Mein Unterricht hat sich nach dem Ref so verändert...

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lavinia21
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Mein Unterricht hat sich nach dem Ref so verändert...

Beitrag von lavinia21 »

Hallo,

also ich gehörte im Ref zu den Personen, die in jeder Stunde ein Methodenfeuerwerk veranstaltet haben, zig Arbeitsblätter konstruierten und versucht haben, jedes noch so blöde Thema ansprechend und mit viel Aufwand den SuS darzubieten.
Das mag sich zwar alles schön anhören, doch fand ich den Output, gemessen am Aufwand viel zu gering. Es war ein "Blabla", "viel Lärm um nichts" und ich kam mit der Vorbereitung kaum hinterher. Die SuS haben teilweise nicht mal gemerkt, dass ich so viel Vorbereitungszeit in die Stunden steckte und waren teils sogar genervt, weil sie ständig "aktiviert" wurden.

Nun habe ich meine erste Stelle an einer BBS mit 25 Stunden (D und E) und zusätzlich 5 Stunden Wirtschaft/GK, was für mich neu und fachfremd ist.
Mein Unterricht ist solide, aber recht unspektakultär. Ich richte meine Stunden auf die Prüfungen aus, Unwichtiges wird zur Seite geschoben. Ich verzichte auf viele zeitraubende Methoden und greife auch gerne zum Frontalunterricht. Ich lasse meine SuS in der Schule Aufsätze schreiben und Übungsblätter machen...das habe ich im Ref NIEEEEEEEEEEE gemacht. In meiner 12ten in Deutsch besprechen wir Texte, arbeiten auf die 1. Klausur hin, aber auch hier...alles ruhig und unspektakulär....wir tanzen NICHT unseren Namen.
Der Aufwand ist durch die 25h zwar hoch, aber ich selbst bin ruhiger. Das Material pro Stunde überschaubar, ich gebe mir und den SuS mehr Zeit zum Erarbeiten und verstehen. Ich renne nicht mehr wie eine Bekloppte von A nach B, sondern lasse mir Zeit.

Ist es denn normal, dass der Unterricht unspektakulärer wird? Ich habe momentan das Gefühl, dass ich langweiligen Unterricht mache, ABER: Die SuS lernen definitiv mehr.

Was sind eure Erfahrungen?

LG Lavi

Löwenbändigerin
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Re: Mein Unterricht hat sich nach dem Ref so verändert...

Beitrag von Löwenbändigerin »

Ich bin zwar selber noch im Ref und kann eingentlich nicht mitreden.
Meine FL wollen immer nur "kooperative Methoden" sehen!
Hallo? Ich kann doch nicht andauernd Gruppenpuzzles, Placemats und Lerntempoduette machen???
Da werden die SuS doch bekloppt.
Also schöne Showstunden für die UBs und nach dem Ref beginnt das normale (Schul)Leben.
Das bestätigt mir jeder.
Aber momentan ist es bei mir genauso:
Stunden über Stunden Vorbereitung für eine 45 Minuten - Stunde. Und die finde ich dann meistens noch nicht mal gut....
Ich weiß, das ich diesen Aufwand in einem Jahr nicht mehr bringen werden.

chema
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Re: Mein Unterricht hat sich nach dem Ref so verändert...

Beitrag von chema »

Hi,

geht mir gerade durchaus ähnlich. Habe jetzt gerade mit einer vollen Stelle (Gym M/CH) begonnen.
Im Ref habe ich meinen Unterricht (fast) immer aufs selbstständiges Lernen ausgerichtet. Das fand ich auch alles wirklich Klasse und hat auch funktioniert. Allerdings waren ja auch nur 12 Stunden vorzubereiten und es waren zum Teil ausgewählte Reihen.
Mittlerweile trage ich dieses Weltbild des selbst-gesteuerten Lernens nach und nach zu Grabe. Aufwand/Nutzen-Verhältnis ist einfach nicht gerechtfertigt bei 26 Stunden, auch wenn ich davon nach wie vor viel halte. Es hat einfach nicht mehr den gleichen Stellenwert in meinem Unterricht.
Und mein Eindruck ist auch, dass es den SuS relativ egal ist, wie sie lernen - Hauptsache es ist einigermaßen abwechslungsreich.

