Traumatisierte Klassen

Konstruktive Kritik - das Referendariat muss reformiert werden! Eure Vorschläge...
Pinstripe
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Beitrag von Pinstripe »

Oh Cassandra, das tut mir so leid. Für Dich und für die Klasse.

Die erste Adresse wären für mich da der Seminarlehrer und/ oder die Klassleitung. Die würde ich fragen, wie Du Dich da verhalten sollst. Mein einziger Einfall wäre, ihnen am Ende der Stunde ganz ehrlich mein Beileid auszusprechen. Am Anfang der Stunde würd ichs nicht machen. Mehr kannst Du gar nicht machen. Notfalls könntest Du die Klasse ja auch ein paar Tage später übernehmen, auf die ein, zwei Stunden wirds ja nicht ankommen.

Ich kann mich an ein paar Fälle erinnern, wo meiner Mama das in ihren Klassen passiert ist. Die hat einfach alles stehen und liegen gelassen und getröstet, mitgeweint, Tränen getrocknet und geredet, geredet und geredet. Aber da muss man seine Schüler schon verdammt gut kennen, dass die so eine Nähe auch zulassen können.
StRiniRSDaesRS z.A. (E/BWR/WiR/Sk/SSP/Praktikumstrulla/KL8a)

Titania
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Beitrag von Titania »

Ein solcher Fall ist mit das Schlimmste, was uns Lehrern passieren kann noch dazu mit den Mängeln unserer Ausbildung. Keiner von uns ist jemals auf solche Fälle vorbereitet worden.

Frag die Schüler auf keinen Fall, wie es ihnen geht. Das ist die sinnloseste Frage die man in diesem Fall stellen kann, denn wie soll es ihnen schon gehen. Wenn sie Redebedarf haben, lass sie reden, über den Unfall, über ihre Erlebnisse mit diesem Jungen. Genauso kann es sein, dass sie lieber schweigen wollen, dann gib ihnen die Zeit. Man kann mit den Kindern einen Trauergottesdienst vorbereiten, sie können Brief an den Jungen schreiben, es gibt viele Möglichkeiten. Eine gute Adresse dazu gibt es im Internet unter: Abschied nehmen - in die Zukunft schauen (Impulse für "Tage der Orientierung" bei Tod an der Schule. Außerdem: Richtlinien für das Verhalten in der Schule nach einem Todesfall vom RPZ Heilsbronn. Leider habe ich nicht die Internetadresse, aber über google findest du sie sicher.


Was ich jedem Lehrer empfehlen kann, ist, soweit er sich dazu in Lage fühlt, sich als Nofallseelsorger ausbilden zu lassen. Mittlerweile gibt es diese Organisationen in vielen Buläs und man muss dazu auch kein ausgebildeter Pfarrer sein, allerdings sollte man dem christlichen Glauben schon offen gegenüberstehen. Hier lernt man mit diesen Situationen so gut wie möglich umzugehen und den Betroffenen einigermaßen hilfreich zur Seite zu stehen. Denn leider hofft man auf Tipps aus der pädagogischen Welt in diesem Bereich völlig umsonst. Sollte es noch weitere Fragen von euch zu diesem Thema geben, meldet euch ruhig per PN.
Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient

Stern*
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Beitrag von Stern* »

ich bin seit feb. 09 vertretungslehrerin und bin auch gleich klassenlehrerin einer 10. klasse geworden. ich kenne noch nicht einmal die namen der schüler - und vor einer woche ist die mutter einer schülerin durch eine sehr kurze, tragische krankheit ums leben gekommen. die ganze klasse ist verständlicherweise "neben sich". die schüler kommen aus verschiedenen dörfern, jeder kennt jeden.

auch wenn ich die verstorbene nicht kannte, war ich - als klassenlehrerin - mit anderen lehrern bei der beerdigung, und es war einfach nur furchtbar. mir geht es gerad die ganze zeit durch den kopf - die menschenschlange vor dem grab, das weinen der angehörigen, das durch das schweigen dringt, das schluchzen der mitschüler... :-( .

