Lehrerhasser-Buch

Grundsätzliche Fragen zum Referendariat können hier gestellt werden
Antworten
Fragende
Beiträge: 229
Registriert: 16.08.2005, 14:00:58
Wohnort: B-W (GS)
Kontaktdaten:

Lehrerhasser-Buch

Beitrag von Fragende »

Habe ich doch neulich im Buchladen das "Lehrerhasser-Buch" entdeckt.
Gleich neben der Kasse. :o
Ich finde so ein Buch ziemlich dreist. Kein Wunder, wenn unser Ruf immer schlechter wird. :?
Ich gestehe, ich habe es nicht gekauft (würde das die Autorin nicht sogar bestätigen?)..kann also daher nicht über den Inhalt sagen...die 12€ sind mir dafür nicht wichtig genug?!

Aber mal ehrlich..sind wir nicht fähig über uns selbst zu reflektieren..brauchen wir so ein Buch? :cry:

Wer kennt es bereits und kann mal was dazu sagen? :?: :?: :?:

Viele Grüße
Zuletzt geändert von Fragende am 12.02.2006, 17:23:37, insgesamt 1-mal geändert.

Antonia

Beitrag von Antonia »


Fragende
Beiträge: 229
Registriert: 16.08.2005, 14:00:58
Wohnort: B-W (GS)
Kontaktdaten:

Beitrag von Fragende »

danke :)

MuPh
Beiträge: 150
Registriert: 29.04.2005, 18:30:08
Wohnort: irgendwo in RLP, Gym

Beitrag von MuPh »

Hat von euch jemand das Buch gelesen?

Ich habe es bei Amazon bestellt und heute angelesen. Ich muss sagen, mir kommt das Kotzen!!!! Was da an platter, unverschämter und beleidigender Polemik verbreitet wird ist nicht zu beschreiben. Es ist auch nicht witzig gemacht oder mit einem Augenzwinkern zu lesen, es ist einfach nur böse!

Als Beispiel sei ein Stelle aufgeführt, in der Frau Kühn die Anzahl der 22 erschossenen Lehrer seit 1999 als relativ klein darstellt gegen die durch die Lehrer in den Selbstmord getriebenen Schüler. Mir blieb die Spucke weg .... Und wusstet ihr, dass Lehrer stinken, weil sie nicht wissen, dass man sich morgens wäscht und die Zähne putzt? Nach 50 von 200 Seiten hatte ich genug!

Gerade für uns junge und engagierte Lehrer ist dieses Buch ein Schlag ins Gesicht.

Vielleicht sollte man es nicht ernst nehmen, aber wenn man Reaktionen von Lesern liesst, die meinen dieses Buch müsste auf Platz 1 der Spiegel Bestseller Liste, damit endlich alle die "Wahrheit" über dir faulen, gemeinen, unprofesionellen, sexistischen und und und Lehrer zu erfahren, macht man sich so seine Gedanken. Irgendwann hört der Spass auf ....

Das musste jetzt mal raus.

Schöne Grüße an all die anderen 700.000 Totalversager (und angehenden Versager) im Lande.

MuPh
StR

Fragende
Beiträge: 229
Registriert: 16.08.2005, 14:00:58
Wohnort: B-W (GS)
Kontaktdaten:

Beitrag von Fragende »

hi.
ja, das dachte ich eben auch, als ich das buch sah und nur kurz im geschäft anlas.
:x
die frage ist nur, ob man dieser guten frau k. auch noch einen gefallen tun sollte, indem man das buch kauft.
die verkäuferin meinte, lehrer würden das buch kaufen wie warme semmeln.
:cry:
da verdient die auch noch an uns!! die lacht sich doch eins.
:roll:

Lysander

Beitrag von Lysander »

Fragende hat geschrieben:hi.
ja, das dachte ich eben auch, als ich das buch sah und nur kurz im geschäft anlas.
:x
die frage ist nur, ob man dieser guten frau k. auch noch einen gefallen tun sollte, indem man das buch kauft.
die verkäuferin meinte, lehrer würden das buch kaufen wie warme semmeln.
:cry:
da verdient die auch noch an uns!! die lacht sich doch eins.
:roll:
Im Lehrerforum (siehe Link oben) stehen einige Zitate aus diesem Buch. Im Grunde enthält es das, was wir alle wissen - nämlich nichts Neues sondern "Altbekanntes" einmal in den Topf geschüttet, umgerührt, ein bisschen "Lotte-Kühn-Gewürz" dazu und fertig.

Viel schlimmer ist doch eigentlich, dass ein Verlag sich für so etwas hergibt. Spätestens im Lektorat müsste doch klar geworden sein, dass dieses Buch eine persönliche Abrechnung ist.
Spinnen wir das mal weiter und stellen uns vor, jeder würde seine persönliche Abrechnung in Buchform herausbringen...

Nett ist vor allem ein Kommentar eines Rezensenten, der meint, nur die jungen Lehrer wären manchmal gut, aber diese würden sich ja bald in die Reihen der alten (schlechten) Lehrer einordnen...

