Disziplinierungsmaßnahme für die ganze Klasse!

Was tue ich, wenn ....?
Warbird
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Registriert: 15.07.2007, 3:32:01
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Beitrag von Warbird »

Ich möchte an dieser Stelle als brennpunktgestählter HS-Lehrer auch ein paar Kniffe beisteuern, die sich bei mir im Ref als überaus wirksam erwiesen haben.

1.) Wie bereits genannt: Gezielt umsetzen. Zusatzoption: Einen besonders aufsässigen Schüler mit seinem Pult auf den Flur schicken, wo er die nötige Ruhe für eine ansprechende Einzelarbeit hat. Die Türe bleibt zwecks Aufsichtspflicht natürlich offen.

2.) Sich bedanken. Falls die Mehrzahl der Sch so unruhig ist, dass ein normaler Unterricht nicht möglich ist, bedankt man sich bei den Sch dafür, dass sie einem die Arbeit des Unterrichtens abnehmen und lässt sie den Rest der Stunde stupide schreiben. Wichtig ist am Pult extrem entspannt Platz zu nehmen, bestenfalls ist das Lehrerzimmer samt Kaffemaschine nur eine Tür weiter. In diesem Fall eine Tasse Kaffee und die Tageszeitung holen und den Rest der Stunde so richtig genießen. Sehr wirksam, zumal der störende Mop der Verlierer bei diesem Spiel ist.

3.) Besonders vor Klassenarbeiten in der Wiederholungsphase sehr wirksam: Klare Ansprache: "X, du hast gerade gestört. Somit hast du zwei Minuten kaputtgemacht, die deinen Klassenkameraden jetzt fehlen, um noch Fragen zur Klassenarbeit zu stellen. Das heißt: Du bist schuld daran, wenn Schüler/in A, B, C, D usw. in der Klassenarbeit eine schlechtere Note haben, weil sie nicht nachfragen konnten." Es ist sehr interessant zu beobachten, wie der entsprechende Schüler von der Klasse auf dem Schulhof oder dem Heimweg "zurecht gewiesen" wird. Bei einzelnen Störern extrem wirksam.

4.) Und last but not least mein absoluter Favorit gegenüber vereinzelten Störern: Die Jungs und Mädels stören lassen, 5 Minuten früher zum Ende kommen. Dann Notenbuch raus und erstmal zu den funktionierenden Schülern hingehen: "Deine mündliche Leistung war heute sehr gut, das gibt eine 1, 2 etc." Danach zu den Störern: "Deine mündliche Leistung war heute absolut ungenügend. Leider eine 6." Die Noten muss man natürlich wirklich eintragen. Alle paar Wochen sollte man die Klasse nun über ihre aktuelle Zeugnisnote informieren. Erstaunlich, wie schnell die Störer erkennen, dass mündliche Mitarbeit bzw. nicht statt findende Mitarbeit massiven Einfluss auf die Note haben kann. Das ist insbesondere dann empfehlenswert, wenn man Jungs und Mädels in der Klasse hat, die schriftlich gut sind und glauben, sich im Unterricht alles rausnehmen zu können. Diese Praxis hat sich als hochwirksam erwiesen, sie verlangt aber die wochenlange konsequente Durchführung.

Lysander

Beitrag von Lysander »

@Warbird

Das kann man möglicherweise so machen, ich habe aber mit der gezielten Bloßstellung von Schülern so mein Problem.

Das wäre ja ziemlich deutlich der Fall, wenn man das "Klauen von zwei Minuten Übezeit" oder das Vorlesen der Teilnoten der heutigen Stunde nähme.

Diese Form von Bloßstellung wird schnell als Demütigung empfunden - da wird auf dem Nachhauseweg dann nicht zurecht gewiesen sondern über Dich abgelästert.

Mag sein, dass an der Hauptschule andere Sitten herrschen als am Gymnasium, aber diese Bloßstellung finde ich sehr grenzwertig und teilweise unpädagogisch.

Gruß
Lysander

Warbird
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Beitrag von Warbird »

Würde mich interessieren, was das mit "Bloßstellung" zu tun hat.

Deiner Logik folgend müsste dann die klare Ansprache einer guten Leistung (positive Verstärkung), die bei mir genauso zum Alltag gehört, ja auch eine Bloßstellung sein. Schließlich müssen sich alle Schüler schlecht fühlen, die jetzt nicht gelobt wurden.

Zu der Notengeschichte: Als jemand der Sprachen unterrichtet ist es in meinen Augen völlig normal, dass die SuS ihre mündliche Note nach dem Vokabelabfragen gesagt bekommen. Wer permanent stört und zum Unterricht nichts beizutragen hat, braucht sich demzufolge über eine mündliche 6 nicht aufzuregen. Schließlich bekommen SuS die mitarbeiten genau so das direkte Lob in Verbindung mit einer Anerkennung ihrer Leistung in Form einer guten Note.