ab montag wird die schülerin wieder in der schule sein. ich werde sie mittwoch das erste mal sehen. und ich finde es so schwer, damit umzugehen. wenn ich es thematisiere, kommen mir jedes mal selbst fast die tränen. :-( ich hoffe, dass die schülerin überhaupt die schule weitermachen möchte und dass das leben für sie weitergeht... hm.

wie würdet ihr als neue klassenlehrerin mit sowas umgehen? von den mitschülern habe ich gehört, dass sie ganz normal behandelt werden möchte. das ist vielleicht auch das beste, weil sie sonst jedes mal in tränen ausbrechen würde.

ich werde ihr wahrscheinlich nach der stunde meine hilfe und gesprächsbereitschaft anbieten - mehr kann ich nicht machen - oder? an noten und leistungsbewertung kann ich noch gar nicht denken. und in der klasse über die beerdigung zu sprechen - das geht glaub ich nicht. dann werden alle anfangen zu weinen. aber es ganz außen vor zu lassen? hm. wie finde ich da die richtigen worte?
Gruß von Stern*

Lili
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Beitrag von Lili »

habt ihr kein krisenteam an der schule? beratungslehrer? schulpsychologen? schulseelsorger?

ich würde auf jeden fall herausfinden, welche möglichkeiten es an der schule gibt und ihr die aufzeigen.

anonsten würde ich ihr auch nach der stunde nur kurz sagen, dass sie sich an dich wenden kann, wenn sie möchte und ansonsten ihren wunsch nach normaler behandlung respektieren.
ich würde vielleicht in ein paar wochen nochmal nachfragen.

Stern*
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Beitrag von Stern* »

hm. ich bin neu an der schule und habe soetwas noch nicht herausfinden müssen. gerad hab ich mal in den unterlagen, die ich zum start bekommen habe, rumgewühlt. da stehen alle möglichen ämter drin - aber der "sv-beratungslehrer" war das einzige, was ich in diese richtung gefunden habe. und das ist wohl was anderes als ein beratungslehrer *grübel* ?

da muss ich wohl morgen mal nachfragen.
Gruß von Stern*

AnnaF
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Re

Beitrag von AnnaF »

Ich glaub am besten fährt man, indem man man selbst bleibt und intuitiv reagiert.

An einer Schule in der Nähe kam es zu einem Todesfall, als ein Mädchen ganz unerwartet starb. Und das auf der Klassenfahrt. Teile der Klasse mussten ihren Tod auch leider mit ansehen.

Ich kannte einer der Klassenkameradinnen privat und habe ihr einfach gesagt, dass ich von der Sache sehr betroffen bin und ihr angeboten, jeder Zeit mit ihr darüber zu sprechen.
Darauf ist sie irgendwann zurückgekommen und wir haben mehrere sehr intensive GEspräche über den Tod dieses Mädchens geführt. Sie hat dabei auch von den Reaktionen ihrer damaligen Lehrer berichtet.
Die Lehrerin hat sich in die Arbeit gestürzt und die Organisation der verfrühten Heimreise organisiert, den Schülern aber auch gesagt, dass sie anders mit der Sache nicht fertig wird und sich einfach in die Arbeit stürzen muss.
Ein anderer Lehrer sagte, dass er nur zum gemeinsamen "Heulen" in der Lage sei, da ihm bei jedem Gespräch die Tränen kamen.
Die Schüler fanden wohl beides gut, einfach weil es ehrlich und authentisch war.

Illi-Noize
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Beitrag von Illi-Noize »

Bei uns gibt es einen "Notfallkoffer" für Krisen aller Art, von Todesfällen bis hin zu Amokläufen, mit entsprechenden Unterrichtsmaterialien. Dazu gibt es ein Kriseninterventionsteam, das in solchen Fällen dann mit Rat und Tat zur Seite steht. Da scheint es auch eine extra Aus- bzw. Fortbildung zu geben, vielleicht sollte man das mal bei Schulen anleihern, wo es sowas gar nicht gibt?

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