Wenn eine Schülerin sich ritzt..

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
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thedreamdreamer
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Wenn eine Schülerin sich ritzt..

Beitrag von thedreamdreamer »

Hallo!

Ich habe zurzeit eine 8.Klasse zweimal die Woche.
Vor mehreren Monaten kamen dann zwei Schülerinnen zu mir und baten mich um ein Gespräch.
Natürlich stimmte ich einem Gespräch zu.
Die Freundin der betroffenden Schülerin erzählte mir, dass ihre Freundin sich ritzen würde weil ihre Eltern sie nur anschreien, sie sich nicht geliebt fühlt und den Tod ihrer besten Freundin nicht verkraftet.
Das Mädchen stand die ganze Zeit etwas verängstigt daneben und wollte nichts sagen, also machten wir aus, dass sie mir einen Brief schreiben sollte.
Nachdem sie mir den Brief gegeben hatte, hatten wir mehrere Gespräche und sie hat auch offen mit mir geredet, aber immer bin ich auf sie zugegangen. Jetzt habe ich ihr gesagt, dass sie zu mir kommen soll..wenn es ihr schlecht geht und sie reden möchte. Außerdem habe ich ihr noch meine Telefonnummer gegeben. Die Schülerin kommt aber nicht mehr auf mich zu.ich sehe aber, dass es ihr nicht gut geht. Was soll ich machen? Wie kann ich ihr helfen, denn zum 2.Halbjahr werde ich mein Studium vortsetzen und so keinen Unterricht mehr geben!
LG

krabappel
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Re: Wenn eine Schülerin sich ritzt..

Beitrag von krabappel »

thedreamdreamer hat geschrieben: Wie kann ich ihr helfen
Garnicht? Du bist kein Therapeut. Und du hast bereits deine gesprächsbereitschaft signalisiert. Als Teenie hätte ich es zumindest als sehr unangenehm empfunden, wenn ein Lehrer so in meine Intimsphäre eingedrungen wäre.

Als Unterstützug könntest du ggf. Sorgentelefon-Rufnummern für Jugendliche im Klassenzimmer aufhängen mit dem allgemeinen Hinweis, wenn jemand ein Problem hat, er dort anrufen kann, um sich ersten Rat zu holen oder bei Bedarf Therapiemöglichkeiten/ Kontakte zum Jugendamt etc. raussuchen zu lassen.

CatherineDuquesne
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Re: Wenn eine Schülerin sich ritzt..

Beitrag von CatherineDuquesne »

Gibt es bei Euch an der Schule eine Kollegin oder einen Kollegen, mit dem Schüler über private Probleme reden können? Falls das so ist, kann man den Vorschlag machen, dass sich die Schülerin an diese Person wenden kann.
Weiß der Klassenlehrer/die Klassenlehrerin Bescheid? Du kannst hier auch mal reden. Aber erwarte hier nicht zuviel. Ich möchte es als KLassenlehrer gerne wissen, wenn jemandem etwas auffällt. Aber in manchen Fällen kann ich nichts tun. Bzw. muss selbst erstmal irgendwie rauskriegen, was das Beste wäre. Und das ist so ein Fall.
Die letzte Keule wäre der/die Schulpsychologe/in, aber da muss man sehr behutsam vorgehen, damit zu kommen, will die Schülerin nicht selbst Hilfe suchen. Auf keinen Fall Druck ausüben!!!

Du hast in dieser Situation das getan, was Du für richtig hieltest und was wohl auch der Schülerin vielleicht geholfen hat. Die Sache ist jetzt aber leider die: Du hast es hier mitnichten mit einem Einzelfall zu tun. Und Du selbst solltest hier versuchen, nicht zuviel an Dich heranzulassen. Es mag hart klingen, aber: Du kannst nicht alle retten! Besonders nicht in so einem Fall, der hat eine eigene Dimension. Und Du kannst Dich nicht in jeden Fall "einmischen". So hart auch das klingt. Ich bin nicht psychologisch ausgebildet, als dass ich mir diese Dimension zutrauen würde. Muss ich so zugeben.
Auch bei uns gibt es Schüler, da kommst Du als Lehrer nicht weiter. Dir fehlen die Mittel und die Ausbildung.
Ich habe erst heute einem Schüler zwar zugehört, weil mir seine Leistungen "suspekt" waren (was macht der? Der ist nicht faul, aber in dem Fach so schlecht...). Ich habe ihn mal unverfänglich drauf angesprochen, aber ohne ihn zu bedrängen. Da hat er dann von sich aus was erzählt. Da gibts massive Probleme in der Familie. Ich habe ihn weitergeschickt zur Kollegin, die für solche Fälle da ist. Nein, falsch: Ich habe ihm das vorgeschlagen, da mal hinzugehen. Entscheiden muss immer noch er... Mit der Klassenlehrerin habe ich gesprochen, denn wie gesagt: Zumindest ich wäre gerne informiert, ist was...

