Wiedereinstieg in das Referendariat nach Depressionen

Mrs. Schnut
Beiträge: 9
Registriert: 25.05.2017, 10:27:39

Re: Wiedereinstieg in das Referendariat nach Depressionen

Beitrag von Mrs. Schnut »

Die Notwendigkeit ergibt sich durch meine lange Erkrankungszeit (4 1/2 Mon). Ich finde diese Untersuchung in meinem Fall auch total verständlich.

Aus meiner Sicht gibt es keine Anzeichen dafür, dass ich wieder eine so akute Phase in meinem Ref durchmachen würde, zumal ich ganz viel über mich und Schutzinstrumente gelernt habe. Durch meine psychologische Begleitung werde ich bestimmt schwierige Situationen haben, aber damit werde ich durch die Begleitung lernen umzugehen. Ich glaube auch, dass ich solche schwierigen Situationen erleben muss, um meine Heilung voranzubringen.

Mrs. Schnut
Beiträge: 9
Registriert: 25.05.2017, 10:27:39

Re: Wiedereinstieg in das Referendariat nach Depressionen

Beitrag von Mrs. Schnut »

Hallo zusammen.

Ich war heute beim Amtsarzt und es ist alles andere als gut verlaufen. Der Amtsarzt hat im Termin bereits durchblicken lassen, dass er daran sehr zweifelt, dass ich nach "nur" einem Jahr wieder arbeitsfähig bin. Das ärgert mich total, zumal der Amtsarzt fachfremd (Mediziner für Inneres) ist.

Ich habe bereits mitgeteilt bekommen, dass ich ein Schreiben zur Unterzeichnung erhalte. Erst nach meiner Unterschrift würde die Bezirksregierung das Gutachten erhalten.

Hieraus ergeben sich für mich total viele Fragen, um mich auf diese Situation bereits frühzeitig vorzubereiten:
Muss ich das Schreiben unterzeichnen bzw. kann ich das Gutachten anzweifeln und einen fachmedizinischen Amtsarzt für Psychologie verlangen?
Kann ich gegen den Beschluss der Bezirksregierung Einspruch einlegen?
Kann ich durch die Gewerkschaft juristische Unterstützung erhalten, auch wenn ich aktuell nicht im Dienst aber noch Mitglied bin?
Kann ich mich in einem halben Jahr wieder bewerben oder ist für meine Zukunft als Lehrer in NRW etwas verbaut?

Fragen über Fragen! Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns wieder austauschen können!

Liebe Grüße

Amtsarzt
Beiträge: 578
Registriert: 24.07.2008, 9:07:19
Wohnort: Niedersachsen/nie wieder/nur bei heißem Wetter

Re: Wiedereinstieg in das Referendariat nach Depressionen

Beitrag von Amtsarzt »

