Hallo MRT2,
wichtig ist, dass es sehr viele verschiedene PKV-Tarife gibt. Auch beim gleichen Unternehmen gibt es oft leistungsstarke Tarife und Tarife mit wesentlich geringeren Leistungen. Ausbildungs- bzw. Studententarife haben oft weniger Leistungen als andere Tarife. Man sollte Versicherungsvertreter ganz gezielt danach fragen, weshalb die Beiträge bei dem Normaltarif für Beamte bei diesem PKV-Unternehmen deutlich höher sind. Wenn dann Leistungen XY ... genannt werden, ist auch klar, dass man als Referendar auf diese Leistungen verzichtet.
Häufig spielen diese Leistungen eine Rolle:
- Psychotherapie (Anzahl der Sitzungen? Erstattungshöhe?)
- Hilfsmittel: eine abschließende Aufzählung bedeutet, dass alle anderen Hilfsmittel ausgeschlossen sind: z.B. Treppenraupe, Messgerät für Blutgerinnungswerte, Blindenführhund, Bildschirmlesegerät für Sehbehinderte). Sind in dem Tarif später Hilfsmittel versichert, die aktuell noch gar nicht erfunden sind?
- Haushaltshilfe
- häusliche Krankenpflege: nur Behandlungspflege? Oder auch Grundpflege?
- Krankentransporte (wenn es kein Notfall ist)
- Hebammenhilfe
- Reha in einer Rehaklinik
- Heilmittel (z.B. Physiotherapie oder Logopädie). Erstattung nach ortsüblichen Sätzen ist ein sehr schwammiger Begriff. Ggf. mit Physiotherapeuten oder Logopäden vor einem PKV-Vertrag über Abrechnungsprobleme sprechen.
Wenn bei Leistungen konkrete (Höchst-)Sätze für Erstattungen genannt sind, wird das vermutlich später wegen der zwischenzeitlichen Inflation problematisch werden. Als Beamter wählt man den Tarif meistens lebenslang. Für 80- oder 90-Jährige haben sich dann aber später viele Dinge und Preise geändert.
Wie sich das eigene Leben entwickeln wird, spielt bei der Entscheidung auch eine große Rolle:
- eigene Lebenserwartung? Werde ich den PKV-Tarif 50 oder 80 Jahre (bis zum Tod) haben?
- Familienplanung: Werde ich bei 3 Kindern jeweils 3 Jahre Elternzeit ohne Berufstätigkeit wählen? Werde ich heiraten und dann 3 Stiefkinder haben? Werde ich ein behindertes Kind mit hohem Leistungsbedarf (besonders Hilfsmittel und Pflege) haben (es gibt Foren von Eltern behinderter Kinder, in denen über Leistungen der PKV und GKV sehr kontrovers diskutiert wird)?
- Werde ich auf Teilzeit umsteigen? Das Einkommen sinkt, aber die PKV-Beiträge bleiben unverändert.
- Werde ich vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit in Pension gehen? Wie hoch sind dann die Einnahmen? Wie hoch die PKV-Beiträge?
- Werde ich ohne Beihilfeansprüche die Beamtentätigkeit aufgeben und mich selbständig machen. Ein Wechsel in die GKV ist dann ausgeschlossen und die PKV-Beiträge steigen wegen des Beihilfewegfalls sehr deutlich (Verdoppelung?).
In der PKV läuft grds. alles über Erstattung. Man bekommt Privatrechnungen, reicht diese bei der Beihilfestelle und der PKV zur Teilerstattung ein. Beide Stellen prüfen dann, was nach den aktuellen Beihilferegelungen bzw. dem abgeschlossenen Vertrag (inkl. aller Anlagen) erstattungsfähig ist. Die Überprüfung und ggf. "Reklamation" der Erstattung kann sehr aufwendig sein. Viele Pensionäre (besonders schwer kranke) hätten gern eine Sekretärin, die sich nur um diese Buchhaltung kümmert.
In den PKV-Tarifen gibt es üblicherweise eine Klausel "Die Leistungen dürfen das Maß des Notwendigen nicht übersteigen." Meist erfährt man die Auswirkungen dieser Klausel erst, wenn eine eingereichte Rechnung nicht bzw. nur gekürzt erstattet wurde.
Hier kann man häufige Beschwerdegründe von PKV-Versicherten nachlesen:
https://www.pkv-ombudsmann.de/taetigkeitsbericht/
Die Entscheidung für einen bestimmten PKV-Tarif ist so wichtig wie ein Hauskauf. Bei den Kosten (Beiträge und nicht versicherte Leistungen) geht es insgesamt um ähnliche Größenordnungen.
Gruß
RHW