Oberstufen - Wie schaffe ich eine Distanz?

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Kamala
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Oberstufen - Wie schaffe ich eine Distanz?

Beitrag von Kamala »

Hallo!

Ich bin seit dem 1.2. dabei, habe einige gute Stunden gehabt, gutes Feedback bekommen - klar, etwas zu verbessern gibts immer. Es war stets freundliche Kritik, die mir auch weitergeholfen hat.

Mein Problem besteht jedoch in der Sek II - ich schaffe es einfach nicht, mich deutlich von den SuS zu distanzieren, ich will deren "Kumpel" sein, will, dass ich gemocht werde usw. Ich bin erst 25 (seit 2 Wochen), sehe aber vllt maximal wie 20 aus... mein Selbstbewusstsein ist eigentlich in Ordnung, zumindest lasse ich meine Ängste/Sorgen/Probleme nie nach außen, sodass niemand sowas vermuten würde...
Ich habe aber schlichtweg Angst in den Oberstufen, weil ich mich selbst von diesen Klassenstufen rein vom Alter her kaum distanzieren kann.. die sehen teilweise älter aus als ich und das verunsichert mich total.. Dumme Sprüche oder sowas greifen mich sofort sehr an (ich zeige es zwar nicht, "brech" dann aber zuhause zusammen).

Ausschlaggebend war wohl die Erfahrung die ich in einer 10 gemacht habe, ich wurde null Ernst genommen, nicht respektiert und noch lange nicht akzeptiert... Ignoranz, "lustig machen" und völliges Desinteresse... Ich habs mit Methoden probiert, ich habs mit Notendruck probiert, ich habs freundlich, ich habs unfreundlich probiert... Es hat wenig geändert.. Die Ausbildungslehrerin meinte "Die Klasse hat eine Antihaltung gegen dich", thats it... Mir wurde dann geraten, den Kurs zu verlassen. Habe ich getan. Aber das sind ja keine Lösungen.

Meine Hauptangst besteht nun darin, dass ich ja nach den Sommerferien im bdU eigene Klassen und eben auch Oberstufenklassen bekomme...

Hat jemand irgendwie ne Idee wie ich mir eine gewisse Distanz antrainieren kann? Wie ich mich selbst vorbereiten kann, eben nicht da nett und Kumpel sein zu wollen, sondern mich durchsetzen zu können?
Ref. ab Feb.2010; Seminar: NRW

Stefan24
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Re: Oberstufen - Wie schaffe ich eine Distanz?

Beitrag von Stefan24 »

ich will deren "Kumpel" sein, will, dass ich gemocht werde usw.
Wenn das ernsthaft dein Ziel ist, dann solltest du den Beruf wechseln. Darum geht es in unserem Job NICHT.
ich wurde null Ernst genommen, nicht respektiert und noch lange nicht akzeptiert... Ignoranz, "lustig machen" und völliges Desinteresse...
Wundert dich das, wenn du einen auf Kumpel machen willst? Mal im Ernst: du bist als Lehrperson der, der die Regeln aufstellt. Egal wie alt du aussiehst und/oder dich fühlst.
Stichwort: Disziplin. Du schaffst sie und stellst eine ruhige Arbeitsatmosphäre her. Das ist einzig und allein deine Aufgabe, Dafür wirst du u.a. bezahlt.
Wie ich mich selbst vorbereiten kann, eben nicht da nett und Kumpel sein zu wollen, sondern mich durchsetzen zu können?
Du musst fachlich top vorbereitet sein. (Eigentlich müsste das nicht mal mehr erwähnt werden.)
Du musst klare Grenzen setzen und die Regeln festlegen, die in deinem Unterricht gelten.

Wie versuchst du denn, einen auf Kumpel zu machen?
Die Antwort interessiert mich weniger. Vielmehr sollte dir nach der Antwort auf diese Frage klar sein, welche Eigenarten du an dir in der Oberstufe dringend ablegen solltest.

