Promotion / Ref

Grundsätzliche Fragen zum Referendariat können hier gestellt werden
nele

Re: Promotion / Ref

Beitrag von nele »

P.P.S. Ein Gedanke, der mich gerade durchzuckt: ich vertrete hier den intrinsischen Wert eines höheren akademischen Bildungsgrades. Muss man das eigentlich in einer schulischen Umgebung? Wir arbeiten doch eigentlich mit dem Prinzip, dass Bildung an sich einen Wert darstellt und dass das lebenslange Lernen auch im humboldschen Sinne ohne utilitaristischen Nutzen verfolgt werden sollte.

Freak_
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Re: Promotion / Ref

Beitrag von Freak_ »

Also ich würd mir den "Dr." ja nicht aufs Klingelschild machen...
You said I wouldn´t make it but look how far I´ve come!

nele

Re: Promotion / Ref

Beitrag von nele »

Freak_ hat geschrieben:Also ich würd mir den "Dr." ja nicht aufs Klingelschild machen...
Habe ich auch nicht - und im Alltagsgebrauch verwende ich den Titel auch nicht, dafür war ich zu lange Unteroffizier, Möbelträger, Hilfslakei im Designerladen etc. Aber es ist ganz nett, so einen Titel zur Hand zu haben, wenn man z.B. auf penetrante Fachleiter trifft, die sich mit "Frau Dr." anreden lassen, um "den Unterschied klarzumachen". ;)

Nele

Camulus
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Re: Promotion / Ref

Beitrag von Camulus »

Wie immer gilt:

Wer einen machen möchte und das nötige Engagement aufbringen kann, sollte es auf jeden Fall machen und dann mit dem Titel umgehen, wie er/ sie es für richtig hält.

Wer mehr Bildung nur gegen Bezahlung macht, sollte es einfach lassen, da es keine geldlichen Vorteile in der Schule bzw. im Lehrberuf bringt.

Auf die Ausgangsfrage: Ja, es gibt Referendare/innen die das machen bzw. geschafft haben. Es ist sehr viel Arbeit und bedeutet auch, dass die Promotion sehr wahrscheinlich länger dauert, aber das ist es auf jeden Fall wert. Wie bereits erwähnt braucht man viel Engagement, ein gutes Umfeld und ein gutes Arbeitsverhältnis zum Betreuer/in, dann ist alles möglich.

Einfacher ist es vor oder nach dem Referendariat, gar keine Frage oder Diskussionsgrund.

Ripley
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Re: Promotion / Ref

Beitrag von Ripley »

...
und im Alltagsgebrauch verwende ich den Titel auch nicht
... akademischer Grad 8)

nele

Re: Promotion / Ref

Beitrag von nele »

Ripley hat geschrieben:...
und im Alltagsgebrauch verwende ich den Titel auch nicht
... akademischer Grad 8)
The number of fucks I give are aproximately nil. 8)

Nele

Scipio
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Registriert: 29.11.2011, 17:49:06

Re: Promotion / Ref

Beitrag von Scipio »

