erfahrungen mecklenburg-vorpommern

silberfische
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Re: erfahrungen mecklenburg-vorpommern

Beitrag von silberfische »

Ich bin ja an einer Regionalen Schule gelandet. Bin verbeamtet (auf Probe), das Gehalt kam sehr schnell. Immerhin. Rückblickend denke ich mir, dass ich auf mein Bauchgefühl hätte hören sollen. Eine Haupt-/Realschule ist einfach ein anderes Kaliber als ein Gymnasium.
Im MV-Stellenalarm sieht man ja viele Regionalschulstellen für Lehrer mit "Verhaltensgestörtenpädagogik"... nicht ohne Grund. Inklusion sieht in MV so aus, dass verhaltensauffällige SchülerInnen in Regelschulen inkludiert werden, aber weit und breit kein Integrationshelfer oder Sonderpädagoge zu sehen ist. Keine Ahnung wie Regionalschulen langfristig junges Personal halten wollen. Das gelingt ihnen wahrscheinlich nur, wenn es im Rest Deutschlands keine Lehrerstellen mir gibt :-) Die bunte Werbung war eben einfach nur richtig gute Werbung, damit junge Lehrer auf ein fragwürdiges Produkt reinfallen können. Immerhin kommt das Geld pünktlich.
Wenn ihr euch also bei Regionalschulen vorstellen wollt, denkt darüber nach, ob ihr vor allem Erzieher oder Sozialarbeiter seid, ob ihr Lust auf einen rauen Umgangston habt, ob ihr Lust habt, täglich Schüler nachsitzen zu lassen und Eltern einzuladen oder zu Hause zu besuchen... Wenn ein Schüler den Unterricht sprengt, wird ihn euch niemand abnehmen... Ihr müsst das alles alleine schaffen. Die alten Kollegen schaffen das nämlich auch alleine.
Für meine jungen Gymnasiallehrerkollegen aus anderen Bundesländern ist der Unterrichtsalltag auch schwer zu "händeln", der eine Kollege ist seit 2 Wochen nicht mehr in der Schule gesehen worden.
Man kann auch angeblich seine Stunden nicht reduzieren, also muss man 27 Std. wöchentlich leisten. Im Ganztagsschulbereich wird für 1 Stunde nur 1/2 Stunde angerechnet.
Positiv ist, dass man viel weniger Korrekturen als am Gym hat. Da fällt es einen schon viel leichter, schreiende Schüler bis 15 Uhr zu betreuen. Juhu.

Fränzy
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Re: erfahrungen mecklenburg-vorpommern

Beitrag von Fränzy »

Schade, dass es Dir nicht gefällt. Tut mir leid.

Ich persönlich (und auch meine Kollegen vom technischen bis zum Gy Lehrer) gehen gerne in die Konfrontation. Sehr häufig geschieht lernen auch genau in diesen Situationen
שָׁלוֹם

Yelgrun
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Re: erfahrungen mecklenburg-vorpommern

Beitrag von Yelgrun »

Also ich persönlich freue mich schon auf meine Stelle ab Februar (Referendar). Ich bleibe ganz bewusst hier und habe mich für eine zivilisierte ländliche Gegend entschieden. Hier in der Stadt sind mir zu viele Irre an den Schulen - das kann ich nach 5 Jahren GTS-Betrieb ruhig sagen. Und nur Extremfälle werden, wenn Platz vorhanden ist, in die Sonderschulen abgeschoben. Ansonsten kann man zusehen, wie man klarkommt.

