Arglistige Täuschung beim Amtsarzt.

Rets
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Re: Arglistige Täuschung beim Amtsarzt.

Beitrag von Rets »

Zur Kernfrage von Trinity:

Im Kern geht es dir darum, wissen zu wollen, ob Betrug möglich ist.

Die Antwort ist: Ja. Betrug klappt in vielen Fällen. Ob du den perfekten Betrug hinbekommst, kann im vornherein niemand sagen. Wir können da auch schlecht beraten, haben wir es doch ohne Betrug versucht.

Vielleicht noch eine Sache: Unterschätze das nicht, mit so einer großen Lebenslüge zu leben. Das ist ja nix, was man mit 27 mal klar macht beim Amtsarzt und danach passt das schon. Du lebst jeden Tag damit. Beispiel: Kollege A erkrankt an einer ähnlichen Erkrankung, im Kollegium unterhält man sich wie schlimm das doch ist, fühlt mit - und du darfst dir nix anmerken lassen. Schließlich lastet so eine Lebenslüge auch ungemein auf dem Gewissen. Das wächst heran und hinterlässt ein starkes Bedürfnis, sich frei zu reden. Aber auch wenn man frei von Gewissen ist: Was wenn die medizinische Vorgeschichte doch irgendwann so wichtig ist, dass der behandelnde Arzt die genau wissen muss. Bei den Dingen, die eine Dienstunfähigkeit begründen können, sind jetzt auch nicht so die harmlosesten Sachen. Wenn man dann "richtig" erkrankt ist, kann sich die Sicht schon mal ändern und man sagt den Ärzten doch noch, was Sache ist. (Die von dir beschriebenen Fälle muss man nicht nur auf "dummes Verplappern" zurückführen, es kann auch sein, dass sich das Urteil der Leute aufgrund der Erkrankungen/ des Gewissens geändert hat...)

tiger
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Re: Arglistige Täuschung beim Amtsarzt.

Beitrag von tiger »

trinity123 hat geschrieben:Man begibt sich bei Arzt in Behandlung und sagt diesem nicht, dass man schon einmal im Studium ähnliche Probleme hatte.

Ich bin weder Arzt noch Therapeut, aber ich glaube nicht, dass das klug wäre, ganz egal, ob es sich um eine psychische oder eine physische Erkrankung handelt.

*Sissy*
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Re: Arglistige Täuschung beim Amtsarzt.

Beitrag von *Sissy* »

Auch noch zu bedenken gebe ich folgendes: Ist man so schwer erkrankt, dass man dienstunfähig wird (da muss schon einiges passieren!), kann es für die eigene Gesundheit fahrlässig sein wenn man Arzt B die vergangene Behandlungvon Arzt A verschweigt und er von vorne anfängt. Die eigene Gesundheit ist ein hohes Gut. Wenn Dir diese jedoch Wurscht ist, dann kann es Dir eigentlich auch egal sein, ob der Betrug auffliegt.

trinity123
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Re: Arglistige Täuschung beim Amtsarzt.

Beitrag von trinity123 »

Vielen Dank für die konstruktiven Beiträge. Darüber habe ich mich sehr gefreut!

Ich kenne mich bislang gar nicht damit aus, welche Stelle was und wie lange bezüglich der Gesundheitsdaten speichert.
Wie lange werden Gesundheitsdaten bei der PKV gespeichert? Auch nur 5 Jahre?
Wenn es da ähnliche Fristen gibt, ist man ja nach Ablauf der Frist aus dem Schneider, oder?
Keine Stelle hat dann mehr Daten, die beweisen, dass beim Amtsarzt gelogen wurde.
Natürlich besteht das Risiko, dass man vor Ablauf der Frist dienstunfähig wird (danke für den Hinweis).
Aber zusammenfassend und vereinfachend stellt es sich für mich so dar:
Lügt man beim Amtsarzt, muss man die Frist bis zur Löschung der Daten "durchhalten" und sich vielleicht in dieser Zeit noch Sorgen machen. Danach ist es aber so gut wie unmöglich, dass der Betrug auffliegt.


Und nochmal die Frage:
Kann der Amtsarzt bei der ersten Eignungsprüfung zur Verbeamtung verlangen, die Krankenversicherung komplett von der Schweigepflicht zu entbinden?
Das wäre ein starkes Mittel, um Betrug zu verhindern, weil dann keine bei der Krankenversicherung aktenkundigen Arztbehandlungen verschwiegen werden können.
Aber ich habe das bislang nicht gehört. Es geht immer nur um die Ärzte, die man auf dem Fragebogen angibt.
Weiß dazu jemand etwas?

Trinity.

Löwenherz
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Re: Arglistige Täuschung beim Amtsarzt.

Beitrag von Löwenherz »

Rets hat geschrieben: (...) Aber auch wenn man frei von Gewissen ist: (...)
... was einen sicherlich psychisch ungeeignet für den Lehrerberuf macht...

