Wechsel Berufliche Schulen <=> Gymnasium möglich?

Grundsätzliche Fragen zum Referendariat können hier gestellt werden
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StudenTT
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Wechsel Berufliche Schulen <=> Gymnasium möglich?

Beitrag von StudenTT »

Hallo zusammen,

mich beschäftigt derzeit die Frage, ob es auch nach dem Ref noch möglich ist an das Gymnasium zu wechseln. Mir ist klar, dass der erfolgreiche Wechsel sehr stark von den "Randbedingungen" abhängt.

Daher kurz zu meinem Hintergrund:

Anzahl der unterrichteten Jahre: 1,5 + 1,5 (ich bin jetzt im 2. Jahr und auf Probe verbeamtet)
Bundesland: BW
Fächer: Physik und Mathematik

Ich bin eigentlich Physiker (M.Sc.) und habe die Befähigung für Mathematik durch eine Zusatzprüfung erhalten. Man hat uns damals am Seminar eröffnet, dass wir eine vierte Lehrprobe in der Unterstufe absolvieren können um auch die Lehrbefähigung am Gymasium zu erhalten. Das klang erst mal gut wurde uns dann aber im Nachhinein versagt, da unser erstes Staatsexamen dafür angeblich keine ausreichende Qualifikation bieten würde.

Ich fühl mich da nach wie vor etwas hinters Licht geführt. Klar, ich unterrichte gerne auch an der Beruflichen Schulen würde aber trotzdem gerne wissen, ob ich mir die Option ans Gymnasium zu wechseln weiterhin offen halten kann. Meine Fächer sind ja glaub ich nicht die schlechtesten. Was meint ihr?

tiger
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Re: Wechsel Berufliche Schulen <=> Gymnasium möglich?

Beitrag von tiger »

Die Hürden zum Wechsel vom Gymnasium zur beruflichen Schule sind niedrig, weil an den beruflichen Schulen ein Bewerbermangel herrscht und an den Gymnasien ein Bewerberüberhang (ja, in BW auch für "Mangelfächer" wie Musik, Physik, Informatik usw.).

In die andere Richtung ist es so gut wie unmöglich, weil du vom Wohlwollen des Regierungspräsidiums abhängig bist. Natürlich kann dir die Lehrbefähigung für die Sekundarstufe I des Gymnasiums erteilt werden, z. B. durch eine Erweiterungsprüfung im Rahmen des Referendariats oder durch eine nachträgliche Zusatzausbildung. In der Praxis macht man das aber nicht, weil man die Lehrer an den beruflichen Schulen braucht und an den Gymnasien eben nicht. Der Verweis auf das fehlende 1. Staatsexamen klingt hier wie Hohn, weil die Behörden im Bedarfsfall einen anderen Abschluss (z. B. Masterabschluss oder Diplom) problemlos als "gleichwertig" anerkennen können, aber bei fehlendem Bedarf genauso behaupten können, dieser Abschluss reiche eben nicht aus.

Insofern gilt in BW seit zehn Jahren der Spruch: "Einmal berufliche Schule, immer berufliche Schule." (Gilt für die Gemeinschaftsschulen übrigens ebenso. Von dort kommt man – auch mit Lehrbefugnis für die Sek. II ebenfalls nicht mehr weg, zumindest nicht in Richtung Gymnasium.)
StudenTT hat geschrieben:Ich fühl mich da nach wie vor etwas hinters Licht geführt.
Meine Erfahrung mit Schulbehörden in verschiedenen Bundesländern ist, dass man solchen Aussagen keinen Glauben schenken darf. Wenn dir jemand mündlich mitteilt, dieses und jenes sei möglich, musst du immer gleich nachfragen: Wo kann ich das nachlesen? In welchem Erlass steht das? Wie lange ist diese Regelung gültig? Was sind die Voraussetzungen? Wer kann mir rechtssicher Auskunft geben?

Solche Ausnahmeregelungen werden schließlich nur geschaffen, um möglichst schnell Personallücken stopfen zu können, und nicht, um dem einzelnen Bewerber Optionen zu eröffnen oder Planungssicherheit zu ermöglichen.

StudenTT
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Re: Wechsel Berufliche Schulen <=> Gymnasium möglich?

Beitrag von StudenTT »

Vielen Dank für deine Antwort.
tiger hat geschrieben:Insofern gilt in BW seit zehn Jahren der Spruch: "Einmal berufliche Schule, immer berufliche Schule." (Gilt für die Gemeinschaftsschulen übrigens ebenso. Von dort kommt man – auch mit Lehrbefugnis für die Sek. II ebenfalls nicht mehr weg, zumindest nicht in Richtung Gymnasium.)
Das verstehe ich allerdings nicht so ganz. Meines Wissens gilt doch im Gegenzug auch das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Bis vor kurzem bestand in BW für Physiker sogar noch die Option des Direkteinstiegs ins gymnasiale Lehramt. Und so viel ich weiß werden immer noch dringend Physik-Lehrer gesucht, das geht auch aus den aktuellen Stellenausschreibungen hervor, gerade im ländlichen Bereich ist da der Bedarf vielerorts noch nicht gedeckt.

Mir ist klar, dass der Wechsel so ohne Weiteres nicht zu vollziehen ist, da man dabei auf die Hilfe der Regierungspräsidien angewiesen ist und erst einmal eine Freigabe erhalten muss. Dennoch: Vielleicht hat jemand von euch schon einmal Erfahrungen damit gemacht und kann den Verfahrensweg mal genauer erläutern?

tiger
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Re: Wechsel Berufliche Schulen <=> Gymnasium möglich?

Beitrag von tiger »

StudenTT hat geschrieben:Bis vor kurzem bestand in BW für Physiker sogar noch die Option des Direkteinstiegs ins gymnasiale Lehramt.
Ja, aber du musst das aus der Perspektive des Kultusministeriums sehen: Ein Direkteinsteiger an egal welcher Schulform stopft dort eine Lücke, günstigstenfalls bis zu seiner Pensionierung.

Du hingegen bist ja schon im System. Wenn du ans Gymnasium wechselst, nutzt das deinem Dienstherrn gar nichts, weil der Personalmangel nur verlagert wird. Im Gegenteil, einen Lehrer von einer beruflichen Schule an ein Gymnasium zu versetzen ist sogar für die Personalgewinnung nachteilig, weil die meisten Bewerber ans Gymnasium wollen und nicht an eine berufliche Schule. Es ist also günstiger, eine offene Stelle am Gymnasium durch einen Direkteinsteiger zu besetzen, der sich für eine Stelle an einer beruflichen Schule gar nicht interessiert.

Der Wechsel zwischen verschiedenen Schulformen ist also mitnichten einfach, selbst wenn man die Lehrbefähigung hat (was bei dir ja nicht der Fall ist). In BW kommen die Kollegen von den Gemeinschaftsschulen auch nicht mehr weg in Richtung Gymnasium. Was allenfalls denkbare wäre, ist eine befristete Abordnung, wenn wider Erwarten am Gymnasium ein so großer Mangel herrschen sollte, dass man den durch die Abordnung entstehenden Unterrichtsausfall an der beruflichen Schule in Kauf nehmen kann. So dramatisch ist die Lage in BW derzeit aber nicht.

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