Katta
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Re: erfahrungen mecklenburg-vorpommern

Beitrag von Katta »

Mich würde ja echt interessieren, wo in NRW der Threadersteller seine Ausbildun gemacht hat, dass ihn dieser Kulturschock so überrascht...?
So viel anders sieht Inklusion an den meisten Schulen in NRW auch nicht aus... (Ja, ok, wir haben jetzt doch eine Sonderpädagogin...immerhin... teilweise nich abgeordnet an eine andere Schule). Extra Mittel? Ach woher...?
Und die anderen Probleme kannst du hier genau so haben - und das Verhalten der alten Kollegen hat nichts mit MV sondern mit dem Alter und den Gewohnheiten zu tun, das ist eine andere Generation. Der Wechsel ist in NRW nur an vielen Schulen schon vollzogen, die Neuen kennen das nicht mehr - und in ein paar Jahren sind wir die stinkstiefeligen Alten, die keinen Bock auf die 325.000 pädagogische Sau, die durchs Dorf getrieben wird, haben... :P
Hättest du eine Stelle in Köln (ja, auch am Gymnasium) o.ä. Gegenden im Ruhpott angetreten, hättest du einen ähnlichen Kulturschock erlebt.
Wobei man den so oder so vom Ref in die feste Stelle erlebt, wenn man auf einmal massig mehr Stunden und vor allem ganz alleine die komplette Verantwortung hat.

Durchatmen.
Lernen.
Sich Auszeiten nehmen - wofür lebst du schließlich nah am Meer (wenn ich das richtig verstanden habe?)
Mund abputzen und weitermachen.

Gym-Stellen im beschaulichen Coesfeld gibt es halt kaum.

Jansche
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Re: erfahrungen mecklenburg-vorpommern

Beitrag von Jansche »

Hi,
ich persönlich habe ein Mentalitätspröblem mit den Menschen hier auf dem Lande. So sieht es persönlich an meiner Schule aus: sehr hierarchisch, veraltete Methoden und Strukturen, Disziplin über alles (militärischer Drill). Also mein Ding ist es nicht. Ich versuche mich jetzt versetzen zu lassen. Ich habe das Gefühl alles zu verlernen und mich nicht entfalten zu können.

Aber dies ist mein persönlicher Eindruck. Bekannte von mir aus den ehemaligen Bundesländern werden hier auch nicht warm. So ist es halt manchmal. Vielleicht können wir einfach nicht mit den Menschen hier.

qotsaf
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Re: erfahrungen mecklenburg-vorpommern

Beitrag von qotsaf »

Jansche hat geschrieben: So sieht es persönlich an meiner Schule aus: sehr hierarchisch, veraltete Methoden und Strukturen, Disziplin über alles (militärischer Drill). Also mein Ding ist es nicht.
Genau so hätte ich meine letzten beiden Schulen in Nrw auch beschrieben! Das hat nichts mit dem Bundesland zu tun.

Ansonsten ist der Mecklenburger (Achtung: Stereotyp-Alarm!) an sich halt eher maulfaul und distanziert. Er meint das nicht böse, kann aber nicht aus seiner Haut.

silberfische
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Re: erfahrungen mecklenburg-vorpommern

Beitrag von silberfische »

Jansche, bist du denn auch in MV? Oder noch in Nrw?

Mein Ref habe ich im Ruhrgebiet gemacht. Allerdings auf einem Gymnasium. Da gab es auch schwierige Klassen oder Schüler... Aber nicht zu vergleichen mit den SuS an meiner neuen Schule :-)

In NRW gibt es auf jeden Fall mehr Schulen für Kinder mit sozial-emotionalen Problemen. Schüler mit sichtbaren Behinderungen (Blinde, Down-Syndrom usw.) haben wir an unserer Schule nicht, nur eben viele Kinder (mehrere SuS in der Klasse) mit den Förderschwerpunkten soziale-emotionale Entwicklung sowie Lernen.

Ich dachte auch schon daran, dass es der Stadt-Land-Unterschied ist. Meine Schule in MV ist eine "Landschule". Meine Kinder kommen ausschließlich aus umliegenden Dörfern, sind größtenteils auch noch nicht aus ihrer Gemeinde herausgekommen und sind teilweise z.B. sehr vulgär und fremdenfeindlich (schon in der 2. Klasse...). Davor war ich an Stadtschulen.

Die Tatsache, dass noch die alten Strukturen "regieren", ist bestimmt auch zu berücksichtigen. Vielleicht muss man der Sache einfach etwas Zeit geben, bis es mehr junges Personal gibt.

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