1. Mutmaßt die Schulbehörde aufgrund konkreter Anhaltspunkte gesundheitliche Gründe für eine Unterbrechung des Referendariats, so könnte dies m.E. sogar als Verpflichtung interpretiert werden, diese Zweifel durch amtsärztliches Gutachten ausräumen zu lassen.
2. Ein Amtsarzt hat im Rahmen seiner Ausbildung zum Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen auch psychiatrische Ausbildungszeiten nachzuweisen. Das Fach Psychiatrie gehört auch zu den Prüfungsfächern. Er gilt deshalb zwar nicht als Facharzt für Psychiatrie, sondern als Arzt mit psychiatrischen Erfahrungen
3. Eine formale Qualifikation stellt (leider) nicht sicher, dass diese in einem konkreten Zeugnis auch angewendet wird. Diese Anwendung ist in vollem Umfange richterlich nachprüfbar. Schon aus diesem Grunde muss auch das Gutachten m.E. für die Schulbehörde nachvollziehbar sein und alle tragenden Gründe enthalten, so dass die amtsärztlichen Schlussfolgerungen nachvollziehbar werden, um zum unbestimmten Rechtsbegriff der Dienstfähigkeit zu einem Urteil zu kommen. Der Amtsarzt ist medizinischer Sachverständiger, kein Richter und kann daher, sofern im Auftrag denn erfragt, zu nicht medizinischen Begrifflichkeiten nur ein Votum abgeben. Ein Qualitätsmerkmal von Gutachten ist nach Auffassung vieler Juristen, dass der Amtsarzt seine ermittelten Ergebnisse in der Beurteilung mit fachlichen Normen (Leitlinien) abgleicht, mögliche Abweichungen begründet. Auch ein Hinweis auf Grenzen des gutachterlichen oder wissenschaftlichen Wissens in einem Teilgebiet, wird als indirektes Qualitätsmerkmal gewertet.
4. Um Fehlinterpretationen amtsärztlicher Schlussfolgerungen zu unbestimmten Rechtsbegriffen zu vermeiden, sollten die Stellungnahmen zumindest in meinem Bundesland früher erst durch die anfordernde Behörde auf Schlüssigkeit geprüft werden. Dieser Grundsatz wurde zu Gunsten der Transparenz gegenüber den Beurteilten aufgegeben. Ich spekuliere mal: Es könnte ja sein, dass der Amtsarzt etwas unrichtig wiedergibt. Der Beurteilte soll in diesem Fall die Möglichkeit der direkten Intervention erhalten, d.h. bevor der Verwaltungsakt herausgeht.
5. Geht die Entscheidung, d.h. der Verwaltungsakt heraus, können selbstverständlich Rechtsmittel gem. üblicher Rechtsmittelbelehrung eingelegt werden
6. Vorgaben und Umfänge der Gutachten sind meist in Erlassen geregelt. Grundsätzlich handelt es sich stets um eine Abwägung Schweigepflicht vs. Nachvollziehbarkeit. Das BVerwG äußerte sich dazu in einer Entscheidung vom 19.03.2015 (Az BVerwG 2 C 37.13). Denke, das wird die gutachterlichen Fesseln bei der Beurteilung von Bundesbeamten sprengen. Die meisten Länderregelungen waren da doch vernünftiger, denn Datenschutz darf bei aller Notwendigkeit des Beachtens der Verhältnismäßigkeit bei der Weitergabe von Daten kein Selbstzweck sein.

7. Selbstverständlich können Sie gegenüber der Verwaltungsbehörde die Einschaltung eines Psychiaters wünschen. Damit der Wunsch Erfolg hat, sollte der Wunsch auch nachvollziehbar begründet werden. (Da sowohl Amtsarzt als auch PSychiater der Gattung homo sapiens angehören, würde ich aber auf selbige Eigenschaft nicht unbedingt vertrauen, sondern primär inhaltlich argumentieren. Als Resultat dieser Argumentation, mag dann die Anregung einer bestimmten Qualifikation des Gutachters folgen. Es kann der Amtsarzt dann gebeten werden, einen Psychiater als Zusatzgutachter einzuschalten. Der Regelfall wird aber wohl sein, dass der Amtsarzt gebeten wird, sich mit der Argumentation auseinanderzusetzen mit dem Hinweis, er "könne" sich dazu selbstverständlich auch eines Psychiaters bedienen. Als selbstständig denkender Mensch (oder auch nicht) kann sich der Amtsarzt aber durchaus argumentativ von seinem PSychiater distanzieren. Entscheiden tut die Schulbehörde.
Auch können Sie sich ebenfalls einen Seelenklempner besorgen, der ein Schreiben aufsetzt, mit dem sich dann der Amtsarzt nach Weiterleitung über die Schulbehörde auseinanderzusetzen hat.
Tut er dies aus Sicht der Behörde formal hinreichend, so gilt mangels dort vorhandener Sachkunde und weil "Ihr" PSychiater stets als Anwalt seiner Patienten betrachtet wird, unbeschadet des behördlichen und richterlichen Rechts einer kritischen Nachfrage oder (theoretischer) Beauftragung eines anderen Arztes, die Sachverhaltsermittlung des Amtsarztes.
Vergessen wird von vielen Betroffenen, dass die Ärzte in der von Ihnen vertretenen Fachrichtung besondere Kenntnisse besitzen, jedoch nicht in der sich daraus ergebenden sozialmedizinischen Beurteilung, die Amtsärzte (insbesondere mit der Zusatzbezeichnung "Sozialmedizin" besser können (sollten). Aber wie so oft: Was nicht real sondern nur theoretisch kontrolliert wird, schafft Spielräume. Es ist menschlich, wenn solche Freiräume zum eigenen Vorteil genutzt werden.

Denke bei Ihrer Prognosebeurteilung haben Sie gute Karten, denn der zu betrachtende Zeitraum wird nicht die gesetzliche Altersgrenze der Dienstzeit sein, sondern (noch) die Restzeit des nicht beendeten Referendariats.

