Erfahrungen amtsärztliche Untersuchung 2016

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christiemae
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Re: Erfahrungen amtsärztliche Untersuchung 2016

Beitrag von christiemae »

Finde ich eine ganz kritische und auch diskriminierende Haltung.

Wenn man sich ein bisschen mit der aktuellen Forschung befasst (siehe der von mir gepostete Beitrag auf 3sat), dann würde man durchaus erkennen, dass das Gewicht und der BMI für die Entwicklung solcher Krankheiten eine untergeordnete, wenn nicht gar unwesentliche Rolle spielt. Es mag bei bestimmten Dingen eine Korrelation geben, das bedeutet aber nicht zwingend eine Kausalität.

Wie erklärt man sich bitte sonst, dass mein EKG (durch den ausgiebig betriebenen Sport!) wesentlich besser war, als das eines gleich alten, gleich großen, aber 30 Kilo leichteren Menschen? Besser als das vieler anderer, durch ihr Körpergewicht scheinbar als gesünder ausgewiesener Menschen? Nein, ich bekomme KEINE Herz-Kreislauf-Erkrankung nur weil ich dick bin. Die bekomme ich, wenn ich mich hinsetze, mich nicht bewege, Kette rauche, Alkohol trinke und fetthaltigen Mist in mich reinfresse (offenbar ein Klischee, das uns "Dicke" begleitet) - und selbst dann muss es nicht unbedingt sein. Ich wiederhole es nochmal: Schlanke Menschen werden genau so krank. Meine Oma hat Ostheoporose und eine Herzerkrankung und dazu einen BMI von unter 19 (so wie Sie offenbar auch, also einen BMI unter 19) - ihre Schwester wiegt sicherlich das dreifache, ist 3 Jahre älter und ist komplett gesund. Und das ist ein Beispiel, das durchaus repräsentativ ist.

Wenn es um das Taille-Hüft Verhältnis gehen soll (waist-hip-ratio oder auch HBU: "Dieses Verhältnis soll bei Männern kleiner als 1,0 und bei Frauen kleiner als 0,85 sein."), so kommt bei mir zB ein Wert von 0,7 heraus, da mein Taillenumfang 70 beträgt, mein Bauchumfang auf höhe des Nabels 85 und mein Po/Hüftumfang auf Höhe der Beckenknochen 110, auf Höhe des Pos 127. Nimmt man den obersten und untersten Wert ins Verhältnis, kommt sogar 0,5 heraus. Wenn es danach ginge, wäre ich gar nicht "krankhaft fettleibig" - hier spielt einfach meine Körperstatur nicht nach "normalen Regeln." Ich trage oben herum Größe 38. Untenherum eine 44. Keine Übergröße (gehen ab 46 los), und das obwohl ich doch "krankhaft fettleibig" bin. Es gibt wesentlich leichtere Frauen als mich, die einen höheren Körperfettanteil haben.
Ich finde die Begrenzung auf den BMI was den "Wert des Körpers" anbelangt eine Frechheit, einfach weil er nicht aussagt, wie der Mensch gebaut ist. Von daher bin ich dankbar, dass die Werte genommen wurden, die ausschlaggebend sind.
Ob ich jetzt meine Kalorienzahl verringere um ein Defizit zu fahren und abzunehmen... das bleibt mir überlassen. Der einzige Grund, weshalb ich schlanker sein möchte, ist aber um mir selber zu gefallen, denn es gibt gesundheitlich keinen Anhaltspunkt! Solange meine Bemuskelung sich in der Region bewegt und auch mein Körperfettanteil sich im Rahmen hält... warum sollte ich?

1,84 mit 62 Kilo ist ja schon Untergewicht. Finde es mies, hier damit zu prahlen. Habe eine Freundin (öffentlicher Dienst, Stadtverwaltung), die wegen ihres Untergewichtes so schlechte Blutwerte hatte, dass sie ein halbes Jahr warten musste. Wenn Sie hier schon gegen Dicke hetzen müssen, bitte hören Sie auf, das Untergewicht als etwas wesentlich positiveres zu promoten und Übergewicht per se als schlecht hinzustellen.

Aufgrund der Hochsetzung des BMIs sowie der aktuellen medizinischen Forschung sollte man diese Diskussion nicht führen müssen.

