Erste Beurteilung (Bayern)

Chicago
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Erste Beurteilung (Bayern)

Beitrag von Chicago »

Hallo zusammen,

bei mir steht bald die erste richtige Beurteilung nach der Probezeit an und ich habe verschiedenste Sachen gehört, welche Beurteilungsstufe man da erhält. Stimmt es, dass die Stufe 5, also HM, für Erstlinge üblich ist?
Über ein paar Erfahrungswerte würde ich mich freuen!

tiger
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Re: Erste Beurteilung (Bayern)

Beitrag von tiger »

Ich kann nicht speziell für Bayern sprechen, aber die dienstliche Beurteilung an sich wäre zu diesem Zeitpunkt doch völlig sinnlos, wenn jedem "üblicherweise" dieselbe Beurteilungsstufe zugesprochen würde.

Klar ist, dass man niemandem nach drei Jahren eine der beiden oberen Stufen zusprechen kann, weil man grundsätzlich davon ausgehen muss, dass niemand in so kurzer Zeit seine Eignung zur Leitung einer Schule unter Beweis stellen konnte oder, wie es in den Richtlinien so schön heißt, "prägenden Einfluss auf das Schulleben" hat.

Bei den restlichen Stufen dürfte es vom Beurteilenden abhängen. So ähnlich, wie es Lehrer gibt, bei denen kein Schüler jemals die Note "sehr gut" bekommen hat, wird es auch Schulleiter geben, die mit großzügigen Beurteilungen eher spendabel oder eher knauserig umgehen.

Stark
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Re: Erste Beurteilung (Bayern)

Beitrag von Stark »

Um auch mal Informationen aus Bayern nachzureichen:
Im Großen und Ganzen stimmt das schon mit der Fünf in der Erstbeurteilung.
Die Fünf heißt in diesem Kontext, dass man seine Aufgaben zufriedenstellend erfüllt und es keine Probleme gab. So in etwa wie man die Note 3 im Unterrichtskontext definieren würde.
Wenn du schon die eine oder andere Zusatzaufgabe erfolgreich übernommen hast, dann kann auch die Vier drin sein. Für junge KuK, die sich stark ins Schulleben einbringen und dabei auch die richtigen "Parameter" erfüllen (nicht jede Aufgabe wirkt sich im gleichen Maße auf die Beurteilung aus), gibt es auch die Drei. Ich habe auch schon Erstbeurteilungen mit Zwei gesehen, das waren dann aber absolute Überflieger, die neben Schule quasi gar nichts mehr gemacht haben.

Langer Rede kurzer Sinn: Ja, das mit der Fünf ist der Standard, aber man kann daran auch etwas ändern.
Im Übrigen ist es ein offenes Geheimnis (z.B. von meinem Schulleiter offen kommuniziert), dass die Schulleiter bestimmte Schnitte einhalten müssen. Für jeden Kollegen, den er also eine Drei oder Zwei gibt, muss er "unten" mit einer Vier oder Fünf "gegensteuern". Dass er den "verdienteren" Kollegen dann eher die besseren Noten gibt (- weil sich das auf die Beförderungen auswirkt -) und den jungen Kollegen eher die schlechteren (- weil die sowieso noch mind. zwei Beurteilungen bis zur Beförderung bekommen -) mag unfair erscheinen, entbehrt aber nicht der Logik des insgesamt doch recht verkorksten Verfahrens.

Rets
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Re: Erste Beurteilung (Bayern)

Beitrag von Rets »

Stark hat geschrieben:...Im Übrigen ist es ein offenes Geheimnis (z.B. von meinem Schulleiter offen kommuniziert), dass die Schulleiter bestimmte Schnitte einhalten müssen...

Voll cool. Will ich auch: "Ja Martin, eigentlich arbeitest du ganz zufriedenstellend, aber die Sabine hat schon eine 2 bekommen, deshalb muss ich dir jetzt die 4 geben. Sonst stimmt der Schnitt nicht."

