Mit 33 ins Lehramt wechseln? Meinungen/Rat erwünscht

Grundsätzliche Fragen zum Referendariat können hier gestellt werden
woodpecker
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Mit 33 ins Lehramt wechseln? Meinungen/Rat erwünscht

Beitrag von woodpecker »

​Hallo liebe Forumsmitglieder,

ich bin 33 und spiele nun schon seit ein paar Monaten mit dem Gedanken, beruflich noch mal einen anderen Weg einzuschlagen und ins Lehramt zu wechseln.

Zum meinem Hintergrund:
Ich habe 2010 meinen Abschluss Lehramt Sek II in Sozialkunde und Geschichte in Rheinland-Pfalz gemacht und seitdem aber außerhalb der Schule gearbeitet - und nach der typischen Durststrecke direkt nach dem Studium auch zunehmend erfolgreich, im Bereich Öffentlichkeitsarbeit/Wissenschaftsverwaltung sowie in der schulfremden Bildungsarbeit.
Nun überlege ich aber, doch noch das Ref zu machen und in den Schuldienst einzutreten. Warum? Ich merke zunehmend, dass ich mir nicht vorstellen kann, diese Bürojobs weitere 30-35 Jahre zu machen. Außerdem vermisse ich meine Fächer ein bisschen. In meiner jetzigen Arbeit halte ich immer mal wieder kleine Workshops und Seminare und das Planen und Durchführen macht mir viel Spaß. Ich hätte Lust, wieder mit Jugendlichen zu arbeiten.
Ich bin mir aber unsicher, was die Chancen zurzeit angeht, gerade mit meiner Fächerkombi.

Das Ref wäre kein Problem, Rücklagen habe ich genug und müsste mich nicht großartig umstellen. Meine Note im StEx1 war auch sehr gut, so dass ich vermutlich schnell einen Platz bekäme.

Die Frage ist, wie geht es danach weiter? Ich wäre 35 und Planstellen am Gym für meine Fächer scheint es in Rheinland-Pfalz ja quasi nicht mehr zu geben. Prinzipiell könnte ich mir auch vorstellen, an eine Gesamtschule zu gehen oder nach Hessen bzw. NRW.

Was denkt ihr dazu? Würde ihr mir - ich weiß, das ist schwer mit so wenigen Infos - sofort davon abraten oder mich eher ermutigen?


Danke euch!

kuddelmux
Beiträge: 96
Registriert: 19.07.2012, 11:11:53
Wohnort: Hessen

Re: Mit 33 ins Lehramt wechseln? Meinungen/Rat erwünscht

Beitrag von kuddelmux »

Hey,
ich komme aus Hessen und in meiner Region wäre mit dieser Kombi (Sozialkunde gibt es in der Sek II in der Form nicht, eher PW) derzeit keine Planstelle in Sicht. Wie das aber in zwei Jahren nach dem Ref ausssieht oder in einer anderen Gegend, kann ich dir leider nicht sagen. Gym-Ref-Stellen in diesen Fächern sind leider auch nicht so leicht zu ergattern.
Liebe Grüße

woodpecker
Beiträge: 5
Registriert: 26.06.2017, 13:07:35

Re: Mit 33 ins Lehramt wechseln? Meinungen/Rat erwünscht

Beitrag von woodpecker »

Danke für die Info!

Sozialkunde und PW müssten identisch sein. Zumindest habe ich im Prinzip Politikwissenschaften studiert. Hieß für Lehrämtler halt nur Sozialkunde.

chilipaprika
Beiträge: 3251
Registriert: 28.08.2009, 10:46:00

Re: Mit 33 ins Lehramt wechseln? Meinungen/Rat erwünscht

Beitrag von chilipaprika »

ja, Sozialkunde - Staatsexamen aus RLP wurde mir in Hessen (PoWi), NRW (Sozialwissenschaften), NDS (Politik/Wirtschaft) problemlos anerkannt.

sabisteb
Beiträge: 82
Registriert: 02.10.2015, 15:09:13

Re: Mit 33 ins Lehramt wechseln? Meinungen/Rat erwünscht

Beitrag von sabisteb »

1. Nach so langer Zeit nach dem Studium wirst Du eine Fachprüfung vor dem Regierungspräsidium ablegen müssen und zwar auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Diese Prüfung ist (in BW) nach 3 Jahren raus aus dem Thema vorgeschrieben.