Es wundert mich, dass Sie offensichtlich den Amtsarzt von der Schweigepflicht zur Abgabe einer Begründung gegenüber der Bezirksregierung entbinden sollen. Eigentlich ist nach meiner Kenntnis rechtlich jeder Proband amtsärztlich vor einer Untersuchung zur Dienstfähigkeit darauf hinzuweisen, dass der Gutachter hier nicht der Schweigepflicht ( sondern nur dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, siehe tragende Gründe vs. umfassendes Gutachten) unterliegt. Wenn andererseits von Datenschutzbeauftragten der Bundesländer betont wird, dass gesetzliche Vernichtungsgebote (z.B. Vernichtungsgebote nach dem Infektionsschutz zu Gunsten der Datensichtung durch nichtmedizinische Datenbeauftragte und dann langfristiger Archivierung von diesen, durchbrochen werden, krieg ich das kalte Grausen.

Wer das Urteil des BVerwG liest, mag sich selbst ein Urteil zum Umfang der Begründung bilden.

Zur Gewerkschaft: Anlass der Änderung der Rechtsprechung des BVerwG zu den Kriterien der Prognosebeurteilung der Dienstfähigkeit war ein Klageverfahren der GEW in Hannover. Die hatten aber trotz eigener Juristen einen externen Spezialisten in der gleichen Stadt beauftragen können, der sich z.B. durch ähnliche Gedankengänge in der Zeitschrift für Beamtenrecht profilieren konnte.

Zur langfristigen Prognose Ihrer Dienstfähigkeit hätte ich unter den realen schulischen Bedingungen nach eigenen Erfahrungen eher ein schlechtes Bauchgefühl. Sie wirken nach Ihren Darlegungen eher wie ein Junkie, der aus schulischen Erfolgen die Droge zum Wohlbefinden zieht und bei Misserfolg all zu rasch auf Entzug geraten könnte. Allerdings, und das muss ich betonen, ein guter Gutachter wird zwischen Bauchgefühl und Tatsachenfeststellung strikt unterscheiden und die rechtlichen Rahmenbedingungen einhalten. So wird, nicht zuletzt wegen der vom BVerwG geänderten Beweislast, der Amtsarzt so manchen Möchtegernbeamten trotz nicht hinreichend begründbaren schlechten Bauchgefühls durchwinken und so den demokratisch-politischen Willen umsetzen. Viele Dinge können besser anhand indirekter Parameter beurteilt werden. Manche dieser Parameter sind beeinflussbar und es besteht deshalb seitens der Gutachter eine Manipulationsgefährdung, der nur durch wenig fassbare Erfahrung entgegengewirkt werden kann. Da ist zuweilen der Weg zur Willkür nicht weit. Im zeitlichen Längsschnitt ergeben sich aus diesen widerstrebenden Aspekten menschlicher Unzulänglichkeit in der Rechtssetzung Pendelbewegungen. Gutachterlich kann durch bescheidene Beisteuerung von Wissen nur die Ausschlagsweite des Pendels beeinflusst werden
(Es handelt sich hier um eine persönliche Meinungsäußerung, die nicht unbedingt identisch sein muss mit der Auffassung meines Dienstherrn)

Mrs. Schnut
Beiträge: 9
Registriert: 25.05.2017, 10:27:39

Re: Wiedereinstieg in das Referendariat nach Depressionen

Beitrag von Mrs. Schnut »

Der Hammer! Vielen lieben Dank für Ihre super Antworten.

Ich musste Ihre ausführliche Darstellung zweimalig lesen, um alle Informationen richtig zu verinnerlichen. Diese helfen mir sehr in meinen Überlegungen weiter.

Wie gestaltet sich denn ein negativer Bescheid hinsichtlich einer späteren Anstellung für mich aus? Hat ein solcher negativer Bescheid für meine Zukunft Auswirkungen? Damit meine ich, kann ich mich zu einem späteren Zeitpunkt einfach wieder für das Referendariat bewerben, oder gibt es hier Folgen, die ich berücksichtigen muss?

Liebe Grüße

Mrs. Schnut
Beiträge: 9
Registriert: 25.05.2017, 10:27:39

Re: Wiedereinstieg in das Referendariat nach Depressionen

Beitrag von Mrs. Schnut »

Hallo zusammen.