P.S.
Letzteres hab ich im Ref immer besonders an den Showstunden gesehen. Das haben die SuS immer bestens mitgemacht (So gut wie in sonst keiner Stunde ^^). Allerdings war der Lernerfolg nicht höher. Manche konnten sich in der Stunde drauf nicht mal erinnern, welche guten Aussagen sie gemacht hatten. Es gab auch in Stunden nach UBs Aussagen von den SuS wie: "zum Glück ist es jetzt wieder normal"

Ulysses
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Re: Mein Unterricht hat sich nach dem Ref so verändert...

Beitrag von Ulysses »

Hallo Lavinia,

willkommen im Leben!
lavinia21 hat geschrieben:Ist es denn normal, dass der Unterricht unspektakulärer wird?
es iost völlig normal, dass dein Unterricht nach dem Referendariat unspektakulärer und irgendwie einfach "normaler" wird. mit 25 Stunden hast du weder die Zeit, noch die Kraft noch die Fülle an Ideen, um jede Stunde spektakulär zu gestalten, diese Erfahrung machen wir alle irgendwann, ob es uns passt oder nicht.

es ist einfach so wie überall im richtigen Leben: alles bewegt sich in durchschnittlichen, normalen Bahnen und nur gelegentlich gibt es richtig spektakuläre Highlights. wir kochen ja nicht jeden Tag ein 5-Sterne-Menü, sondern meist nur Nudeln mit Soße oder Ravioli aus der Dose, wir feiern nicht jeden Abend eine rauschende Party, sondern sitzen meist nur eine Stunde vor dem Fernseher oder lesen ein paar Buchseiten, bevor wir ins Bett gehen. wir haben nicht jede Nacht supergeilen Sex, dass die Wände wackeln, sondern oft gibt's nur ein Gute-Nacht-Bussi für die Liebste und dann wird geschlummert. es gibt noch unendlich viele andere Beispiele ...

wenn wir jeden Tag solche Highlights hätten, würden wir sie ja irgendwann nicht mehr als Highlights erkennen, dann wären sie nicht mehr spektakulär und umso langweiliger. damit etwas überhaupt spektakulär wird, muss es eine Ausnahme, etwas Besonderes bleiben, sonst wird es langweilig. abgesehen davon, dass es wohl kaum einer schaffen würde, jeden Tag etwas Spektakuläres abzuliefern. das gilt auch für den Unterricht.
lavinia21 hat geschrieben:Ich habe momentan das Gefühl, dass ich langweiligen Unterricht mache, ABER: Die SuS lernen definitiv mehr.
irgendwie bedauerst du es, nicht jeden Tag das Besondere zu liefern, aber du siehst ja selber: auch die Hausmannskost ist effektiv, und das ist ja das, was eigentlich das Ziel deines Unterrichtes ist. du sollst die Schüler nicht unterhalten, sondern ausbilden. was hilft es ihnen, wenn sie in jeder Stunde spektakuläre Feuerwerke sehen, aber dann alle Prüfungen vergeigen, weil sie nichts gelernt haben?

ich bedauere es auch immer wieder, dass mir oft nichts Außergewöhnliches einfällt und ich auf langweilige Normalmethoden zurückgreifen muss, aber da gewöhnt man sich dran. wenn ich dann einen guten Einfall für irgendetwas Besonderes habe, kann ich das ja an der richtigen Stelle irgendwann mal einsetzen, und dann wirkt es auch effektiv.