Die Argumentation soll gar nichts beschönigen. Ich wog vor einem Rennradunfall 76 kg (Übergewicht), trug aber Größe 36/38 (weil kaum Körperfett), war Leistungssportlerin und sehr zufrieden mit meinem Körper. Auch da hätte ich ja Ihrer Meinung nach schon abnehmen müssen, um meiner Gesundheit nicht zu schaden... dass ich mich als Sportlerin ausgewogen ernähre, hatte ich ja bereits erwähnt. Ich möchte auch gewichtsmäßig gerne wieder in den Bereich kommen, was ich auch kann. Ich sehe es nur nicht ein, meinen BMI auf Normalmaß herunterzuhungern, hochgradig ungesund!, nur um den Maßstäben von Menschen wie Ihnen zu genügen. Und zur Information (im Anschluss an Ihr bestes Klischeeschubladenbeispiel): Ich frühstücke morgens, ich esse Mittag und ich esse Abendbrot. In der Schule esse ich allenfalls mal einen Apfel in der Pause, denn dazu ist die Pause da. mit meinen frisch zubereiteten Mahlzeiten komme ich auf eine Kalorienzahl von 2200, was meinem Gesamtumsatz entspricht.Und es ist zwar "viel", aber ich achte zB auch auf Makronährstoffe, um meinem Körper nicht zu schaden. Das ist der Grund, weshalb ich 2 Jahre lang nicht zugenommen habe. Und dass ich meinen Körper im Ref nicht mit einer Diät unter zusätzlichen Stress stellen wollte... das, finde ich, sollte verständlich sein. Der Druck "oh gott, ich muss abnehmen, oh gott, es geht nicht schnell genug" war mir einfach zu groß.

Ich finde diese Einstellung eigentlich gesund. Und ich bin nicht die einzige "Dicke", die sich eben NICHT entsprechend der Klischees verhält...
'If you can dream it, you can do it.'

dreistein
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Re: Erfahrungen amtsärztliche Untersuchung 2016

Beitrag von dreistein »

christiemae hat geschrieben:Finde ich eine ganz kritische und auch diskriminierende Haltung.
Genau. Man möchte schließlich diskriminieren (= unterscheiden) zwischen Beamtenanwärtern, die ausweislich ihres derzeitigen Gesundheitszustandes positive Prognose aufweisen, und solchen, bei denen ein erhöhtes Risiko für eine dauerhafte Dienstunfähigkeit besteht.
christiemae hat geschrieben:Wenn man sich ein bisschen mit der aktuellen Forschung befasst (siehe der von mir gepostete Beitrag auf 3sat)
Fernsehreportagen werden von Journalisten konzipiert. Ein von der vorherrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung abweichender Tenor dürfte höhere Einschaltquoten bringen, man darf also daran zweifeln, ob die hier zu Wort kommenden Wissenschaftler mit ihrer Meinung nahe beim allgemeinen Konsens liegen.

Ein Zitat von der 3sat-Website zu dieser Sendung:
christiemae hat geschrieben:Dicke mit Herzinfarkt, Sepsis oder Schlaganfall leben länger und überstehen schwere Operationen besser als Dünne mit den gleichen Erkrankungen.
Das klingt einleuchtend. Dabei wird aber verschwiegen, dass Dicke wesentlich häufiger Herzinfarkte, Blutvergiftungen und Schlaganfälle erleiden als Dünne. Was meinen Sie, wie viele Dicke und Fette sich diese Sendung angesehen und sich gedacht haben: "Habe ich ja schon immer gewusst!"
christiemae hat geschrieben:Wie erklärt man sich bitte sonst, dass mein EKG [...] wesentlich besser war, als das eines gleich alten, gleich großen, aber 30 Kilo leichteren Menschen? [...] Meine Oma hat Ostheoporose und eine Herzerkrankung [...] ihre Schwester wiegt sicherlich das dreifache, ist 3 Jahre älter und ist komplett gesund
Sie verwechseln hier leider Anekdotisches – Sie schildern Ihre eigene Situation, die Ihrer Oma und deren Schwester – mit Empirie. Selbstverständlich findet sich stets ein Beispiel für einen fettleibigen Menschen, der bei bester Gesundheit ein hohes Lebensalter erreicht hat, sowie ein Beispiel für einen Menschen mit Normalgewicht, der eine vorbildliche Lebensführung vorweisen kann und dennoch früh an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung litt. Aus solchen Einzelfällen kann man jedoch keine allgemeinen Empfehlungen ableiten.
christiemae hat geschrieben:Aufgrund der Hochsetzung des BMIs
Da wurde nichts "hochgesetzt"! Ab einem BMI von 25 fällt man nach Einschätzung der WHO in die Kategorie "at risk", und daran hat sich nichts geändert. (Einige Länder, z. B. Japan und Singapur, ziehen diese Grenze übrigens schon bei 23.) Bloß weil der BMI bei der Prognose des Risikos von Beamtenanwärtern nur noch eingeschränkt verwendet werden darf, dürfen Sie daraus nicht schließen, dass Sie gesund seien und weiter bei Ihrem bisherigen Lebens- und Ernährungsstil bleiben dürfen.

