürlich sind wir alle im Referendariat um zu lernen, an uns zu arbeiten etc. Aber eben diese Bereitschaft muss man auch mitbringen. Das hat nichts mit Gehirnwäsche oder Persönlichkeitsveränderung zu tun. Und ja, es gibt nunmal Leute, die stehen am ersten Tag vor einer Klasse und alles ist sofort wunderbar. Andere müssen hart an sich arbeiten, um durchzukommen. Und andere widerrum werden es nicht schaffen.

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