Ich bin wieder ein wenig weiter gekommen:

Die Möglichkeit des Wiedereinstiegs hängt von der Einschätzung ab, ob ich dienstfähig bin:
"Dienstunfähig ist nach § 26 Abs. 1 S. 1, 2 BeamtStG i.V.m. § 43 Abs. 2 NBG, wer wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist."

Bei Dienstunfähigkeit kann dennoch die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit nach Paragraph 29 des Beamtenstatusgesetz wieder hergestellt werden. Weiterhin steht im selben Gestz unter Paragraph 23 Entlassung durch Verwaltungsakt Abs. 4 "Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden. Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden."

Kann ich daraus schließen, dass meine Chancen grundsätzlich hinsichtlich des Wiedereinstiegs gut sind (auch bei Zweifel des Amtsarztes)? Kann ich weiterhin daraus schlussfolgern, dass wenn ich jetzt noch dienstunfähig bin, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt meine Dienstfähigkeit nachweisen und somit dann wieder einsteigen kann?

Mit einem späteren Einstieg kann ich gut leben, dann würde ich die Zeit anders nutzen. Gibt es Regelungen, die mir einen Einstieg durch die dritte oder vierte Bewerbung entgegenstehen würden?

Ich würde mich sehr über Antworten und Diskussionen freuen...

LG

Amtsarzt
Beiträge: 578
Registriert: 24.07.2008, 9:07:19
Wohnort: Niedersachsen/nie wieder/nur bei heißem Wetter

Re: Wiedereinstieg in das Referendariat nach Depressionen

Beitrag von Amtsarzt »

Können Sie das Referendariat wegen Erkrankung nicht ordnungsgemäß beenden oder muss das Referendariat durch Erkrankung unterbrochen werden bei gleichzeitig zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht prognostizierbarer Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit innerhalb von 6 Monaten, so können Sie als Beamtin auf Widerruf nach meinem Kenntnisstand entlassen werden.
Sofern Sie nach (subjektiv empfundener) Wiedererlangung der Dienstfähigkeit einen Antrag auf Fortsetzung des Referendariats stellen, wird die Schulbehörde nach meiner Kenntnis versuchen, durch amtsärztliche Begutachtung diese Dienstfähigkeit zu verifizieren. Dieser Auftrag wird nach meiner Erfahrung mit der Fragestellung verbunden, ob der Antragsteller voraussichtlich das Referendariat in gesundheitlicher Sicht ohne größere Fehlzeiten durchstehen wird. Bei der Beamtung auf Probe und ggf. auf Lebenszeit werden dann die Karten neu gemischt. Prognosezeitraum ist dann allerdings die Restzeit bis zur (aktuellen? zukünftigen?) gesetzlichen Altersgrenze. Der dabei anzulegende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist die "überwiegende Wahrscheinlichkeit". Dabei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen juristische Auslegung eine andere ist als die umgangssprachliche. Dennoch kenne ich auch eine an Mediziner gerichtete juristische Publikation, in denen die umgangssprachliche Auslegung vertreten wird. Die Prüfung ist eine individuelle, d.h. sie muss sich so weit wie möglich mit den Besonderheiten des Einzelfalls beschäftigen.
Negiert der Amtsarzt in der Bewertung seiner darzulegenden tragenden Gründe eine aktuelle Dienstfähigkeit oder widerlegt die erforderliche positive Prognosewahrscheinlichkeit, so übernimmt die Schulbehörde in der Praxis diese Empfehlung. Die Sachbearbeiter dort werden nach meinem örtlich begrenzten Eindruck in ihren Bewertungen meist ziemlich allein gelassen und hinterfragen den amtsärztlichen Sermon nicht näher. Selbstverständlich können Sie (oder Ihr Anwalt) die amtsärztliche Stellungnahme auf Stimmigkeit abklopfen. Ein guter Gutachter legt stets seine Beurteilungsgrundlagen offen oder begründet, warum er von der jeweiligen Leitlinie abweicht. Es sollte klargestellt werden, zu wessen Lasten er wissenschaftlich nicht klärbare offene Aspekte in seinem Bewertungsvotum einbezieht. Bei der Prognosebewertung sollte er sich mit der Formulierung des BVerwG zur überwiegenden Wahrscheinlichkeit in Randziffer 27 des Urteils vom 30.10.2013 (BVerwG 2 C 16.12) auseinandersetzen:
"Ist zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder
auf Lebenszeit eine Erkrankung des Bewerbers bereits bekannt, so ist der Eintritt
der dauernden Dienstunfähigkeit des Bewerbers vor Erreichen der gesetzlichen
Altersgrenze oder von regelmäßigen und erheblichen Ausfallzeiten über
Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme
nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen,
dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht
kommen."
Dabei sind nur Tatsachen zu berücksichtigen. Damit Sie, falls Sie unter einer depressiven Episode leiden sollten, nun aber keinen manischen Schub entwickeln, möchte ich allerdings Ihre Erwartungen dämpfen: Würde ich jedoch eine Chance sehen, durch intellektuelle Überzeugungsarbeit eine größere Anzahl der Gattung "Amtsarzt" innerhalb der Spezies homo sapiens bekehren zu können, so würde ich hier kaum im Forum mein Unwesen treiben. Es wird vermutlich wie im Versuchslabor mit anderen Säugern laufen: Man setzt bei Säugern nach Fehlhandlungen (Beurteilungen) einen Schmerzreiz (Zeitaufwand für Widerspruchsstellungnahmen, Frusterfahrungen nach gegenteiligen richterlichen Entscheidungen) und das "Versuchstier" wird zukünftig sich anders verhalten. Das wäre in Ihrem Sinne, nur ein Begreifen der Gründe (EU-Behindertenrichtlinie, AGG, Nichtvereinbarung mit deutschem Schwerbehindertenrecht, dadurch geänderte juristische Gewichtung des Zugangs zu öffentlichen Ämtern im GG zu Lasten der gesundheitlichen Auslese aufgrund des Alimentationsprivilegs) dürfen Sie nicht voraussetzen.