Als Beamter profitiert man von einigen und durchaus großzügigen Versorgungsansprüchen, muss sich als Frau nicht fragen ob männliche Kollegen qua Geschlecht mehr verdienen, hat auch nach einer längeren Elternzeit die Möglichkeit wieder in Vollzeit in seine Arbeit zurückzukehren (auch wenn dann vss.an einer anderen Schule, als bislang), etc. Es scheint mir nicht zuviel verlangt, im Gegenzug auch ein paar Ansprüche an das Verhalten von Beamten zu stellen, wie ein positiver Bezug zu Ehrlichkeit, anstelle simpler Nutzenmaximierung. Mein Verständnis hier bei der gesundheitlichen Untersuchung von vornherein mit Unwahrheiten in die Diestlaufbahn zu starten ist insofern bei Null, nicht zuletzt auch, da ein Ausbleiben der Verbeamtung kein berufliches Totschlagkriterium ist. Einige Bundesländer verbeamten sowieso nicht, in jedem Fall kann man beim aktuellen Lehrermangel bundesweit getrost davon ausgehen, dass man - vielleicht mal abgesehen vom gymnasialen Bereich- bei erfolgreich absolviertem Referendariat am Ende auch ein Stellenangebot erhalten wird, im Zweifelsfall dann eben im Angestelltenverhältnis. Ich verstehe rein menschlich, dass man Sorge haben kann, wie so eine amtsärztliche Untersuchung ausgeht, die hatte ich auch angesichts meiner Schwerbehinderung. Von einem erwachsenen Menschen, der einen Beruf anstrebt, der u.a.auch Verantwortung für die Werteerziehung gemäß GG und Landesverfassung der anvertrauten SuS beinhaltet, erwarte ich, dass er oder sie fest in eben diesen Werten verwurzelt ist und dies auch durch sein Verhalten zeigt. Leute die A predigen und im stillen Kämmerlein B machen gibt es zuviele in der Welt, die braucht keiner im Schuldienst.

Was die Hypothese anbelangt, man würde am Ende nur aus "reiner Dummheit" auffliegen, so halte ich diese für reichlich dünn. Es gibt viele Erkrankungen, bei denen klar ist, dass es schon früher im Leben zu Problemen gekommen sein muss oder wo es im Hinblick auf eine vernünftige Behandlung wichtig ist ehrlich angeben zu können, welche Probleme man bereits in diesem Bereich hatte. Die wenigstens Menschen dürften hier -wie schon von anderen dargestellt- solch eine Lebenslüge durchhalten-zum Glück! Natürlich kann eine Depression auch später im Leben aufteten, aber gerade psychische Erkrankungen haben immer auch eine Vorgeschichte, über die man im Zuge der Behandlung frei sprechen können muss, um Linderung, Besserung oder gar Heilung erfahren zu können. Spätestens hier nicht die Wahrheit zu sagen- mit allen Konsequenzen- wäre tatsächlich "reine Dummheit" oder zumindest sehr kurzsichtig. Klug wäre es von Beginn an die Wahrheit zu sagen bei Amtsarzt und ggf.die Kröte des Angestelltenverhältnisses zu schlucken (in BL die verbeamten), dabei aber leichten Herzens mit Kollegen sprechen oder sich seinen Ärzten im Bedarfsfall anvertrauen zu können.

Löwenherz
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Re: Arglistige Täuschung beim Amtsarzt.

Beitrag von Löwenherz »

Und vielleicht noch eine Ergänzung, da gerade Therapien bei psychischen Erkrankungen oft Sorge bereiten: In einer Veranstaltung der Gewerkschaft (Rechtsberatung + Versicherungsmakler mit Einblick in Prüfkriterien der PKV) an unserer Uni wurde vor dem 1.Staatsexamen explizit gesagt, dass eine Therapie nicht per se zum Ausschluss einer Verbeamtung führe. Wichtig sei im Zweifelsfall ein Schreiben des behandelnden Therapeuten, dass die therapeutische Behandlung abgeschlossen sei und es zu keinen Rückfällen gekommen wäre. Die therapeutische Behandlung sollte dabei mindestens seit 1 Jahr, besser seit 2 Jahren abgeschlossen sein. Das bringt natürlich nur etwas bei Krankheitsbildern, bei denen solche eine Heilung auch plausibel gemacht werden kann (z.B. Anorexie, selbstverletztendes Verhalten in der Pubertät (kein Borderline), depressive Verstimmung im Studium oder Behandlung wegen Prüfungsangst, etc.). Bei allen Arten chronischer Erkrankungen ist der ehrliche Weg die Prüfung einer (Schwer-)Behinderung vor der amtsärztlichen Untersuchung oder eben sonst der Dienst im Angestelltenverhältnis.

tiger
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Re: Arglistige Täuschung beim Amtsarzt.

Beitrag von tiger »

trinity123 hat geschrieben:Keine Stelle hat dann mehr Daten, die beweisen, dass beim Amtsarzt gelogen wurde.
Und was, wenn die Krankheit an sich der Beweis ist? Wenn man an einem Röntgenbild sieht, dass die Bandscheibe operiert wurde oder die Hüftgelenksarthrose schon seit Jahrzehnten besteht und symptomatisch ist? Wenn chronische Krankheiten angeboren sind und es de facto auszuschließen ist, dass die erste ärztliche Konsultation erst im Erwachsenenalter stattfindet?

Außerdem würde ich mit diesen Fristen vorsichtig sein. Wenn die Gesetze verlangen, dass Unterlagen mindestens 5 Jahre aufbewahrt werden, heißt das doch nicht, dass alles sofort nach 5 Jahren gelöscht wird. In den Arztpraxen, würde ich behaupten, lagert noch viel mehr altes Papier, die kämmen das bestimmt nicht jährlich durch und misten aus.

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