christiemae
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Re: Erfahrungen amtsärztliche Untersuchung 2016

Beitrag von christiemae »

Wie Sie gerade eindrucksvoll bewiesen haben, sind Sie a) genauso fit in Alltagsempirie wie Sie mir vorwerfen und haben b) wirklich keine Ahnung von der Materie.

Ich bin jedenfalls froh, verbeamtet worden zu sein. Und wenn auf meine Beiträge hin der Vorwurf kommt, dass ich nichts an meiner Situation ändern will und dies fahrlässig wäre, dann reagiere ich natürlich darauf. Entsprechend der Kritik an meiner persönlichen Einstellung habe ich natürlich mit meiner persönlichen Erfahrung und Konstitution gekontert. Und doch, die Richtlinien gemäß des BMIs wurden entsprechend gelockert. Erwiesenermaßen (nicht alltagsempirisch) sind übergewichtige Menschen gesünder als Menschen, die als normalgewichtig gelten. zB: http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/i ... -1.29309-2 oder http://www.gesuendernet.de/gesundheit/g ... x-bmi.html oder aber auch http://www.netzathleten.de/fitness/fit- ... mass-index - ja, auch Journalismus, ändert aber nichts an den zitierten Quellen, ebensowenig im 3sat Beitrag. Oder auch http://www.tresselt.de/download/adipositas.pdf

Zum letzten Mal: dick sein bedeutet nicht krank werden! Dicke wie auch dünne Menschen mit einem bestimmten RIsiko erkranken, unabhängig von ihrem Gewicht. Es kommt auf das Risiko an (für dicke wie für dünne) und auf die Fettverlagerung. Bodybuilder haben auch teilweise einen BMI von über 30, sind aber nicht fettleibig - gelten aber laut BMI als genau das: krankhaft fettleibig. Das ist schon längst kein Maß mehr.

Ich sehe es auch nicht ein, weiter darüber zu diskutieren, denn letztlich werden Sie (als untergewichtiger Mensch) Ihr eigenes Risiko vermutlich immer für geringer halten als meines, an angeblich durch Fettleibigkeit bedingten Krankheiten zu leiden. Das ist eine ziemlich fragwürdige Einschätzung...das ist von Fall zu Fall unterschiedlich.

Ihre Meinung ist Ihre Meinung, ich hoffe, dass die von der Diätindustrie propagierten "Idealmaßstäbe" weiter überdacht und hinterfragt werden, damit Menschen wie Sie nicht einfach Menschen über einen Kamm scheren können, die sie nicht kennen und deren Krankheitsrisiko Sie entsprechend nicht im Entferntesten einschätzen können.

EDIT: Zum wirklich allerletzten Mal: Mein bisheriger Lebens- und Ernährungsstil ist GESUND - ganz im Gegensatz zu dem vieler schlanker Menschen! Wie oft muss das noch betont werden. Ein ungesunder Lebensstil kann zu Übergewicht führen, muss aber nicht. Es geht rein um die aufgenommenen Kalorien. Ein schlanker Mensch, der täglich ein Glas Nutella isst, aber sonst nichts, nimmt vermutlich aufgrund der Kalorienbilanz trotzdem ab, ernährt sich aber ungesund und hat dadurch vermutlich schlechtere Blutwerte als sein dicker Konkurrent. Hier lässt sich einfach nichts pauschalisieren!
'If you can dream it, you can do it.'

Valerianus
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Re: Erfahrungen amtsärztliche Untersuchung 2016

Beitrag von Valerianus »

Es geht hier glaube ich nicht um Bodybuilder (die jeder Amtsarzt nach evtl. Untersuchung auf Steroide (je nach Ausprägung der Muskeln) durchwinken würde), sondern um Menschen die ihr Leben lang bei zu wenig Bewegung, zu viel gegessen haben (ja bei 1-5% kann da auch eine Erkrankung reinspielen, beim Rest ist es ein starkes Ungleichgewicht von Bewegung und Kalorienzufuhr).

Übergewicht macht (empirisch gesehen) krank und führt zu einem früheren Tod. Natürlich gibt es dicke, unsportliche, kettenrauchende und trinkende Menschen, die steinalt werden (Winston Churchhill), aber das ist nicht das empirische Maß.