Besonders beim Thema Ritzen ists allerdings so, dass viele das ja lieber verbergen. Ist so ein Widerspruch: Viele sind stolz auf die Narben, aber es darf keiner sehen. Denn im Grunde genommen wissen die ja, dass etwas nicht stimmen kann und wie die Umwelt reagiert. Und um da an die Personen heranzukommen, braucht man oft wirklich eine geeignete Ausbildung.

Übrigens und das am Rande bzw. weiter gedacht: Sind Schüler mal in psychologischer Behandlung, dann stehen die Psychologen oft genug mit der Schule eng in Verbindung. Weil das eben über das Maß hinausgeht, was der normale Lehrer leisten kann.
"Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren." B. Brecht

thedreamdreamer
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Re: Wenn eine Schülerin sich ritzt..

Beitrag von thedreamdreamer »

Ich habe ihr natürlich verschiedene Nummern gegeben..von einer Kjp in der Nähe ( da sie auch Suizidgedanken hat), von der Telefonseelsorge und ich habe ihre ehemalige Klassen- und jetzige Vertrauenslehrerin ( mit ihrem Einverständniss) informiert. Diese hat auch mit ihr gesprochen, aber Sie verlässt ebenfalls die Schule um in Ruhestand zu gehen.
An die Schulpsychologin habe ich sie auch mal verwiesen, wo sie auch freiwillig hingegangen ist, aber sie hatgewohl kein Vertrauen in diese Frau und hat ihr nichts von ihren Problemen erzählt.
Ich habe sie auch gefragt..ob sie mal mit einer Kirchlichenperson reden möchte, da der Tod ihrer Freundin sie ja ziemlich mitnimmt. Aber sie lehnt alles ab..was mit Glauben zu tun hat. Sie hat einen richtigen Hass auf "Gott" entwickelt, da dieser ja ihre Freundin hat sterben lassen. Ich selbst bin nicht christlich und auch keine Religionslehrerin :).

Sie braucht und möchte Hilft haben, dass hat sie mir schon gesagt, aber sie weiss nicht, was sie joch machen soll und ich bin ebenso ratlos..

CatherineDuquesne
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Re: Wenn eine Schülerin sich ritzt..

Beitrag von CatherineDuquesne »

Du hast hier tatsächlich all das getan, was man tun kann! Mehr geht von Deiner Seite nicht. In der 8. Klasse sind die Jugendlichen durchaus selbst in der Lage zu entscheiden, ob man hier die Hilfe auch annehmen möchte oder nicht.
Du selbst kannst nichts mehr tun! So hart das klingt! Du kannst niemanden zu seinem Glück zwingen! Viele müssen die Hilfe selbst wollen. Erst dann wird es besser. Wenn sie jetzt sichtbar suizidgefährdet wäre, dann müsste man schleunigst was machen. Vorher...wird es schwer.

Und wie gesagt, gerade das Ritzen ist so ein Zwiespalt. Einerseits...eben das soziale Stigma, die Wut und Hilflosigkeit der anderen. Andererseits finden diese Menschen aber, für viele schwer verständlich, eben gerade in den Schmerzen Trost (ich habe einen Bekannten, der ist piercingsüchtig...ich habe meine Theorie dazu). Aber sie können sich anderen schwer öffnen, um da einen Ersatz zu finden. Es gibt hier viel mehr Literatur dazu, mir fällt spontan allerdings nur das Buch "Bodymodification" von Erich Kasten ein, da geht er auch drauf ein. Kasten sieht auch SVV als Bodymodification, allerdings eben auch psychologischen Gründen. Ist aber nur angerissen in dem Buch. Wenngleich er eben auch z. B. Piercings manchmal psychologisch betrachtet, eben wegen der Schmerzen.
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thedreamdreamer
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Re: Wenn eine Schülerin sich ritzt..

Beitrag von thedreamdreamer »

Ich denke schon, dass sie Hilfe haben möchte. Das hat sie mir auch gesagt, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich nicht lieber nocheinmal mit ihr reden sollte.Vorallem, da ich ja (nach den Ferien) nur noch 3 Wochen..also 6 Unterrichtsstunden bei ihr. Sollte ich sie vorher nicht einmal ansprechen?

CatherineDuquesne
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Re: Wenn eine Schülerin sich ritzt..

Beitrag von CatherineDuquesne »

Man kann so jemandem jetzt bildlich gesprochen zum Psychologen schleifen. Ob der dann aber weiterkäme, ist die andere Frage ;).
Viele Menschen mit psychischen Problemen müssen sich erst einmal aus eigener Kraft diesen stellen. Der schwerste Schritt scheint mir jedoch, dass sie dies mal tun.
Ich denke, sie weiß, was sie tun kann. Sie da nochmals darauf hinzuweisen? Nun, könnte durchaus auf sie den Anschein haben, dass sie bedrängt wird. Ich denke hier ist es besser, wenn sie weiß, dass man sich kümmern würde, wenn sie Hilfe wollte.
In so einem Fall müssen eben auch die fertigen Lehrer sehen, was zu tun ist. Da müssen wir auch uns erstmal erkundigen, wie man vorgeht. So einfach ist das für keinen Lehrer.

Wer hier tätig werden könnte bzw. müsste, das sind klar die Eltern. Aber Außenstehende?
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