ich habe mir außerdem im Laufe der Zeit ein paar nette Kleinigkeiten einfallen lassen, die zwar nicht jede Einzelstunde zu etwas Besonderem machen, aber meinen Unterricht in gewisser Weise von dem der Kollegen abweichen lassen und ihm damit eine individuelle Note geben können: ich schmücke meine Arbeitsblätter mit selbstgemalten Zeichnungen, die einen individuellen Stil haben, und signiere jedes Blatt mit einem Logo, das mir irgendwann mal spontan eingefallen ist. und viele Kollegen haben vergleichbare Besonderheiten in ihrem Unterricht.

das ist zwar nicht spektakulär, aber mit den vorhandenen Ressourcen an Zeit, Kraft und Ideen machbar und besser als gar nichts. aber Ziel ist nicht, die Schüler mit irgendwelchen tollen Dingen zu unterhalten, sondern ihren Lernerfolg zu optimieren.

alles Spektakuläre, Besondere und sonstwie Außergewöhnliche darf da nur als Vehikel dienen. hat man so ein Vehikel nicht zur Hand, sollte man besser die langweilige, aber effektive Hausmannskost bieten.

alles Gute und schönen Sonntag
Ulysses
8)
Bayern, Gymnasium, Latein/Geschichte.
LAss seit Februar 2008 -- Planstelle an einem überaus elitären :mrgreen: städtischen Gymnasium
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Stefan24
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Re: Mein Unterricht hat sich nach dem Ref so verändert...

Beitrag von Stefan24 »

Kein Grund zur Sorge - alles völlig normal.

Denk' auch daran, dass du bis (mindestens) 67 arbeiten/durchhalten solltest.
StR seit 09/09. Individualist seit Geburt.
Eigene Meinung schon immer.

Hubselzwerg
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Re: Mein Unterricht hat sich nach dem Ref so verändert...

Beitrag von Hubselzwerg »

lavinia21 hat geschrieben:ABER: Die SuS lernen definitiv mehr.

Na, ist doch super! Gar kein Grund zur Aufregung.

Eigene Erfahrungen hab ich noch nicht. Trotzdem war mir immer klar, dass der Unterricht nach dem Ref nicht mehr so aufwändig vorbereitet wird.

Ich hatte auch das Glück, dass das bei uns im Seminar jedem klar war. Dass man dort nicht auf den zukünftigen Arbeitsplatz hinarbeitet sondern erstmal auf die Prüfung. Die FLs wollten eben einmal sehen, dass man es kann. Dass man es danach so nicht mehr macht war denen dort bewusst.

Trotzdem ist bei mir manches hängengeblieben was ich gern beibehalten würde.
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lavinia21
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Re: Mein Unterricht hat sich nach dem Ref so verändert...

Beitrag von lavinia21 »

Ich merke es z.B. ganz arg im Deutschunterricht. Im Ref habe ich Einheiten geplant mit gut 15-20 Stunden. Beim Thema Eröterung bin ich zu Anfang z.B. sogar auf den historischen Kontext eingegangen, habe Debatten veranstaltet usw. und es hat ewig gedauert, bis wir mal endlich einen Text geschrieben hatten.

So, nun habe ich eine Prüfungsklasse der Berufsfachschule und die muss die Stellungnahme ohne Textgrundlage einüben.

1 & 2 Stunde: Thema "Argumentieren", unterschiedliche Situationen auf Bildern > wer argumentiert und wer nicht, wann argumentiert ihr zu Hause/ in der Schule, Wh. Aufbau eines Arguments

3. Stunde: Folie: Wie kann man Argumente stützen > SuS erklären die Folie und geben Beispiele; danach: 2 Themen und SuS sollen je 3 Argumente finden und ausformulieren.

4/5. Stunde: "Rezept":Wie schreiben ich eine Stellungnahme + Übung

6. Stunde: Feedback + Verbesserung der Übung

7.+8 Stunde: Nochmals Übung zur Stellungnahme ohne Textgrundlage

danach: Klassenarbeit

So, da ist kein historischer Hintergrund drin, da debattieren wir nicht,...Nein, wir üben einfach wie es geht.

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