Mir ist (ich war auch 25 als ich mit dem Ref begann) aber auch nicht klar, wieso du überhaupt einen auf Kumepl machen willst? Das ist eigentlich das erste, was man im Ref lernen sollte, dass das gar nicht geht.
Analysiere dein Verhalten und ändere es. Und zwar rasch.
Dumme Sprüche oder sowas greifen mich sofort sehr an (ich zeige es zwar nicht, "brech" dann aber zuhause zusammen).
Dumme Sprüche entstehen nicht in allen Situationen. Wie kommt es, dass du so viele Situationen schaffst, dass so viele Sprüche möglich sind, so dass du dich angegriffen fühlst?
Um welche Art "Sprüche" geht es denn? Wenn (persönlich) beleidigend, dann MUSS sanktioniert werden und es muss vor/mit der Sanktion ein "Vier-Augen-Gespräch" erfolgen.
Die Ausbildungslehrerin meinte "Die Klasse hat eine Antihaltung gegen dich"
Das kommt vor und lässt sich leider nur schwer ändern, aber damit es dazu kommen konnte, musste ja etwas vorausgegangen sein. Von allein tun das Klassen selten.
Zuletzt geändert von Stefan24 am 19.04.2010, 14:21:41, insgesamt 1-mal geändert.
StR seit 09/09. Individualist seit Geburt.
Eigene Meinung schon immer.

Giftzwerg
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Re: Oberstufen - Wie schaffe ich eine Distanz?

Beitrag von Giftzwerg »

Als ich ins Ref gegangen bin, hatte ich ähnliche Ängste. Ich war 24, sah aus wie 20 und wurde von Kollegen für eine Schülerin gehalten. Seltsamerweise hatte ich mit den Schülern nie Probleme. Die haben noch nie was dazu gesagt, dass ich noch so jung bin/aussehe.

Ich denke, dass liegt auch an der Einstellung. Du schreibst, du willst deren Kumpel sein und gemocht werden. Falsch! Ich will nicht mit meinen Schülern befreundet sein. Wenn sie mich mögen gut, wenn nicht, kann ich da auch mit leben. Dies sollen was bei mir lernen, fertig.

Beispiel: Ich erzählte in meinem 11er-Kurs, dass ich Schülern aus der 8. Klasse im Unterricht Schnaps abgenommen habe (am letzten Schultag der 13) und im Anschluss mit dem Klasselehrer geredet hätte. Reaktion einer Schülerin: Boah, das ist ja voll unfair. Wieso haben Sie die denn verpetzt, ist ja voll gemein! Ja, wäre es, wenn ich eine Freundin wäre. Ist es nicht, weil ich Lehrerin bin und auch einen Erziehungsauftrag habe.

Stelle Regeln auf und Strafen, falls die Regeln nicht eingehalten werden. Und: Sei konsequent! Notfalls über Notendruck, auch wenn ich da eigentlich nicht viel von halte. Manche Kurse wollen es nicht anders.
Es ist nicht schlimm, wenn man mal hinfällt. Schade ist es, wenn man liegen bleibt.
Klassenleitung einer 6. und einer 7. Klasse.

Krähe
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Re: Oberstufen - Wie schaffe ich eine Distanz?

Beitrag von Krähe »

Ich würde mir zu Hause überlegen, welche Regeln du beachtet haben möchtest und warum (z.B. Pünktlichkeit, damit die Unterrichtszeit voll ausgenutzt werden kann; Ruhe im Kurs, damit effektiv gelernt werden kann). In einem zweiten Schritt überlegst du dir, wie du diese Regeln durchsetzt (z.B. wer dreimal zu spät kommt, muss nachsitzen; wer mehrfach stört, muss ein benotetes Referat halten). Im Unterricht reagierst du dann nach diesem Schema und erklärst den Schülern ganz ruhig und sachlich, was passiert und warum, z.B. "XY, du hast durch dein Zuspätkommen mehrfach den Unterricht gestört und selbst Unterrichtszeit verpasst. Dies kann ich nicht tolerieren, du musst die Unterrichtszeit nun nachholen".