Salve,

dass der Thread etwas älter ist, ist mir klar, aber vielleicht kann ich durch meine eigene Situation etwas weiterhelfen.
Bisher war meine Idee: Diss und danach Ref - aber, das muss ich zugeben, ich habe Sorge nach der Promotion den Schritt "zurück" ins Ref nicht mehr gehen zu wollen, da ich nicht mehr die Jüngste bin (29) und es nochmal zwei Jahre Herumkrebsen am Existenzminimum bedeuten würde.
Ich habe mich vor zwei Jahren genau so entschieden und ein hochspannendes Promotionsangebot samt Lehrauftrag an der Universität angenommen. Das Problem bestand (und besteht) darin Forschungsgelder in Form von Stipendien zu bekommen, denn von Lehraufträgen kann man de facto leider nicht leben.
Um an solche heran zu kommen muss man jedoch ein Feld erforschen, dass in irgendeiner Form an den aktuellen Forschungsmainstream angeglichen ist. Aktuell scheint man bspw. in den Literatur-/Geisteswissenschaften mit großem Eifer der Frage nachzuspüren was denn Wissen eigentlich ist, bzw. wie sich Genderfragen (ein Dauerbrenner) in irgendeiner Form einbeziehen lassen. Wenn man etwas alternativer arbeiten möchte, wird es ungleich schwieriger.
...und selbst wenn man ein Stipendium bekommen sollte, steht man vor dem Problem, wie und ob man mit rund 1000 Euro (über-)leben soll. - V.a. da viele Stiftungen Nebenjobs äußerst ungerne sehen.
Ich jedenfalls bin, trotz eines recht passablen Abschlusses und eines -zumindest für die Professoren denen ich es zur Beurteilung gegeben habe - interessanten Exposés, leer ausgegangen. - Was übrigens, wenn ich die Gespräche einbeziehe, die ich auf wissenschaftlichen Nachwuchstagungen geführt habe, normal ist.
Dann beginnt ein reiner Überlebenskampf, denn v.a. wenn du aus den Geisteswissenschaften kommst, ist es natürlich recht schwierig eine passende Stelle zu bekommen: Die "guten" Stellen in der Wirtschaft, die mir angeboten wurden, waren alle auf eine Vollzeitkraft ausgerichtet, die Halbtagsstellen schlecht bezahlt.

Als eingeschriebener Doktorand bist du Student, dass heißt staatliche Hilfen stehen dir im gleichen Maße wie einem eingeschriebenen Studenten zur Verfügung. - Nur deine Versicherung sieht das ein klein wenig anders: Bye bye Studentenversicherung, herzlich willkommen Pflichtversicherung.

Das klingt vielleicht für romantische Ohren sehr schön: Ein sich Aufopfern für die eigene Forschung -- und in gewisser Hinsicht ist es das auch.

Aber: Willst du dir die Fragen stellen:
- Wie soll ich meine Hochzeit finanzieren?
- Warum kann der Studienfreund auf die Malediven in den Urlaub fahren und ich war seit 5 Jahren nicht einmal im Schwarzwald?
- Was kann ich meiner Freundin zu Weihnachten schenken, ohne dass ich am Heilgen Abend kein Geld mehr für den Sprit habe?
- Was passiert wenn mein 22 Jahre altes Auto den Geist aufgibt?
- Werde ich es irgendwann einmal schaffen mit meiner wissenschaftlichen Arbeit Geld zu verdienen?
- [Hier beliebiges Ereignis/Aktivität einsetzen, das/die Geld oder Zeit benötigt]

Ich persönlich habe Glück gehabt und eine sehr gut bezahlte halbe Stelle in einem privaten Gymnasium gefunden und nebenher eine Firma aufgebaut, sodass ich ganz ordentlich über die Runden komme.

Trotzdem werde ich meine Promotion zum 01.01.2012 auf Eis legen, schlicht und ergreifend, um irgendwann einmal (Lebens-)Planungssicherheit zu haben. Ob ich jemals die Zeit haben werde das Dissertationsprojekt wieder aufzunehmen, weiß ich nicht.


Mein Doktorvater hat damals sein Angebot so formuliert: "Ich biete Ihnen jetzt etwas an, obwohl ich Ihnen fast raten möchte es abzulehnen..."

Wenn ich heute in seinem Büro stünde und diesen Satz hören würde, würde ich -trotz allem was ich heute weiß - wieder annehmen.



Das mag sich nach den oberen Ausführungen paradox anhören, aber es ist eine erstaunliche Erfahrung hinter die Kulissen einer Universität zu blicken und faszinierend ein einziges Thema über Monate und Jahre hinweg im Kopf zu bewegen und seine Gedanken auszufeilen. - Selbst wenn es mit viel persönlichem, finanziellen und emotionalem Aufwand verbunden ist und man letztlich (vielleicht?) sogar scheitert und noch nicht einmal zwei Buchstaben und einen Punkt dafür bekommt.
INGRATA PATRIA - NE OSSA QUIDEM HABEBIS.

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