Nun ja, mein persönliches Psychogramm über Lotte Kühn könnte ich genauso pauschal fällen...

Gruß
Lysander

wiseman
Beiträge: 2
Registriert: 12.02.2006, 5:20:45

Lehrerhasserbuch stimuliert Verteidigungsreflex

Beitrag von wiseman »

ich bin als Lehrer und stellvertretender Schulleiter eher erstaunt, daß ein solches Buch erst jetzt Furore macht.
Jedesmal, wenn das Thema „Pisa-Studie“ aufkommt, findet dasselbe unwürdige Verteidigungsspiel statt: die Lehrer als Front-Leute erklären sich als nichtverantwortlich, da in den Elternhäusern so viel versäumt worden sei; die Eltern fordern bessere Lehrer, da sie nun wirklich nicht dafür verantwortlich seinen, wenn den Kindern nichts beigebracht werde. Die Politiker versprechen Qualitätsverbesserungen, die die Pädagogikbürokratie dann umsetzen soll.
Was bei solchen Bemühungen herauskommt, hat man in den letzten Jahrzehnten sehen können: Mengastheniker, Legastheniker, Ritalin-Zombis, Rechtschreibe-Reform-Deformierte, daneben alte Phänomene wie „immer schlechtere Schüler“, Schulschwänzer, die man nun per Polizei einsammelt.
Was die Situation regelmäßig verschärft, ist die Tatsache, daß die Erwachsenen sich darüber streiten, was für Schülerinnen und Schüler am besten sei; denn alle sind ja kompetent, darüber zu reden, weil alle selbst einmal Schüler waren. Die Pädogogen schweben in dieser Diskussion natürlich ganz oben auf dem Olymp der Schulgötter. Leider hatten alle Spezialisten nach Schulabschluß alle dieselbe Krankheit: Totalamnesie bezüglich des Schullebens, es werden nur noch Niederlagen und Heldentaten erinnert, genauer: gute und schlechte Lehrer. Daß das Schulleben in der Regel nicht aufgearbeitet wird, kann man an so unsinnigen Aussagen feststellen wie: „Ich bin schlecht in Mathe“, „Ich bin schlecht in Sprachen“, oder „Ich habe ein schlechtes Gedächtnis“, die noch Jahrzehnte nach der Schule getroffen werden.
Regelmäßig wird bei der ganzen Aufregung vergessen, die betroffenen Schüler selbst zu fragen, was für sie „gute“ Lehrer sind.
Ich habe diese Frage in den letzten Jahren Hunderten von Schülern gestellt, meist, ohne zu sagen, daß ich selbst Lehrer bin.
Meine -zugegeben nicht repräsentative Stichprobe- ergab erstaunlich bescheidene Wünsche: eine guter Lehrer soll „gerecht“ und „menschlich“ sein. Auf Nachfragen präzisierten die Schüler: eine gerechter Lehrer hat keine Lieblinge, die er immer besonders hervorhebt, und eine menschlicher Lehrer interessiert sich für die Gesamtsituation der Schüler wie private Probleme und Anforderungen in anderen Fächern. Erst danach kamen Stichworte wie Fachkompetenz und Interessanter Unterricht.
Solange die Funktion der Schule strukturell eher ein Auslese- denn ein Förderinstrument bleibt, sind alle Qualitätsinitiativen kontraproduktiv; denn die Fachsprache des Stoffs muß immer in die eigene Sprache übersetzt und in ihr verstanden werden. Die gutsituierten, angepaßten Schüler können gute „Leistungen“ (re-)produzieren (nach dem Bild und Mund des Lehrers), die Underdogs, die als Migranten oder Dialektgeschädigte keine Liebe zur Sprache geschweige denn eine Wertschätzung für den Reichtum „ihrer Sprache“ in der Schule finden, werden folgerichtig sprachlos, sie fragen nicht, sie lernen nicht und wandern zunächst innerlich, dann äußerlich ab: als schlechte Schüler, Schulschwänzer, dann Schulabbrecher.
Kleine Kinder benutzen Sprache ganz selbstverständlich als Kommunikationsmittel, noch in der sms-Sprache findet sich ein Konsens über Verständigung; aber im Unterricht ist das Hauptproblem der Schüler, was will der Lehrer hören bzw. geschrieben sehn. Schüler sind weder taub, noch blind, noch debil. Da sie aber nicht wissen, was das Leben ihnen abverlangt, lernen sie, wenn es geht, sogar sehr gut das „wichtigste“ im Leben: den Eltern folgend, dem Lehrer nach dem Mund reden, um nicht aufzufallen, die Klappe zu halten, um kein Außenseiter zu sein, Markenklamotten zu tragen, um besser da zu stehn. Wenn dies nicht geht, werden sie halt arbeitslos und/oder krank (siehe Jugendpsychiatrie).
Warum sollten sie etwas anderes werden als ihre Eltern, Lehrer, Vorbilder / Idole?

Antworten