Erlauben Sie mir, Ihnen ein Kompliment zu machen, wie Sie durch eigenes Nachforschen versucht haben, sich der Problematik zu nähern. Das ist wesentlich nachhaltiger als sich die bloße Meinung von Usern einzuholen. Diese kann nämlich weiterführen, muss dies aber nicht. Von wesentlicher Bedeutung, wie auch bei der amtsärztlichen Beurteilung, ist stets das nachvollziehbare Argument !

Die letzte Frage möchte ich durch zwei Gegenfragen beantworten: Wer könnte ein Interesse daran haben, dass Sie bei einer nicht widerlegbaren positiven Prognose nach Überstehen einer Erkrankung einen Nachteil erleiden? Der Amtsarzt wird es wegen der mit einem negativen Votum verbundenen Mehrarbeit kaum sein. Wenn es solch eine Person überhaupt geben sollte, werden Sie von dieser Person beurteilt werden? Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass ein Sachverständiger nicht Richter ist und auch umgekehrt. Dennoch bleibt es menschlich, wenn die eine Seite versucht, sich Kompetenzen der anderen Seite anzumaßen. Wie meine Darlegungen Zeigen, bin ich auch nicht frei davon. Immerhin, ich merke es noch zuweilen.
(Es handelt sich hier um eine persönliche Meinungsäußerung, die nicht unbedingt identisch sein muss mit der Auffassung meines Dienstherrn)

Mrs. Schnut
Beiträge: 9
Registriert: 25.05.2017, 10:27:39

Re: Wiedereinstieg in das Referendariat nach Depressionen

Beitrag von Mrs. Schnut »

Vielen Dank für Ihre Antwort, die mir hilft, ein Gefühl zum Vorgehen des Amtsarztes zu entwickeln. Ich kann Ihre Argumentationen vollständig nachvollziehen und dies hilft mir auch, das Resultat der amtsärztlichen Untersuchung zu verstehen.

Ich hab in der Zwischenzeit Kontakt mit der GEW aufgenommen, bei der ich immer stets Mitglied bin. Die Gewerkschaft wird mich voraussichtlich mit einer juristischen Beratung bei Seite stehen, sodass ich auf ihr Know-how und ihrer Erfahrungswerte zugreifen kann.

Ich bin sehr froh, dass ich Ihre Meinungen zur Unterstützung erhalten habe und nun die juristische Begleitung zum weiteren Vorgehen (Aufarbeitung der amtsärztlichen Beurteilung etc.) bekommen werde. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich das Ziel des Wiedereinstiegs erreiche...

Ich werde Sie weiterhin auf dem Laufenden halten!

Vielen lieben Dank noch einmal und liebe Grüße

Antworten