Wenn du so einen Katalog hast, musst du dich auf die persönliche Ebene gar nicht einlassen, denn du musst nicht mehr darüber nachdenken, WARUM ein Schüler jetzt stört, die Konsequenz ist ja immer gleich. Wenn du dich mit der Zeit sicherer fühlst, kannst du flexibler werden.

Sieh deine Beziehung zu den Schülern nicht als persönliche, sondern als professionelle - du wirst bezahlt, um einen reibungslosen Unterricht zu gewährleisten, und das machst du auch. Wie die Schüler dich als Person finden, kann dir zunächst Mal egal sein.

Ripley
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Re: Oberstufen - Wie schaffe ich eine Distanz?

Beitrag von Ripley »

... versuchs doch mal mit schlechter laune. wenn ich die ersten male mit neuen lerngruppen/kursen zu tun habe, versuche ich schon auf kleinigkeiten übertrieben genervt zu reagieren. da in meinem alten gymnasium die schüler/innen immer geduzt wurden, habe ich mir den spaß gemacht, mal du und mal sie zu sagen. damit und natürlich auch mit äußerlichkeiten bekommst du distanz oder nähe zu den schüler/innen.lg.

CatherineDuquesne
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Re: Oberstufen - Wie schaffe ich eine Distanz?

Beitrag von CatherineDuquesne »

Ich habe heute wieder merken dürfen, um das so zu sagen, dass man manchen Schülern alles hinstellen kann und alles wird nicht akzeptiert. Wenn Voraussetzungen nicht passen, die von der Schülerseite nicht gegeben sind. Wo man dann von Lehrerseite aber mehr arbeiten muss. Aber:

Um eines vorweg zu sagen, man muss in eine bestimmte Rolle hineinwachsen, man muss bestimmte Dinge erfüllen, bestimmte Dinge anwenden. Das geht nicht von jetzt auf gleich. Ich muss z. B. jetzt auch in der 10. sehen, wie manche Dinge zu machen sind.

Manches...da meinte doch ein Mädel aus der 10., die Klasse hätte schon sehr viele Lehrerwechsel und darunter sehr viele junge LehrerINNEN, und damit haben vor allem die Jungs ein Problem. Also: Jung+Wechsel= kann man sich denken. Die wollen also, worauf man beim Alter keinen Einfluss hat, eine gewisse Sicherheit. Den "Älteren" wird mehr zugetraut.
Ich versuche sie schon, möglichst professionell auf Distanz zu halten, aber es ist dennoch so, dass es nicht immer gelingt. Ich bin nun nicht mehr 25, aber der Älteste ist auch "nur" zehn Jahre jünger. Und ich gehe wirklich gerne noch als jünger durch (als Schülerin zwar nicht mehr, aber ich durfte neulich an der Uni auch erst klarstellen, dass ich die zweite Aufsicht war und im Raum bleiben durfte).

Kumpel? Hat man Dir das mal so erzählt? Also dann würde ich das ja sein wollen...im Ernst, bei uns im Seminar ging das sogar so weit, dass uns ans Herz gelegt wurde, im Einsatzjahr sowas wie ne große Schwester, ein großer Bruder sein zu können, weil man ja noch nicht sooo alt...und nein, ich glaube nicht, da was falsch verstanden zu haben, was diese Sache betrifft!
Ich bin kein Kumpel. Ich kann jemand sein, der in gewisser Weise professionell für die Schüler da ist.
"Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren." B. Brecht

Jolly Jumper
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Re: Oberstufen - Wie schaffe ich eine Distanz?

Beitrag von Jolly Jumper »

Stefan24 hat geschrieben:
ich will deren "Kumpel" sein, will, dass ich gemocht werde usw.
Wenn das ernsthaft dein Ziel ist, dann solltest du den Beruf wechseln. Darum geht es in unserem Job NICHT.

.

Nur mal kurz dazu:
Ich glaube, dass der TE das so nicht gemeint hat! Kamala ist sich mE vollkommen bewusst, dass er/sie sich von den Sch. distanzieren muss. Ich glaube das mit "ich will deren Kumpel sein" passiert eher unbewusst, es ist bestimmt nicht sein/ihr Ziel.

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