2. Aus eigener Erfahrung. Ich habe Lehramt nachstudiert (also Englisch, Bio wurde angerechnet). Ich habe davor als Projektmanager gearbeitet und war glücklich mit dem Planen von Meetings und Workshops. Ich habe gerne Erstsemester betreut und Fortgeschrittene. Lehre macht mir Spaß. ABER das sind (halbwegs) Erwachsene.
Bürojob konnte ich mir langfristig nicht vorstellen...
Ich bin im Ref (und ein paar Jahre älter).

Die älteren Referendare tun sich teilweise schwerer (ja, ich auch), weil sie eben schon Lebenserfahrung haben und gewissen Vorgaben im Schulwesen kritisch gegenüberstehen, während die Jungen sich einfach anpassen und tun, was man ihnen sagt und einfach gute Noten haben wollen und in gewisser Weise gefallen wollen. Sie kennen häufig die Welt außerhalb von Schule/Uni/Schule kaum mit ihren 22 Jahren. Das soll keine Kritik sein, das ist der einfachere Weg und die Chance in diesem Job glücklich zu werden, wenn man das System nicht kritisch hinterfragt.

Die meisten Abbrecher sind derzeitig unter jenen, die einen anderne Abschluss als Lehramt haben, vorzugweise im MINT Bereich bzw. BWL, VWL. Die denken sich nach 6 Monaten, war doch schöner mit einem regulären und deutlich besser bezahlten Job in der Wirtschaft als 70h Woche, keine Wochenende und nervige Eltern, heulende Schüler und permanentes Erziehen/Mahnen....

Du liebst deine Fächer und vermisst diese. Ja, ich liebe meine Fächer und unterrichten macht Spaß. Sogar die Unterrichtsvorbereitung ist unterhaltsam.
ABER der sozialpflegerische Anteil ist eben auch SEHR groß und dass muss einem liegen.
Zudem gibt es einen nicht zu unteschätzenden Part namens Talent, das hat man oder nicht, das gilt auch für Lehramt (leider, ich habe das Talent nicht).

Was die Fachkombi angeht: Müsste an einer Beruflichen Schule im BW im Bereich Hauswirtschaft/Pflege/Sozialwissenschaften funktionieren. Schau mal da.

Ich würde empfehlen diesen Traum auszuprobieren. Auch wenn Du merkst, dass es dann doch nichts für dich ist, so weißt Du dann zumindest, dass Du diese Idee getrost ad acta legen kannst und dich nicht den Rest deines Lebens grämen wirst, nicht Lehrer geworden zu sein.

Sieh also zu, dass Du ein Backup in petto hast, wenn Du nach 6 Monaten merkst, war nix.

Fächerkombi BW
http://www.bildungsserver.de/Regelungen ... -6221.html

Stellensituation an Beruflichen Schulen ist generell besser.
Die Klientel ist aber auch deutlich schwieriger.

rossi87
Beiträge: 135
Registriert: 01.02.2016, 19:00:12

Re: Mit 33 ins Lehramt wechseln? Meinungen/Rat erwünscht

Beitrag von rossi87 »

Du hast das m.E. sehr gut zusammengefasst. Lediglich dir das mit den 70/Woche halte ich für übertrieben, v.a. angesichts der Fächerkombination. Die Chance auf Parallelklassen ist da v.a. an BS doch sehr hoch und von stressigen Phasen mal abgesehen wird das eine im Vergleich zum Deutsch-Englisch-Lehrer doch eher angenehme Arbeitsbelastung.