Und mal ganz abgesehen davon: Bisher bin ich damit mehr als gut gefahren. Mag sein, dass meine Hauptschüler ein stärker ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden als Gymnasisasten haben und deshalb sehr genau wissen, dass sich nur der bei mir eine notentechnische Ohrfeige fängt, der sie auch verdient hat.
Aus diesem Grund hatte ich bisher auch mit den Eltern meiner HSler kein Problem. Auch die vielen Blumen, Briefe und Sympathiebekundungen die ich von den Kids bei der Abschlussfeier meiner 9er bekommen habe sprechen da eine sehr deutliche Sprache.
Quod iovi licet non bovi licet.

Yaqui
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Beitrag von Yaqui »

warbird, ich empfinde es keineswegs als bloßstellen, wenn eben auch eine rückmeldung erfolgt, die nicht positiv ist. wenn ich in den unteren klassen die noten bekannt gebe, sag ich ja bei 4en und 5en auch die note, dasselbe bei vokabeltests. ich finde es etwas schade, wenn disziplin über notendruck hergestellt werden muss, aber ich unterrichte auch an einem gymnasium mit überwiegend unproblematischem klientel und werd mich hüten, deine taktik zu kritisieren, vielmehr bewundere ich jeden hauptschullehrer, der seinen schätzchen trotz der oft schwierigen bedingungen was beibringt, motiviert bleibt und motivieren kann. insbesondere die von dir geschilderte positive rückmeldung von schülern und eltern zeigt ja, dass es dankbar angenommen wird, wenn jemand eine vernünftige arbeitsatmosphäre schafft.
liebe grüße
yaqui

Lysander

Beitrag von Lysander »

Also dann müssen wir einmal etwas enger fassen, was eine neutrale, sachliche Rückmeldung ist und was Bloßstellen ist.

Für MICH ist eine Rückmeldung an einen Schüler, der stört oder eben unaufmerksam ist, dass ich ihn darauf hinweise und ihm sage, dass ich das nicht gut finde.
Wenn ich im selben Atemzug aber sage, dass er es schuld ist, wenn die anderen (und dann nenne ich Namen) weniger lernen (was im übrigen so nicht stimmen muss), dann empfinde ich das als Bloßstellung.

Das hat mit Gerechtigkeitsempfinden m.E. nichts zu tun. Es mag sein, dass es einige Schüler gibt, die das dann möglicherweise genauso sehen wie der Lehrer, jedoch dürfte die Solidarität unter Schülern soweit gehen, dass sie es größtenteils "sch****" finden, wenn der Lehrer einzelne Schüler so bloßstellt.

In meiner Klasse ist es so, dass meine Schüler selbst andere Mitschüler zur Ordnung bzw. zum ruhig sein ermahnen, wenn sie merken, dass ich genervt bin oder der Unterricht nicht weiterlaufen kann. (An dieser Stelle möchte ich betonen, dass diese Klasse das aus welchem Grund auch immer schon konnte und ich mich hier nicht als "Superpädagoge" profilieren möchte).
Zugegeben, das ist ein Glücksfall.

Natürlich ist es in der Pädagogik durchaus so, dass es nicht immer ein eindeutig richtig oder falsch oder besser oder schlechter gibt, weil das im Wesentlichen auch von der Klasse bzw. den jeweiligen Schülern abhängt.

Wenn also die von Warbird praktizierte Form funktioniert und bei seinen Schülern auf positive Resonanz stößt, ist das voll in Ordnung.
ICH würde es nicht so machen aus den erwähnten Gründen und würde entsprechend stärker auf die Selbstdisziplinierungskräfte meiner Klasse setzen.

Gruß
Lysander

tigerente_kerstin
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Beitrag von tigerente_kerstin »

Ich habe im vergangenen Halbjahr über die VHS einen Vorberitungskurs zum Quali gehalten, und das war eine einzige Katastrophe. Leider fehlten mir eben auch die gewissen Druckmittel. Die Jungs und Mädels - alle samt hoch pupertierend - waren eben der Meinung: Ich zahle für den Kurs, du kannst mir gar nix!
Mein Problem war allerdings auch, dass die Schüler sich z.T. beschwerten: Der XY war auch laut, zu dem sagen sie nix! Oder: Der macht das die ganze Zeit, ich wars nur einmal! usw...
Wie kann man in einer wirklich schlimmen Klasse ALLES sehen? Schreibt ihr da mit? Ich hatte dann Punkte eingeführt und bei 3 bei den Eltern angerufen -> das wirkte aber auch nur bedingt. Was tut man also in so einem Fall?

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