Ich war mal so frei zwei Metaanalysen rauszusuchen (als Lehrer sollte man ja ein bisschen Ahnung von Statistik und Empirie haben):

The Lancet: Body-mass index and cause-specific mortality in 900 000 adults: collaborative analyses of 57 prospective studies
American Heart Journal: Body mass index and mortality in heart failure: A meta-analysis

Und als akademisch gebildete Person eine Fernsehreportage als Beweis zu zitieren...das erklärt zumindest, warum manche Leute Lehrer nicht als Vollakademiker wahrnehmen...
Non vitae, sed scholae discimus (Seneca)

christiemae
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Re: Erfahrungen amtsärztliche Untersuchung 2016

Beitrag von christiemae »

:roll: Nein, ich halte mich jetzt zurück...

Wie gesagt. Gut, dass ihr eure Meinung zum Thema habt, es teilen viele meine Meinung dazu und wir werden ja sehen, wie sich das weiter entwickelt. Viele solcher Studien sind (halt vielleicht nicht Journalistisch) aber von der Diätindustrie beeinflusst und bezahlt, ich vertraue da keinen zwei Beiträgen, die zufällig das behaupten, was mal wieder in die Kerbe der "ungesunden Dicken" (was komplett hinfällig ist) schlägt.
Und für den Fall, dass die ach so gebildeten Akademiker hier nicht lesen können: Ich lebe nicht ungesund. Ich mache 4x die Woche 2 Stunden Sport. Glückwunsch, auch hier rieche ich Stigmatisierung und Pauschalisierung...

Zu meiner akademischen Bildung sei so viel gesagt: Wenn ich eine Hausarbeit schreibe, dann drücke ich mich a) anders aus und ziehe b)andere Dinge heran, als in einer Forumsdiskussion :roll:
Da ich ab Januar nebenberuflich promoviere, kannst du dich ja mal mit meinem Doktorvater über meine mangelnde akademische Argumentation unterhalten, der wird sicherlich mit den Ohren schlackern... Spaß beiseite. WIe gesagt. Euer Weltbild ist in eurer Welt eben das, was zählt - ich habe ein anderes und dafür meine Legitimation: Sowohl mein Hausarzt, als auch der betreffende Amtsarzt haben meine Ansicht hierzu geteilt. Das ist mEn mehr wert, als eure Zustimmung hier im Forum.

In diesem Sinne...

Schönen Abend noch :mrgreen:
'If you can dream it, you can do it.'

Illi-Noize
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Re: Erfahrungen amtsärztliche Untersuchung 2016

Beitrag von Illi-Noize »

dreistein hat geschrieben:Als durchaus schlanker Mensch (62 kg bei 1,84 m Körpergröße) kann ich mir nicht vorstellen, warum es so schwer sein soll, nicht im Übermaß zu essen.
Es ist sauschwer, weil man einfach alles, was schmeckt, in sich reinfuttert. Ich bin zur Zeit leider auch viel zu dick (BMI > 35) und möchte im August mal wieder einen Anlauf starten, dass ich die ganze Geschichte mal in den Griff bekomme :-(

dreistein
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Registriert: 02.06.2016, 23:38:49

Re: Erfahrungen amtsärztliche Untersuchung 2016

Beitrag von dreistein »

Auf welcher Stufe sich dieser Journalismus abspielt, zeigt folgendes Zitat aus dem oben angeführten Artikel der "Süddeutschen Zeitung":
Süddeutsche Zeitung hat geschrieben: Fitte Dicke sind zumeist gesünder als schlappe Schlanke.
Was genau unter "fit" und "schlapp" zu verstehen ist, wird nicht gesagt, aber ausgedrückt werden soll wohl folgendes: Dicke mit einer guten körperlichen Konstitution sind zumeist gesünder als Schlanke, die sich in einer schlechten Verfassung befinden. Oder mit anderen Worten: Gesunde Dicke sind zumeist gesünder als kranke Schlanke. Stilistisch gut gemacht – fällt natürlich bei Menschen, die ihre eigene Fettleibigkeit verleugnen oder herunterzuspielen versuchen, auf fruchtbaren Boden.
christiemae hat geschrieben:kannst du dich ja mal mit meinem Doktorvater über meine mangelnde akademische Argumentation unterhalten
Obwohl ich mit dieser polemischen Ansprache nicht gemeint war, gebe ich zu bedenken, dass die Argumentation nicht nur akademisch fragwürdig ist.

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