Also auch von mir das Votum: ausprobieren! Nach einem halben Jahr wirst Du gemerkt haben, ob es funktioniert oder nicht. Das halbe Jahr solltest Du Dir gönnen.

woodpecker
Beiträge: 5
Registriert: 26.06.2017, 13:07:35

Re: Mit 33 ins Lehramt wechseln? Meinungen/Rat erwünscht

Beitrag von woodpecker »

sabisteb hat geschrieben:1. Nach so langer Zeit nach dem Studium wirst Du eine Fachprüfung vor dem Regierungspräsidium ablegen müssen und zwar auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Diese Prüfung ist (in BW) nach 3 Jahren raus aus dem Thema vorgeschrieben.
Davon höre ich immer wieder. Auf der anderen Seite kenne ich Leute, die nach 15 Jahren erst ins Ref sind und keine Nachprüfung machen mussten. Ist vielleicht auch von Bundesland zu Bundesland verschieden?
sabisteb hat geschrieben:2. Aus eigener Erfahrung. Ich habe Lehramt nachstudiert (also Englisch, Bio wurde angerechnet). Ich habe davor als Projektmanager gearbeitet und war glücklich mit dem Planen von Meetings und Workshops. Ich habe gerne Erstsemester betreut und Fortgeschrittene. Lehre macht mir Spaß. ABER das sind (halbwegs) Erwachsene.
Bürojob konnte ich mir langfristig nicht vorstellen...
Ich bin im Ref (und ein paar Jahre älter).
Klar. Wäre ja nicht mein erster Kontakt mit Kindern und Jugendlichen. Hatte im Studium Praktika und diverse Nebenjobs a la Museumsführungen für Schulklassen etc.
sabisteb hat geschrieben:Die meisten Abbrecher sind derzeitig unter jenen, die einen anderne Abschluss als Lehramt haben, vorzugweise im MINT Bereich bzw. BWL, VWL. Die denken sich nach 6 Monaten, war doch schöner mit einem regulären und deutlich besser bezahlten Job in der Wirtschaft als 70h Woche, keine Wochenende und nervige Eltern, heulende Schüler und permanentes Erziehen/Mahnen....
Im Moment komme ich mit meiner (enormen) Pendelzeit auf ca. 80h :D Spaß beiseite, mir ist völlig klar, dass Lehramt kein Halbtagsjob mit 12 Wochen Ferien ist. Ich habe einige Lehrer im Freundeskreis und sehe, dass die am Wochenende viel arbeiten. Aber ich sehe eben auch die Flexibilität außerhalb der Unterrichtsstunden und die Planbarkeit bzgl. der Ferien sowie die Vereinbarkeit Familie/Beruf etc. Hat Vor- und Nachteile, wie alles.
sabisteb hat geschrieben:Du liebst deine Fächer und vermisst diese. Ja, ich liebe meine Fächer und unterrichten macht Spaß. Sogar die Unterrichtsvorbereitung ist unterhaltsam.
ABER der sozialpflegerische Anteil ist eben auch SEHR groß und dass muss einem liegen.
Zudem gibt es einen nicht zu unteschätzenden Part namens Talent, das hat man oder nicht, das gilt auch für Lehramt (leider, ich habe das Talent nicht).
Interessanter Punkt. Darf ich fragen, ob du den Schritt dann bereust?
sabisteb hat geschrieben:Ich würde empfehlen diesen Traum auszuprobieren. Auch wenn Du merkst, dass es dann doch nichts für dich ist, so weißt Du dann zumindest, dass Du diese Idee getrost ad acta legen kannst und dich nicht den Rest deines Lebens grämen wirst, nicht Lehrer geworden zu sein.
Ein Traum ist es nicht, es ist einfach eine in Frage kommende Alternative ;)
Danke für restlichen Tipps und Infos!

Wie ist das denn mit einem Wechsel an Berufsschulen? Geht das einfach so nach einem Referendariat auf dem Gym?

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