Max_Cohen
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Re: Erste Beurteilung (Bayern)

Beitrag von Max_Cohen »

Klingt alles sehr rechtswidrig - warum klagt niemand dagegen?
Abgesehen davon kann ich mir nicht vorstellen, dass Bayern das gelobte Land der Lehrerprofessionalität und Lehrerfortbildung ist - es ist ein recht stabiler Befund der Unterrichtsforschung, dass unreflektierte Erfahrung im Lehrerberuf wertlos ist. Es ist daher kaum einzusehen, warum jemand, der das Glück hatte, auf dem Stand der Forschung ausgebildet zu werden und diesen nun umsetzt, keine besseren Bewertungen erhalten sollte als Lehrkräfte mit zweifelhafter "Erfahrung".
Klar ist, dass man niemandem nach drei Jahren eine der beiden oberen Stufen zusprechen kann, weil man grundsätzlich davon ausgehen muss, dass niemand in so kurzer Zeit seine Eignung zur Leitung einer Schule unter Beweis stellen konnte oder, wie es in den Richtlinien so schön heißt, "prägenden Einfluss auf das Schulleben" hat.
Naja, ich hatte in einem Jahr mehr prägenden Einfluss auf das Schulleben als manch einer in seinem ganzen Berufsleben...

tiger
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Re: Erste Beurteilung (Bayern)

Beitrag von tiger »

Max_Cohen hat geschrieben:warum klagt niemand dagegen?
Weil die Beurteilenden Beamte sind, die gemäß ihrer Ausbildung die höchste Priorität darauf legen, dass die Beurteilungen rechtlich nicht angreifbar sind. Ähnlich wie bei einem Arbeitszeugnis denkt sich der Beurteiler "Welche Note/Rangstufe will ich geben?" und sucht anschließend Formulierungen zusammen, die in der Gesamtbetrachtung keine andere Note rechtfertigen als die gewünschte.
Max_Cohen hat geschrieben:es ist ein recht stabiler Befund der Unterrichtsforschung, dass unreflektierte Erfahrung im Lehrerberuf wertlos ist
Es ist ebenfalls ein recht stabiler Befund der Unterrichtsforschung, dass Befunde der Unterrichtsforschung kaum Auswirkungen auf die Unterrichtspraxis haben. Das wird manchmal als "didaktisches Trägheitsprinzip" verspottet, aber es ist nicht nur die zeitliche Verzögerung, sondern die professionelle Arroganz der Kollegen, die auf ihre (wie auch immer zustande gekommenen) Überzeugungen mehr geben als auf Vorgaben und Forschungsbefunde.

Wir erleben das hier im Forum doch schon bei den Referendaren ständig. Das häufigste Lamento geht ungefähr so:

"Meine Ausbilder/Fachleiter/Mentoren/Kollegen/Schulleiter/Schüler/... kritisieren meinen Unterricht. Er sei nicht schülerorientiert, nicht lernwirksam, nicht schülergerecht, methodisch schlecht usw. usf. Dabei mache ich DEN GEILSTEN UNTERRICHT DER WELT. Ich bin DER GEBORENE LEHRER und schon im Kindergarten haben mich alle für meine LEHRERPERSÖNLICHKEIT gelobt. Meine Urgroßtante Petunia findet das in ihren wenigen lichten Momenten auch! ..."

Einfach nur gruselig, wenn man sich vorstellt, dass diese Unbelehrbaren am Ende wahrscheinlich fast alle bestehen und 45 Jahre lang schlechten Unterricht abhalten, ohne dass es Aussicht auf Besserung gibt.

Löwenherz
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Re: Erste Beurteilung (Bayern)

Beitrag von Löwenherz »

tiger hat geschrieben: "Meine Ausbilder/Fachleiter/Mentoren/Kollegen/Schulleiter/Schüler/... kritisieren meinen Unterricht. Er sei nicht schülerorientiert, nicht lernwirksam, nicht schülergerecht, methodisch schlecht usw. usf. Dabei mache ich DEN GEILSTEN UNTERRICHT DER WELT. Ich bin DER GEBORENE LEHRER und schon im Kindergarten haben mich alle für meine LEHRERPERSÖNLICHKEIT gelobt. Meine Urgroßtante Petunia findet das in ihren wenigen lichten Momenten auch! ..."
Die Konsequenz ist zwar wirklich gruselig, aber ich hab grad beim Lesen dennoch Tränen gelacht, danke tiger.

Was die beschriebene Beurteilungspraxis für Bayern anbelangt habe ich ähnliches bereits von BaWü gehört.

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